32. Kapitel

628 36 1
                                    

Am nächsten Morgen wurde ich durch Trommeln geweckt. Als ich aus dem Zelt schaute, sah ich die Barbaren wie sie auf Trommeln schlugen. Dazu sangen und gröllten sie. Es hörte sich an wie ein Kampfaufruf. Khal Sverrir war mittendrin und brüllte am lautesten. Über mich lief eine Gänsehaut, da diese Art von Musik mir Mut machte. Wir packten alles zusammen und zogen weiter Richtung Hauptstadt.
Der Plan war, dass wir in der Dämmerung angreifen. So sind einerseits die Bewohner in ihren Häusern und werden nicht unnötig verletzt. Und andererseits konnte ich mich besser mit meinen Drachen in der Dunkelheit tarnen. Gegen Nachmittag kamen wir an den Waldrand von dem aus man die Stadt sah. Ich erlaubte meinen Drachen nochmal frei zu fliegen und jagen zu gehen, dennoch sollten sie das vorsichtig machen. Khal Sverrir und ich gingen nochmal den Plan durch. Ein paar Männer wurden in die Stadt ausgesandt um später die Tore zu öffnen, damit Khal Sverrir und seine Reitarmee später in die Stadt eindringen konnten. Ich würde dann mit meinen Drachen solange warten bis die Einhörner rauskamen und sie dann von oben abschlachten. Wenn ich mir alles richtig überlegt hatte, dann werden sie wohl ihre Einhörner in den Drachennestern untergebracht haben.
Als die Dämmerung herein brach, ging es los. Wir bereiteten uns für den Kampf vor. Pferde wurden gesattelt und Waffen geschärft. Khal Sverrir hatte sich ganz vorne mit seinem Pferd positioniert. Ich ging nochmal zu ihm.
"Auf ein gutes Gelingen", sagte ich und reichte ihm die Hand.
"Bei uns gibt es nur Gelingen", antwortete der Khal mit einem Lächeln und ergriff meine Hand.
Dann machte ich mich auf zu meinen Drachen. Auch sie waren schon unruhig, weil sie wusste dass etwas in der Luft lag. Ich war ebenfalls angespannt und nervös. Khal Sverrir bließ in ein Horn. Der Kampf ging los. Mit einem Schwung saß ich in Aroas Sattel. Sie schwang sie in den Himmel und die anderen Drachen folgten ihr. Ich hielt Aroa knapp in der Wolkendecke. So konnte ich das Geschehen da unten beobachten. Von hier oben sah ich wie Khal Sverrir und seine Armee in die Stadt eindringen. Sie waren von hier oben zwar nur schwarze Punkte. Ich hörte eine Glocke schlagen. Das Warnsignal, dass die Stadt angegriffen wurde. Jetzt müsste es nicht mehr lange dauern bis die Einhörner kommen sollten. Meine Drachen waren schon ganz unruhig. Dann schoss aus dem Schloss der erste weiße Punkt. Und andere folgten ihm. Ich schickte meine Drachen los, die sich mit einem Kreischen nach unten stürzten. Aroa ließ ich noch nicht nach unten stürzen. Ich wartete auf jemanden. Und zwar Taran Ryalon. Den Anführer der Einhornarmee. Wenn man den Anführer tötet, dann ist der Rest fast nutzlos, weil die Führung weg ist. Mit zusammen gekniffenen Augen beobachtete ich das Geschehen. Meine Drachen schlugen sich gut und sie waren wesentlich besser als wo sie noch geritten wurden. Da ein schwarzes Einhorn! Ich lenkte Aroa in den Sturzflug und drückte mich eng an sie, um möglichst wenigen Luftwiderstand zu haben. Aroa begann zu kreischen als sie Taran fixiert hatte. Taran schien uns entdeckt zu haben und trieb sein Einhorn weiter in die Höhe. Aroa hatte ihn fixiert und folgte ihm deswegen wie ein Jagdhund einer Fährte.
"Hol ihn dir", flüsterte ich zu Aroa. Plötzlich wendete Taran sein Einhorn und ritt wieder auf uns zu. Sein Einhorn war schon gewaltig. Es hatte große schwarze Flügel und sein Horn war hell erleuchtet. Es senkte seinen Kopf wie ein Stier. Taron schwang seinen Speer und trieb sein Pferd immer schneller. Aroa feuerte und wich gleichzeitig aus. Tarans Einhorn wich gerade noch so der Feuerwand aus. Es wieherte laut bevor es erneut auf uns losstürzte. Mittlerweile sah ich nur noch das leuchtene Horn des Einhorns, weil es bereits so dunkel war. Ich hielt Aroa in der Luft an und ließ sie eine Feuerspirale um uns erschaffen. Mein Feueranzug ließ mich die Hitze nicht spüren, aber Taran hatte sichtlich damit zu kämpfen dem Feuer auszuweichen. Irgendwann verlor ich ihn aus den Augen. Mit zusammengekniffenen Augen suchte ich ihn. Da! Mit aller Kraft trieb ich Aroa vorwärts und ließ sie durch ihre eigene Feuerwand fliegen. Auf der anderen Seite sah ich Taran, der genau vor uns flog. Wir rammten ihn und sein Einhorn wieherte erschrocken. Es taumelte nach unten, doch fing sich wieder. Aroa folgte ihm. Ich merkte ihre steigende Jagdlust. Taran vollführte schnelle Manöver und schaffte somit Abstand zwischen ihm und meiner großen Drachin. Er flog Richtung Palast zurück. Der Rest der Einhörner Armee war nicht mehr so zahlreich. Meine Drachen jagten noch die verbliebenen. Ich entdeckte, dass Taran abstieg und in den Palast rannte. Sein Einhorn flog wieder los. Aroa landete ebenfalls und ich stieg ab. "Hol dir das Einhorn", sagte ich und Aroa hob sich wieder in die Lüfte. Ich folgte Taran in den dunklen Palast. Ja, ich wusste wie hoch das Risiko war, aber ich wollte so viel Tode rächen, sodass mein Ego mich ihm hinterherlaufen ließ. Keine Ahnung wie gut Taran im Nahkampf war. Hier im Palast waren alle Lichter aus. Nur von außen kam Licht von dem Feuer der Drachen herein. Kurz dachte ich an das was mir Lian gelehrt hatte.

