16 - Zu zweit in einem Bett

1.8K 74 113
                                        

Auch drei Stunden und zwei ekelige Sektgläser später kann ich immer noch nicht realisieren, dass ich mich tatsächlich auf eine Bühne gestellt und trotz meiner schiefen Stimme gesungen habe.

Vielleicht bin ich schlagfertig und selbstbewusst, aber in aller Öffentlichkeit über meinen Schatten zu springen, zählt eigentlich nicht zu meinen Stärken. Meine Komfortzone verlasse ich nämlich wirklich nur ungerne.

Rider wird mir niemals glauben, wenn ich ihm von meinem Auftritt erzählen werde. In seinen Augen bin ich schließlich die spießige Langweilerin – was auch irgendwo stimmt.

Da es so langsam auf Mitternacht zugeht und die Temperaturen immer weiter in Richtung Nullpunkt fallen, löst sich die Party langsam aber sicher auf. Neben Mister Thompson und seinen vier engsten Vertrauten – wobei es sich um seine Kindheitsfreunde handelt, wie mir Kaden verraten hat – befinden sich nur noch Kaden und ich in dem beleuchteten Garten.

Eigentlich wollte ich mir schon mehrfach ein Taxi rufen, um endlich nach Hause zu fahren, doch immer wieder hat mich Kaden mit seinem niedlichen Hundeblick davon abgehalten.

„Nur noch dieses eine Lied, Helin", hat er so süß gesagt, dass ich ihm seine Bitte nicht abschlagen konnte.

Aus einem Lied wurden dann jedoch gefühlt hundert Lieder.

Jetzt gerade sitzen wir gemeinsam auf einer Bank und beobachten Mister Thompson, der ausgelassen mit seinen Freunden das Tanzbein schwingt.

Den ganzen Abend über wirkte er vollkommen losgelöst und glücklich. Er hat getanzt, gelacht und sich angeregt mit seinen Gästen unterhalten.

Selbst mich wollte er zum Tanzen auffordern, aber glücklicherweise hat Kaden diesen Part für seinen Vater übernommen.

Die Party war, beziehungsweise ist ein voller Erfolg.

„Kaden?" Ohne meinen Blick von Mister Thompson zu nehmen, wende ich mich an meinen Sitznachbarn. „Ich bin total müde und mir ist kalt. Nimm es mir bitte nicht übel, aber ich werde mir jetzt ein Taxi rufen. Und nein, nicht noch dieses eine Lied."

Kaum sind meine Worte verklungen, reißt Kaden ruckartig den Kopf herum. Auch wenn ich seinen intensiven Blick auf meinem Gesicht spüre, wage ich es nicht, mich zu ihm zu drehen.

Sollte ich mich nämlich in seinen Augen verlieren, werfe ich meine Vorsätze über Bord und bleibe doch noch länger.

„Das ist nicht nötig, Helin", murmelt Kaden leise. „Du übernachtest einfach zusammen mit mir bei meinem Vater. Ich habe hier immer noch mein altes Jugendzimmer. Das Bett wurde erst heute Morgen frisch bezogen."

Im ersten Moment denke ich, dass Kaden einen Witz macht, doch sobald ich seinen Blick auffange, realisiere ich, dass er das ernst meint.

Er möchte, dass ich die Nacht in der Villa seines Vaters verbringe.

Mit ihm zusammen wohlbemerkt.

Obwohl ich es nicht möchte, schießt mein Puls wie ein Blitz in die Höhe.

Selbst wenn ich Kaden länger und besser kennen würde, als ich es zum aktuellen Zeitpunkt tue, würde ich sein Angebot nicht annehmen. Es kommt mir falsch vor, mich einem Mann aufzuzwängen, der so gut wie gar nichts über mich weiß.

Nur weil ich daran beteiligt war, Mister Thompson das Leben zu retten, sollte ich ihn und seine Gastfreundlichkeit nicht ausnutzen.

Ich bin mir sicher, dass er sich wohler fühlt, wenn keine fremde Frau in seinem Haus herumgeistert.

„Es ist schon spät, Helin", versucht mich Kaden von seinem Vorschlag zu überzeugen. „Zu dieser Uhrzeit streunen ziemlich viele merkwürdige Gestalten durch die Gegend. Es ist also sicherer, wenn du in der Nähe eines Polizisten bleibst. Zu deinem Glück bin ich sogar einer."

Don't mess with a copDonde viven las historias. Descúbrelo ahora