Kapitel 7-3

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Bibi sah sich in dem überschaubaren Zimmer um, dessen Schlichtheit sogar die seines eigenen übertraf. Nami hielt offensichtlich nichts von jedweden Annehmlichkeiten in ihren Räumen. Hier drinnen herrschte eine unangenehme Atmosphäre, die ihn an den Zeitpunkt zurückerinnerte, wo er ohne Helm durch den Schwefelregen gerast war. Sein Atem ging automatisch schneller, als würde ihn allein die Erinnerung daran aufregen.

Er befühlte das Bett, das noch eine Spur von Namis Wärme in sich trug. Die Decke war aufgeworfen, was im Gegensatz zu ihrem peniblen Ordnungssinn stand, der ihm hier entgegenstrahlte. Es wirkte, als hätte sich auf dem zerwühlten Laken ein Kampf abgespielt.

In der linken Ecke des Zimmers fand er frische Blutspuren. Vielleicht hatte man während ihren Übungen Namis Kopf mehrfach gegen die Wand geschlagen. Er kniete sich zu der Stelle und spürte unter seinem Fuß eine winzige Erhebung. Mit seinen großen Händen fiel es ihm schwer, den filigranen Gegenstand aufzuheben. Er glänzte golden und war von einer fleischigen Masse bedeckt. Viktor hatte recht gehabt, hier stimmte etwas nicht. Das musste Namis Chip sein. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie ihn freiwillig herausgenommen hatte. Zügigen Schrittes verließ er das Zimmer. Auf dem Gang fühlte es sich an, als wäre eine schwere Last von seinem Herzen gefallen. Er konnte wieder kontrolliert atmen. Die Tür lehnte er an, wie er sie vorgefunden hatte. Dann machte er sich auf den Weg zum Hauptturm.

Es dauerte ein paar Minuten, bis der Aufzug die unzähligen Stockwerke hinter sich gelassen hatte. Die mächtige Verteidigungsanlage der Basis ragte hoch über diese hinaus, um auch weit entfernte Ziele erreichen zu können. Oben im Kommandoraum angekommen, wurde Bibi gleich von einigen der Techniker begrüßt. Leute, mit denen er schon das ein oder andere Bier geteilt hatte. Die spärliche Deckenbeleuchtung und das Flackern der Bildschirme tauchten den Raum in ein diffuses Licht. Die Displays zeigten das umliegende Gelände aus jedem Blickwinkel, zoomten automatisch an sich bewegende Strukturen heran. Nichts entging dem wachsamen Auge dieser Anlage.

An einem der Schaltpulte entdeckte Bibi eine ihm bekannte Gestalt. Joe zog gerade ein Kabel aus einer geöffneten Komponente. Mit dem Lötbrenner verband er daraufhin winzige elektronische Bauteile auf eine faustgroße Platine. Seine feingliedrigen Finger leisteten ihm hierbei einen guten Dienst. Selbst wenn Bibi eine Ahnung von so etwas gehabt hätte, so wären die seinen dafür viel zu ungelenk.

„Hey Joe", begrüßte er ihn.

Der Angesprochene beendete rasch seine Arbeit, nahm die Schutzbrille ab und schüttelte ihm die Hand.

„Bad Boy, du bist ein bisschen früh dran. Ich hab erst in ein paar Stunden Schluss."

„Ne, heute brauch ich was anderes von dir", sagte Bibi leiser.

Joe rückte näher an ihn heran. „Worum geht's? Brauchst du ein neues Feature für deine Gespielinnen?"

Bibi schüttelte den Kopf und hielt ihm den Chip vor die Augen. Ehrfürchtig griff Joe mit einer Pinzette aus seinem Werkzeugkoffer danach.

„Wo hast du das her? Da klebt ja Biomasse dran, ist das eine biomechanische Komponente?"

Bibi tippte sich an den Hinterkopf. „Ich glaube es kommt daher."

Vor Schreck hätte Joe das Stück beinahe fallen gelassen. Er verbarg den Chip so gut es ging vor den Blicken der anderen. „Du hast doch nicht etwa jemanden umgelegt?!"

„Ne, ich glaub das hat jemand selber rausgenommen."

„Doch nicht etwa deine Begleiterin?", fragte Joe bestürzt.

„Genau die."

Joe drückte den Chip zurück in Bibis Hand, als wäre er giftig. Allein der Gedanke an Nami machte ihm sichtbar Panik. „Die bringt dich um!"

Die Kinder des AresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt