Die wichtigsten Personen

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Aber jetzt erst einmal zurück zum Anfang. Mein Name ist Tylor MacClaren. Ich studiere Sozialarbeit an der Northwestern State University of Louisiana (Mit dem wirklich nervigen Nebenfach Psychologie).

Wie sie es in der Aufgabenstellung festgelegt haben, starte ich dieses Projekt an dem "ausschlaggebenden Moment". Ich weiß ja nicht, ob Ihnen das klar ist, aber nicht in jeden Leben gibt es diesen einen Moment. Der eine Moment der alles verändert. Nicht jeder hat so einen erleuchtenden Moment, an dem er sich vornimmt sein Leben zu ändern. Veränderungen sind nicht immer plötzlich. Viel öfter sind sie schleichend. Unbewusst. Unauffällig.
Aber naja. Ich werde mein Projekt vor sechs Jahren beginnen. Zugegebenermaßen kein ausschlaggebender Moment. Aber ich denke eine gute Zeit, um uns kennenzulernen.

Damals war es jedenfalls so:

Meine Mutter Melissa erkrankte zwei Jahre zuvor an Leukämie. Nach unzähligen Therapien und Chemos stellte man fest, dass eine Heilung gar nicht mehr möglich war und wenige Monate später gab es sie schon nicht mehr. Die Leute sagen immer, es ist besser, wenn man es kommen sieht. Damit man sich verabschieden kann. Aber das ist Quatsch. Ich wusste, was passieren würde und habe es trotzdem nicht kommen sehen. Und wie soll man sich bitte von der eigenen Mutter verabschieden? "Schüß, Mom, wir sehen uns auf der anderen Seite" "Du warst echt eine super Mom, schade dass du das jetzt nicht mehr sein kannst?" Wer sagt denn sowas? Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass da niemand neben dir steht und dir sagt, wann du das letzte Mal die Gelegenheit haben wirst mir ihr zu sprechen. Mom war schon lange nicht mehr da, bevor ihr Körper aufgegeben hat.
Das alles ist schon lange her. An dem Zeitpunkt an dem ich meine Geschichte beginne, haben meine Geschwister und ich, uns daran gewöhnt, dass sie nicht mehr da war.
Das traf nicht unbedingt auf unseren Dad zu. Ich habe den Moment verpasst, an dem er sich verändert hat. Er hat einfach wahnsinnig viel gearbeitet. Arbeit war das Einzige, das ihn von der Tatsache ablenkte, dass seine Frau abends nicht mehr mit uns am Tisch saß. Das sie nicht mehr da war, wenn er Morgens aufstand und auch nicht, wenn er Abends ins Bett ging.
Ich konnte meinen Dad noch nie richtig verstehen. Heute noch weniger als damals, aber das spielt keine Rolle. Meiner Meinung nach gab es bei uns zu Hause genug Ablenkung. Denn - Achtung das könnte interessant werden - ich habe sieben Geschwister.
Hört sich nach der Hölle auf Erden an? Manchmal ist es das. Vor allem wenn man - wie ich - der Älteste in dieser Horde ist. Damit Sie sich diese Manchmal-Hölle besser vorstellen können, hier ein kleiner Einblick:

Ich, Taylor McClaren, war mit meinen damals siebzehn Jahren der älteste. Ich war beliebt in der Schule, hatte als einziger ein Auto und so die Möglichkeit dem Rest meiner Familie bestmöglich aus dem Weg zu gehen.

Knappe 1 ½ Jahre später kam dann Noah. Er war stur und hitzköpfig und brachte sich ständig in Schwierigkeiten. Fast noch mehr, als ich es in seinem Alter geschafft habe, und ich hatte ein bisschen Angst, dass er mich irgendwann mal von meinem Thron als Unbeliebterster-McClaren-bei-Menschen-über-35-Jahren stößt, aber naja, was soll's.

Jackson und Thea gesellten sich weitere drei Jahre später in den Kreis der Familie. Auch wenn sie Zwillinge sind standen sie sich nicht besonders nah, was womöglich daran lag, dass beide Grund auf verschieden waren.
Eine Zeit lang war Jackson wie eine drei-Jahre-jüngere Version von Noah, was echt nicht witzig war. Ganz ehrlich. Elf ist das allgemein bekannte Alter für Kinder um Eltern, ältere Geschwister oder sonst wen nachzuahmen. Das Jackson sich ausgerechnet Noah aussuchen musste hat mich damals wirklich viele Nerven gekostet. Jacksons Nachahmung-Phase endete mit Mom's Tod. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich mich vielleicht nicht beschwert.
Thea ist ein Engel. Aber vielleicht sage ich das auch nur, weil sie meine erste Schwester ist. Sie war niedlich und wenn sie nicht gerade darauf bestand, dass ich ihr die Haare flocht, oder ihr beim Ausmalen half, war sie von allen am wenigsten nervig. Ich weiß nicht, wenn sie glücklich ist, ist sie auf eine Art und Weise fröhlich die ansteckend ist.

Zwei Jahre später erwartete meine Mutter erneut Zwillinge. Liam und Aden erfüllten schon deutlich mehr Zwillings-Klischees als Jacks und Thea. Die Beiden waren so gut wie immer zusammen und sie glichen einander wie ein Ei dem anderen. Die Beiden sind nicht wie der Rest meiner Brüder. Sie sind lieber unter sich, und sie wehren sich nicht. Nie! Jeff Borkin hat Liam einmal an einen Mülleimer geklebt. Mal im Ernst! Da sind sie schon immer zu zweit, und kommen trotzdem nicht klar. Das ich Jeff die Nase gebrochen habe, steht sicher auch in ihrem Bericht. Machen sie sich deswegen keine Sorgen, das war keine Kurzschlusshandlung oder ein Ausbruch meiner aggressiven Ader (so nennt mein Dad das), sondern eine wohlüberlegte Handlung, um meine Freizeit zu retten. Sie wissen schon, ein Statement setzen. Ich habe also, genau genommen, eine Menge Schüler davor bewahrt verprügelt zu werden, indem ich sie freundlich gewarnt und auf die Folgen ihres Handelns hingewiesen habe.

Weitere drei Jahre vergingen bis meine Mom feststellte, dass sechs Kinder wohl immer noch nicht genug Chaos verursachten. Und so kam auch noch Coulder dazu. Mit seinen sechs Jahren war er wie alle sechsjährigen-Kinder. Er hat genervt ohne Ende, war aber zu niedlich als dass man ihm böse sein konnte.

Naja mein Dad hat jedenfalls -und das wird Sie interessieren, wenn ich die Blicke, die sie meinem Dad zuwerfen, richtig gedeutet habe- eine Vasektomie durchführen lassen. Da er dabei leider so aufgeregt war, dass er der Ärztin nicht richtig zugehört hat, ging der Teil der klar machte, dass die Unfruchtbarkeit erst nach drei Wochen wirkte, unter und so durften wir auch noch Susan kennenlernen. Sie war super niedlich, aber im Vergleich zum Rest der Familie eher still und zurückhaltend. Mom hat immer gesagt, dass sieben ältere Geschwister wohl etwas einschüchternd sein können, aber wir sind cool, also weiß ich nicht wo das Problem lag. Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass sie noch so jung war. Zu der Zeit war sie schließlich gerade einmal vier.

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