Wenn du einen Kampf gewinnen willst, denk wie dein Feind. Wo würdest du dich verstecken? Wie würdest du kämpfen?

Es war ungewöhnlich still hier. Ich lauschte in die Stille. Wie ein Raubtier schlich ich mich den Gang entlang. Immer die Wand im Rücken, damit Taran mich nicht von hinten angreifen konnte. Ich erreichte einen Saal. Überall waren Säulen. Ein perfektes Kampfplatz. Links von mir hörte ich ein Klirren. Kampfbereit drehte ich mich um und hob die Schwerter. In meinen Adern pumpte Adrenalin.
"Komm raus, Taran Ryalon. Und stell dich mir", rief ich laut in die Stille.
"Du kennst also meinen Namen", hörte ich eine tiefe Stimme. Taran trat aus dem Schatten und schaute mich an. Er war komplett vermumt. Nur seine Augen sah ich. Taran war zwei Meter groß. Das wird eine schwere Partie. Erneut erinnerte ich mich an Lians Worte.

Bevor du angreifst, schau dir deinen Gegner an. Überlege dir seine Schwächen und Stärken. Erst dann greifst du an.

Hatte dieser Mann überhaupt Schwächen? Gut, vielleicht ist er nicht so schnell und wendig. Wir standen uns mit einem Abstand von vier Meter gegenüber.
"Würdest du mir auch deinen Namen nennen? Dann kann ich ihn zu den anderen dazu schreiben, die ich getötet habe", sagte er und ließ seinen Speer in seiner Hand kreisen. Ich hob meine Hand und ließ den Drachenreiterring im gedämpften Licht aufblitzen.
"Du bist keine Drachenreiterin, Mädchen. Die sind alle tot. Es ist zwar ein Rätsel wie du die Drachen haben kannst, aber das ist egal", lachte Taran und ich unterbrach ihn mit einem eigenen Lacher.
"Darf ich mich vorstellen. Ich bin Xenia Nakamuro, die Drachenkönigin und Wächterin des Nordens. Ich beherrsche alle fünf Drachen."
Taron schwieg.
"Xenia ist genauso gestorben wie ihre vier Drachenreiter Kollegen, Mädchen."
"Ach wirklich. Warum steht sie dann vor dir? Und warum sind die Drachen sichtbar?", erwiderte und fügte hinzu: "Schau dir meine Schwerter an. So ein kleines armes Mädchen wie ich würde nie an solche kommen."
Ich ließ meine Schwerter aneinanderschleifen. Langsam stieg in mir Wut auf. Wie ich Männer hasste, die meinen, dass wir Frauen klein, schwach und nutzlos sind. Wir Frauen können genauso viel erreichen wie Männer.
"Genug geplaudert. Lass uns beginnen", meinte Taran und griff an. Der wahre Kampf begann jetzt.

Die DrachenköniginМесто, где живут истории. Откройте их для себя