Depression

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Die Tage ziehen an mir vorbei. Ist esMittwoch? Donnerstag? Ich weiß es nicht. Jeden Morgen kämpfe ichdamit aus dem Bett aufzustehen, mich zu motivieren zu duschen, mirdie Haare zu machen und mal etwas anderes zu tragen als einenSchlafanzug, ist extrem schwierig. Nach deinen Tod war ich mit vielenbeschäftigt, ich organisierte deine Beisetzung, eine Trauerfeier,kümmerte mich um allerlei Papierkram. Ich kümmerte mich ein wenigum deine Mutter, ließ mich auf der Arbeit für eine gewisse Zeitfrei stellen und jetzt habe ich nichts mehr außer der Trauer.

So sitze ich auf der Bettkante, heutesollte ich eigentlich wieder arbeiten, doch ich fühle mich nichtdazu bereit. Ich muss. Denn du hättest das nicht gewollt, nichtwahr? Du hättest dich darum gekümmert das ich wieder auf die Beinekomme. Doch du bist nicht da, niemand ist da, ich bin allein und weißnicht wohin mit meinen Gefühlen. Ich weine, mal wieder. Ich weißgar nicht mehr wie es ist, wenn man mal nicht weint. Meine Augen sindgerötet und geschwollen. Wie lange sitze ich wieder an derBettkante? Ich schaue zur Uhr. Ich werde zu spät kommen. Scheißegal, alles egal. Seufzend stehe ich dennoch auf, es hilft ja allesnichts.

Nach einer Dusche, einer Rasur undeiner ausgiebigen Mundpflege fühle ich mich zwar frisch aber dennochbeschissen. Ich ziehe mich an, ganz in schwarz. Ich will keine Farbemehr in mein Leben lassen. Angekleidet wie ein Bestatter fahre ichlos, komme an. Die Leute gucken mich entsetzt an. Ich weiß was siedenken „Tetta? Du kommst wieder?" Bestimmt hatten sich einigedarauf gefreut mich nie wieder zu sehen, doch von irgendetwas mussich leben. Ich muss arbeiten. Denn sonst verliere ich die Wohnung,die du so sehr geliebt hast. Ich könnte es nicht ertragen dieseWohnung zu verlassen in der wir so viele schöne Stunden verbrachten.Einfach alles erinnert mich an dich. Ich fahre mit dem Aufzug, dieserhält an, aber es nicht mein Stockwerk. Es ist deines, denn ich hattefast schon automatisch den Knopf gedrückt. Ach ja, du bist ja garnicht mit mir gekommen, erinnere ich mich. Die letzten Monate war esdoch immer Ritual uns hier zu verabschieden. Nun stehe ich hier,reglos, warte darauf das die Aufzugtür wieder schließt.

Endlich bin ich angekommen, lauf denFlur entlang um zu meinen Büro zu kommen. Auf dem Weg dorthin seheich Mikey und Hina, die gerade eine Krankmeldung von Takemichi vorbeibringt. Takemichi. Die Polizei bestätigte das der Unfall zuverhindern gewesen wäre, wenn er nicht zu schnell unterwegs gewesenwäre. Er hat ihn getötet, meinen Hanma.

Ich schaue die beiden an, dann bemerkensie mich erst. „Kisaki, schön das du wieder da bist.", sagtMikey und irgendwie wirkt er so, als hätte er nicht erwartet das ichheute tatsächlich kommen würde. Auch Hinata kommt auf mich zu,verbeugt sich tief vor mir. „Kisaki, es tut mir so leid." MeinHerz fängt an schneller zu schlagen. Ich merke wie ich wütendwerde, knirsche mit den Zähnen. „Es gibt nichts, was DIR leid tunmüsste!", fauche ich ihr entgegen und verschwinde im Büro. Ichhasse dich nicht, ich hasse den Umstand das du noch immer mit demMann zusammen leben kannst, den du liebst, während der meine bereitseingeäschert, in eine Urne gepresst, unter der Erde liegt.

Ich mache mich an die Arbeit, versuchemich abzulenken, es fällt mir schwer, doch irgendwie scheine ichdoch zu funktionieren.

Die Tage ziehen vorbei und ich bin nurnoch ein Schatten meiner selbst. Zuhause lasse ich mich gehen,schaffe es kaum aufzuräumen, mir etwas zu essen zu machen. An meinenfreien Tagen ist eine Dusche ein purer Kraftakt und der Alkoholfließt wieder häufiger meiner Kehle hinunter als er sollte. Auf derArbeit setze ich meine Maske auf, immer gut gestylt, arbeite nochhärter und länger als zuvor, doch meine Kleidung ist noch immertief schwarz. Ich schaffe es nicht die Trauer hinter mir zu lassenund das sollen alle sehen. Inzwischen sind fast vier Monatevergangen, und nach einen langen Krankenhausaufenthalt und einer Rehaist auch Takemichi wieder zurück im Büro. Eine Weile ging er miraus dem Weg, doch heute steht er in meinem Büro.

„Kisaki. Ich weiß das du mich hasstund das kann ich verstehen. Aber, ich bitte dich, nimm meineEntschuldigung an." Dabei streckst du mir die Hand entgegen. Ichsoll dir die Hand geben? So einfach? Wütend schlage ich sie weg. „Dukannst bis zu deinen Tod auf meine Vergebung warten. Und jetztverschwinde, ich will dich nicht in meinem Büro sehen.", sage ichkalt und warte darauf das er geht, doch er kommt erneut einen Schrittauf mich zu. „Kisaki, bitte! Du musst meine Hand nehmen! Ich weißdas du es nicht magst, aber bitte, ich brauche deinen Handschlag!"Erneut schlage ich die Hand weg, ich werde wütender. Wer ist er daser mir eine Forderung stellt? Ich packe ihn am Kragen und presse ihngegen die nächste Wand. „Wenn du nicht gleich verschwindest, werdeich dich töten. Hast du das kapiert?!" Meine Worte überraschenmich nicht, und das wiederum überrascht mich. Es kommt mir sonatürlich vor Jemanden mit dem Tod zu drohen, das ich mich frage obich das jemals schon einmal tat. Auch Takemichi scheint das bereitszu kennen, denn er ist bei weiten nicht so geschockt wie ich es mirvorstelle. Mein Gegenüber schiebt fast schon zu lässig meinen Armvon sich und dreht sich um. „Ich verstehe, das war zu früh. Ichhatte nur gehofft du wärst jetzt schon dafür bereit."

BrokenWhere stories live. Discover now