Kapitel 1

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Ich lachte kurz auf, doch meine Grandma schaute mich nur weiter ruhig an.

„Du meinst das doch nicht etwa ernst“, fragte ich sie entsetzt.

„Doch, warum auch nicht. Das ist die Chance“, Grandma schaute mich euphorisch an.

„Hahahahahahaha… NEIN“, meine knappe und ernstgemeinte Antwort.

„Warum denn nicht“, fragte sie mich, und sah doch tatsächlich verwirrt aus.

„Weil es deine Chance ist Granny, und nicht meine“, ich wusste das sie es nicht mochte wenn ich sie „Granny“  nannte.

„Nenn mich nicht Granny, Carter“, sie nannte mich beim Nachnamen, was wiederrum ich nicht mochte, Carter war mein Nachname und ich war der Meinung das nur Jungs sich gegenseitig beim Nachnamen nennen durften, wenn überhaupt!

„Und was meinst du damit das es meine Chance wäre, für dich wäre es der Sprung ins Rampenlicht“, nun kamen wir in die Phase in der sie mich überreden wollte doch zuzustimmen, aber diesmal, schwor ich mir, würde ich gewinnen. Dann würde es eins zu Unzählbar oder so stehen, aber der erste Punkt ist wohl auch der bedeutendste, zumindest redete ich mir das ein.

„Ich will aber nicht ins Rampenlicht, Grandma. Ich wollte noch nie dort hin. Da ist es so hell.“

„Das ist nicht lustig. Du weißt das ich das metaphorisch meinte“, „Granny“s Augen blitzten mich wütend an. Das hatte ich mir gedacht, erst die „Ich-werde-gleich-sauer-„ und danach die „Ich-mache-dir-jetzt-einen-Haufen-Schuldgefühle-Nummer. Ich kannte alle von Grandmas Tricks. Doch diesmal sollte doch bitte keiner von ihnen Wirkung zeigen.

„Ich weiß, ich weiß. Aber Grandma, das was du da von mir verlangst ist…, ist mehr als fragwürdig“, versuchte ich sie zu besänftigen.

„Ach komm schon, du würdest nicht nur mir helfen, sondern auch deinem Onkel“, versuchte sie es doch noch einmal.

„Den zweiten Mann von Tante Patrisha nenne ich keinen Onkel, als die beiden verheiratete waren war Mum ja gerade erst schwanger mit mir. „Simon“ ist nun wirklich kein Onkel für mich“, stellte ich klar.

„Hätte sie ihn doch nur ein bisschen länger ausgehalten“, murmelte Grandma in Gedankenverloren, „dann wäre sie jetzt reich und einen fabelhaften Ruf!“

„Du meinst wohl noch reicher und einen noch fabelhafteren Ruf“, entgegnete ich gelassen, es stimmte sogar. Meine ganze Familie war ein versnobter Haufen, ein LIEBER versnobter Haufen,- aber immer noch ein versnobter Haufen! Ich bildete da natürlich die große Ausnahme. Ich…, ich war…lieb?

„Ist doch egal. Kate, tust du mir nun diesen Gefallen, oder nicht“, wobei ihre Haltung ausschließ das sie nur ansatzweise an ein „oder nicht“ dachte.

„Nein. Grandma, wenn das jetzt der einzige Grund war warum ich kommen sollte, dann fahr ich jetzt wieder“, schloss ich ab und erhob mich aus meinem französischen Lieblingssessel der schon mein ganzes Leben an diesem Platz stand.

„Wahrscheinlich wieder mit der U-Bahn, nicht war“, fragte meine Grandma schnippisch, sie (und der Rest meiner Familie) billigte es nicht wirklich dass ich mir vorgenommen hatte ein eigenständiges Leben ohne das viele Geld meiner Familie aufzubauen. Dazu gehörte auch dass ich mit der U-Bahn fuhr und mich nicht von Patrick, unserem Chauffeur, fahren ließ.

„Du hast es erfasst“, ich umarmte Grandma noch kurz, sie erwiderte meine Umarmung wiederstrebend. Sie hatte ihren Willen nicht bekommen und da so etwas in der Familie Carter so gut wie nie vorkam musste sie sich erst einmal damit abfinden.

„Ich sag dir, du wirst es dir noch anders überlegen“, raunte sie mir bei meinem Abschied an der Haustür noch zu. Es hörte sich fast an wie eine Drohung.

„Das glaub ich nicht“, ich winkte ihr noch einmal lächelnd zu, drehte mich dann aber um und lief zur U-Bahn.

Eins zu Unzählbar für Kate, ein Anfang. Ein klitzekleiner, aber ein Anfang.

Kompliziert oder einfach? Ach, ich nehm kompliziertWhere stories live. Discover now