Kapitel 2

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Mila

Mein Herz hämmerte wie verrückt gegen meine Rippen. Es war ein unregelmäßiger Rhythmus, den ich nicht stoppten konnte. Meine Brust hob und senkte sich viel zu schnell während ich versuchte mein Atem zu kontrollieren. Mein Zopf war ein reinstes durcheinander und meine Haut war bedeckt von meinem Schweiß. Es fühlte sich gut einmal wieder durch zu atmen. Einmal ich selbst zu sein ohne, dass ich ständig kontrolliert werde. Ich musste mir keinen Kopf um jeden einzelnen Schritt machen, den ich tat. Ich brauchte keine Angst haben, dass mein Bruder plötzlich vor mir stand. Er hatte mir geschrieben, dass er erst morgen wieder zuhause ist. Er hatte mir keinen Grund genannt wieso aber ich hatte auch nicht gefragt. Es interessierte mich nicht. Für mich zählte es nur, dass ich für einen kurzen Moment meinen Freiraum hatte. Mein Spiegelbild schaute mir entgegen. Ich trug eine kurze Shorts und ein bauchfreies Oberteile, welches Löcher sitzt. Es waren meine typischen Sportklamotten, die ich trug. Es war meine Leidenschaft und mein kleines Geheimnis. Weder mein Bruder noch meine Mutter wussten davon. Sie dürfen davon auch nichts wissen. Egal was passieren sollte. Es muss mein Geheimnis bleiben. Ich wandte mich von meinem Spiegelbild ab und fing an meine Sachen zusammen zu packen. Hätte ich Freunde könnte ich was mit ihnen machen. Dann wäre ich jetzt nicht alleine und müsste mir über solche Sachen den Kopf zerbrechen.
Bevor ich tiefer in meine Gedanken versinken konnte als ich es bereits war, schulterte ich meine Sporttasche und verließ mit eiligen Schritten die Sporthalle.
Ich hob meinen Kopf und starrte in den Himmel. Wenn alles nur so einfach wäre wie bei den anderen. Wenn mein Bruder nicht so streng wäre und meine Mutter mich mehr beachten würde. Diese Was-Wäre-Wenn-Fragen hatte ich viel zu oft gehabt. Ich hatte aufgehört über Dinge nachzudenken, die vielleicht anders sein sollten.
Was brachte mir das?
Gar nichts.
Es half mir in meinem Alltag nicht weiter. Es löste weder meine Probleme noch meine Sorgen.
Ich atmete die Wärme Sommerluft ein und richtete meinen Blick auf die dunkle Straße. Kein Mensch war mehr unterwegs. Keine Autos fuhren. Die Straßen waren still und verlassens. Genau was ich jetzt brauchte. Ich zuckte merklich zusammen als ich keine paar Meter weiter eine Person entdeckte, die sich gegen ein Motorrad lehnte. Ich erkannte nicht wer sie ist aber ich bin mir sicher, dass die Person mich direkt anschaute. Ich zog fragend eine Braue hoch. Ich kannte die Menschen in Grünwald, ich kannte ihre Gesichter aber mit keinem hatte ich was zu tun. Umso mehr wunderte ich mich als die Person sich von dem Motorrad drückte und auf mich zu gelaufen kam.
Ich hielt den Atem ein. Mein Herz pochte wie verrückt aus Angst, der Fremde würde mit mir alles machen, was ich nicht wollte.
Ich wich zurück.
Ich malte mit die verrücktesten Bilder aus, meine schlimmste Albträume wurden war. Keiner konnte wissen wo ich bin und wie lange ich mich an meinen Ort aufhielt. Selbst mein Bruder wusste es nicht.
Ich drücke meine Rücken durch, hob mein Kinn und setzte einen undurchdringliche Mine auf. Wenn mein Gegner nicht wusste, dass ich Angst hatte würde er mir vielleicht nichts tun. Vielleicht würde er sich umdrehen und wegfahren.
Mein ganzer Körper stand unter Strom als die Person endlich in Licht trat. Ich atmete erleichtert aus und meine verkrampfte Haltung lockerte sich. Es war nur Juli, der vor mir stand.
Warte!
Was?
Julie?!
Ich starrte mit großen Augen den blondhaarigen Jungen an als er weniger Meter vor mir stehen blieb. Dass war ganz und gar nicht gut. Es sah verdammt schlecht für mich aus. Ich schaute mich panisch um in der Hoffnung keiner würde uns beobachten.
,,Du siehst aus als würde ich dich bringen.", lachte er um die Stimmung zu lockern. Ich warf ihn einen vernichtenden Blick zu. Für irgendwelche Scherze war nicht zu haben vor allem nicht wenn die Gefahr lauert, dass mein Bruder in jeder Sekunde auftauchen könnte.
