Alles dunkel. Dunkel.
Wo bin ich? Wie komme ich hierher?
Es ist so dunkel, ich kann meine eigene Hand nicht vor Augen sehen.
Soll ich aufstehen? Ist hier irgendwo eine Tür?
Nein, bestimmt nicht. Es ist zu dunkel, einfach pechschwarz. Kein feiner Lichtschimmer von einer Türritze ist zu sehen. Nirgends.
Wenn ich mich doch erinnern könnte, wie ich hierher gelangte.
Am liebsten würde ich vor Schmerz aufstöhnen, so sehr pocht mein Schädel, so sehr schlägt mein Herz in der Brust.
Vielleicht... Vielleicht.
Nein, das kann alles nicht sein. Je länger ich darüber nachdenke und eine Lösung suche, warum ich hier auf dem kalten, nassen Steinboden hocke, zusammengekauert, desto stärker wird das Ziehen in meinem Herzen. Wieso?
Früher... Früher wusste ich noch nicht, dass Wasser so eisig sein kann, auch wenn es nur meine Fingerkuppen benetzte, als ich über den rauen Boden strich. Unheimlich.
Ich wusste auch nicht, dass Dunkelheit noch dunkler sein kann. Dass Einsamkeit so schlimm sein kann.
Ich will hier raus! Wissen, wo ich bin, wissen, warum ich hier bin!
Soll ich, soll ich nicht?
Ach was, die Angst, die meine Seele in ihren scharfen Klauen hält, nutzt keinem auch nur etwas im Geringsten. Du musst dagegen halten, einfach irgendetwas Weises tun, dass dich aus diesem Gefängnis rettet. Wenn ich nur wüsste, wo ich bin.
Unterdrücke das Keuchen, atme ruhig, nicht stoßweise, auch wenn das Entsetzen dich zu lähmen scheint!
Steh lieber auf, taste die Wände ab. Gib die Hoffnung nicht auf, dass du hier hinaus kommst.
Aber es ist so düster, so schwarz.
Nein! Nicht aufgeben!
Ich weiß noch ganz genau, wie ich damals immer auf der Wiese spielte. Der Wind strich durch die Bäume und das Gras kitzelte mich an den nackten Waden. Mein perlendes Lachen war bis überall hin zu hören. Dort war es nie still, alles war vertraut. Der Geruch von Erde, Moos und Frühling stieg mir jedes Mal in die Nase und alles war wunderbar.
Kindheitserinnerungen.
Nun kann ich nichts dagegen tun, dass sich meine Gedanken überschlagen.
Mona, Mona, Mona.
Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass man sich nur seinen Namen vor Augen halten soll. Dann wird alles gut.
Nein, das stimmt nicht.
Es ist immer noch pechschwarz.
Alles dunkel.
DU LIEST GERADE
Kurzgeschichten-Sammlung
Short StoryKurze Texte. Zündende Ideen, die nicht in Schubladen verschwinden sollen. Kleine Exkurse in Fantasiewelten. Beste Bewertung: #61 in kurz (08.10.2023) #73 in Poesie (08.10.2023)