Kapitel 5.1

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Die Mittagssonne schien auf mich herab, während ich vorm Denny's an meinem Wagen lehnte und wartete. Möwen kreischten am Himmel, Touristen und Bewohner tummelten sich auf den Straßen, Salzaromen tränkten die frische Luft. Eben, beim Bezahlen, hatte Amy sich noch einmal vergewissert, dass ich auch „ganz sicher" auf sie warten würde, und obwohl ich sie in ihrer Aufregung und Ungeduld recht süß fand, wusste ich nicht so ganz, was ich mir eigentlich bei all dem dachte. Ich hatte nicht vor, noch länger an diesem Ort zu bleiben. Es reizte mich, endlich aufzubrechen, hinein ins Ungewisse. Gleichzeitig war da jedoch etwas in mir, das Zeit mit Amy verbringen wollte. Zum einen war sie das erste Mädchen, das so offenkundiges Interesse an mir bekundete. Zum anderen hatte sie mich gestern Abend am Strand beobachtet – ein Gedanke, der mich ein bisschen nervös machte, mich aber zugleich auch erregte –, was im Umkehrschluss bedeutete, dass sie auch genau wusste, worauf sie sich hier einließ.

Als sie zehn Minuten später aus dem Restaurant trat, lächelte sie so hell und froh in meine Richtung, wie die Mittagssonne schien. Sie trug noch immer ihre Uniform – Schürze, kurzärmelige Bluse mit Namensschild, schwarze Jeans und Chucks –, und das Haar hatte sie unverändert zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Die Tür fiel hinter ihr zu, und für einen Moment schien sie nicht zu wissen, was sie sagen sollte.

Ich hatte eine Ahnung, was ihr durch den Kopf ging. „Seltsame Umstände für ein Kennenlernen, nicht wahr?"

Sie grinste und wurde rot. „Ja."

Meine Worte ließen uns praktisch keine Wahl, als an gestern Abend zurückzudenken: Ich, die sich mit zwei wildfremden Typen am Strand vergnügt hatte, und sie, die – zumindest etwas davon – gesehen hatte. Beobachtet hatte. Wir kannten uns noch überhaupt nicht, und doch hatte ich ihr bereits Einblick in einen meiner intimsten Momente gewährt. Die Verheißung davon – und mit ihr all die Implikationen – hing still über uns, verlieh unserer flüchtigen Bekanntschaft bereits in diesem Moment einen sonderbaren, aber zugleich auch sehr aufregenden Charme.

Ich bemerkte den Blick, den sie in meinen Wagen warf. „Du ... bist auf der Durchreise, nehme ich an?"

„Ja." Ich hob kurz eine Schulter. „Eigentlich wollte ich auch direkt weiter."

„Hab ich mir gedacht." Sie presste die Lippen zusammen.

Ich musterte sie aufmerksam. „Trotzdem hast du mich angesprochen."

„Naja, ich ..." Ein altes, ächzendes Wohnmobil fuhr vorbei und schnitt Amy das Wort mitten im Satz ab. Als der Lärm verklungen war, zögerte sie, fortzufahren.

Ich wusste jedoch, worauf sie hinauswollte. „Du möchtest mich begleiten."

Ihre Finger verknoteten sich ineinander. „Ich will nicht zu viel verlangen ..."

„Es wäre nicht zu viel."

„Ist dir das denn nicht zu dreist?"

Ich zuckte mit der Schulter. „Warum drumherum reden?"

„Mein Urlaub beginnt erst in drei Tagen", sagte sie. „Ich müsste ... telefonieren. Ein paar Kolleginnen fragen, ob sie die nächsten Tage meine Schicht übernehmen könnten. Ich hab nicht allzu viel Bargeld, aber versorgen könnte ich mich selbst. Es soll auch nicht lange sein; nicht, wenn du das nicht möchtest."

„Würde mich deine Gesellschaft stören, ständen wir beide jetzt nicht hier, Amy."

Ihr Gesicht hellte sich auf. „Es ist dir wirklich ... Ich meine, es ist dir echt egal?"

„Ich würde es nicht als egal bezeichnen." Auch ich lächelte sie an. „Ich bin schlicht ... neugierig. Ich habe kein festes Ziel – wie du dir vielleicht schon zusammengereimt hast –, ich fahre einfach und sehe, wohin es mich führt. Das betrifft auch die Menschen, die ich so treffe."

Ein RoadtripWhere stories live. Discover now