Als Chilali wieder erwachte, stand die Sonne bereits hoch am Himmel. Das kleine Mädchen war unendlich dankbar für ihren Geistesblitz, ihre geliebte Sweat-Jacke mitzunehmen. Sie schlüpfte hinein und zog den Reisverschluss bis unter ihr Kinn. Sie lief los in Richtung Straße, doch ein stechender Schmerz durchfuhr ihren rechten Fuß. Er war geschwollen und blau-lila angelaufen. Tränen liefen über Chilalis Gesicht. Sie hatte solche Angst. Wo war sie überhaupt?
Die Menschen im Dorf warfen ihr teils angewiderte, teils mitleidige Blicke zu. Eine ältere Dame ging direkt auf Chilali zu, welche sofort verängstigt zurück wich.
"Keine Angst, Liebes. Kann ich dir irgendwie helfen?" Das Mädchen schluckte einmal schwer, bevor sie mit zitternder Stimme antwortete: "W-wo b-b-bin i-ich hi-ier?" "Du bist in Cornwall, Liebes. Wie kommst du hier her?" Chilali antwortete nicht. Ihr schossen erneut Tränen in die Augen und sie konnte kaum noch stehen. "Ist schon gut, ich möchte dich nicht erschrecken. Wo möchtest du denn hin? Vielleicht kann ich dir helfen." Zitternd hielt die Kleine den Zettel mit Remus' Adresse nach oben. "Hm, ja, das ist hier in der Nähe. Du musst die Straße hinunter und dann rechts einen Feldweg entlang. Das Häuschen steht etwas abseits am Waldrand, du kannst es nicht übersehen. Aber bevor du losgehst, schenke ich dir ein Höschen und ein Unterhemd. Eigentlich war das für meine Enkelin, aber du brauchst es dringender."
Ungläubig nahm Chilali das Geschenk an. "D-danke-e!", brachte sie immer noch zitternd heraus, dann humpelte sie so schnell wie möglich in die Richtung, in der die Dame das Haus ihres Vaters beschrieben hatte.
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Keine zehn Minuten später stand Chilali vor einem wunderschönen Cottage. Es hatte einen kleinen Garten, in dem verschiedene Blumen und Pflanzen zu finden waren. Rosen, Lilien, Sonnenblumen, Erdbeeren und sogar Salat. Dem Mädchen war sofort klar, dass ihr Vater ein wundervoller Mensch sein musste.
Voller Vorfreude, doch mit einem Hauch Angst, drückte Chilali auf die Klingel. Als sie sich nähernde Schritte hinter der Tür vernahm, begann sie wieder zu zittern. Was, wenn ihr Vater sie gar nicht wollte? Sonst hätte er sie doch bestimmt mal besucht, oder nicht?
Das Öffnen der Tür riss das kleine Mädchen aus ihren Gedanken. Ein 1,90 Meter großer Mann mit hellbraunen Haaren und grünen Augen blickte überrascht auf sie hinunter. Sofort fielen Chilali die Narben auf, die sich, ähnlich wie ihre eigenen, über sein Gesicht zogen.
Mit einem freundlichen Lächeln ging Remus in die Hocke und legte den Kopf schief. "Hallo du, kann ich dir helfen?" Unsicher kaute Chilali auf ihrer Unterlippe herum. "Bist... bist du R-remus L-l-lupin?", fragte sie vorsichtig.
Remus zog eine Augenbraue nach oben. "Ja, der bin ich. Und wer bist du?" "Chi-chilali... L-lupin." Mit diesen Worten hielt sie ihm ihre zerknitterte Geburtsurkunde hin. Remus war nun endgültig verwirrt. Er sollte eine Tochter haben? Das war unmöglich, er hätte von ihr gewusst. Außer...
"Morgana.", stellte er trocken fest. Natürlich, Morgana, das Mädchen, das er einst von ganzem Herzen geliebt hatte. Er hatte doch wirklich gedacht, er könnte das Gute in ihr hervorrufen, doch ihre Zukunft war bereits vorgeschrieben. Ihre Eltern waren beide stolze Todesser.
"Bitte schick mich nicht zurück.", wimmerte Chilali, die inzwischen auf die Knie gesunken war. Remus' Herz zersprang in tausend Teile. Was musste Morgana dem armen Mädchen angetan haben, dass sie ihn, einen völlig Fremden, so sehr anbettelte, bleiben zu dürfen?
"Nein, nein, keine Angst. Du bist jetzt in Sicherheit. Ich werde nicht zulassen, dass dir jemals wieder jemand weh tut. Keine Angst, Kleines." Remus hatte seine Tochter direkt ins Herz geschlossen. Sein innerer Wolf, Moony, wusste, dass sie sein Junges war und sein natürlicher Beschützerinstinkt war sofort geweckt.
"Alles wird gut, Chilali. Du bist sicher, hab keine Angst, Kleines." Vorsichtig kniete auch Remus sich auf den Boden und streckte eine Hand nach seiner Tochter aus. Als er sie an der Schulter berührte, zuckte sie verschreckt zusammen. "Shhh, ich werde dir nichts tun, versprochen."
Seine Stimme war wie Balsam für Chilalis gebrochene Seele. Sie war so warm und voller Liebe. Etwas zögerlich kroch das Mädchen näher an ihren Vater heran. Sie klammerte sich an seinen linken Oberschenkel und vergrub ihren Kopf in seinem Schoß. Remus legte seine Arme um sie. Er hatte Angst, sie würde sich auf der Stelle alle Knochen brechen, so sehr erschütterten die Schluchzer ihren zierlichen Körper.
Es dauerte nicht lange, bis sie in seinem Schoß eingeschlafen war. Remus hob sie hoch und trug sie in sein Bett. Erst jetzt fielen ihm das getrocknete Blut, die vielen Narben und Wunden und die herausstehenden Knochen auf. Sie war ein einziger Haufen Elend, bestehend aus Haut und Knochen. Ihm fiel auch die Ähnlichkeit zu sich selbst auf. Die hellbraunen Haare und die grünen Augen. Ihre waren ein bisschen dunkler als seine und hatten einen leichten Braunstich.
Sanft strich er eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht und platzierte einen Kuss auf ihrer Stirn. "Niemand wird dich verletzen, so lange ich bei dir bin. Versprochen.", versprach er eher sich selbst, als der Kleinen. Er hasste Morgana dafür, was sie seiner Tochter angetan hatte. Er würde so etwas nie wieder zulassen. Das schwor er sich bei Merlin.
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Little One // Remus Lupin's Tochter
FanfictionChilalis Leben war die pure Hölle. Ihre Mutter misshandelte und missachtete sie. Doch wie das Schicksal es wollte, fand sie ihren Weg zu ihrem Vater und somit in eine bessere Zukunft. Oder? "Versuche mal, dich selbst zu akzeptieren und sei gespannt...