,,Ich wollte schauen ob es dir besser geht.", erklärte er mir sein Verhalten. Ich zog misstrauisch meine Augenbrauen zusammen. Wusste er wer ich wirklich bin? Hatte er keine Hintergedanken.
,,Deswegen stalkst du mich?", fragte ich ihn in einem viel zu hatten Ton. Ich wollte nicht so sein. Er meinte es vielleicht doch nur gut und ich musste ihn von mir stoßen.
,,Ich stalke dich nicht. Ich habe mir Sorgen gemacht."
,,Sorgen? Um mich? Wir kennen uns doch gar nicht."
,,Wir gehen in dieselbe Klasse.", wiedersprach er mir. Ich verdrehte genervt meine Augen und setzte meinen Weg nach Hause fort. Wie konnte eine Person nur so sehr nerven?
,,Das hat gar nichts zu bedeuten.", stellte ich unsere Beziehung klar. Er sollte nicht auf irgendwelche dummen Gedanken kommen. Er sollte mich nicht behandeln als wäre ich aus Glas.
,,Wir können Freunde werden."
,,Niemals.", lachte ich amüsiert auf, gleichzeitig schüttelte ich belustigt meinen Kopf.
,,Wieso nicht? Was spricht dagegen?"
,,Einiges aber keiner meiner Gründe geht dich was an." Mein Kiefer spannte sich merklich an. Ich hatte eine einmalige Chance einen Freund zu haben und es ging einfach nicht. Mir sind die Hände gebunden. Meine Augen richteten sich auf Juli, der stur gerade aus schaute.
Haben meine Worte ihn verletzt?
Bestimmt nicht.
Oder?
,,Du bist in der Schule immer alleine?", unterbrach er mit einer ruhigen Stimme die Stille zwischen uns.
Er hatte es bemerkt?
Wann?
Wieso?
,,Und? Es hat sich vorher auch nicht interessiert also warum jetzt?"
,,Vielleicht wollte ich dich schon die ganze Zeit ansprechen. Vielleicht hatte ich einfach zu viel Angst dich anzusprechen." Juli drehte sein Gesicht zu mir und lächelte mich breit an. Es war ein warmes Lächeln, was bis zu seinen Augen reichte.
,,Dass glaube ich dir nicht. Warum sollte aus gerechnet jemand wie du Angst haben?"
,,Jemanden wie ich?"
,,Ja, jemand wie du. Du hast einen großen Freundeskreis und du bist Beliebt. Warum solltest du Angst haben?"
,,Vielleicht liegt es an dir. Deine Blicke sind gefährlich, wenn man dich nicht kennt."
,,Meine Blicke sind nicht gefährlich. Sie halten nervige Personen wie dich fern."
,,Du findest mich also nervig?"
,,Ja." Ich drehte mich zu ihm um. Seine braune Augen tanzen belustigt auf. Wir waren stehen geblieben. Ich hatte es kaum bemerkt. Es fühlte sich großartig an mit jemandem zu reden. Ich fühlte mich frei und unbeschwert. Es war Jahre her, dass ich eine richtige Konversation gehabt hatte. Es lag keine unangenehmen Spannung zwischen uns. Wenn jemand uns sehen würde, würde man meinen wir wären seit Jahren befreundet, was nicht der Fall ist. Wir gehen auf dieselbe Schule. In dieselbe Klasse, aber das war es auch schon. Wir hatten nie miteinander geredet. Wir hatten die jeweilige Person nicht beachtet und jetzt? Jetzt unterhielten wir uns als würden wir uns von früher kennen.
,,Du findest mich nicht nervig.", stellte Juli klar und machte einen großen Schritt auf mich zu. Er drang in meine Zone ein und weder ihn noch mich störe es. Ich musste meinen Kopf leicht in den Nacken legen damit ich ihn weiterhin anschauen konnte. Seine Stimme war tiefer und leiser als vorhin. Warum sie sich verändert hatte, verstand ich nicht. Ich verstand Juli nicht.
,,Achja?", fragte ich provozierend, dabei verschränkte mich meine Arme vor der Brust um meine Frage zu unterstreichen: ,,Wie finde ich dich?"
,,Du findest mich mehr als anziehend."
Ich lachte laut. Der Gedanke allein Juli anziehend zu finden und dass aus seinem Mund zu hören machte es noch lustiger. Ich fand keinen vom ihnen anziehend. Weder ihn noch seine Freunde.
,,Du bist nicht nur nervig sondern auch eingebildet."
,,Wäre ich wirklich eingebildet hätte ich dich nicht nach Hause gebracht und mein Motorrad stehen gelassen."
Ich riss meine Augen erschrocken auf. Woher wusste er wo ich wohnte? Ich hatte ihm meine Adresse nicht genannt.

,,Also dann, Prinzessin. Wir sehen uns morgen in der Schule." Bevor ich meine Sprache wiedergefunden hatte, hatte Juli sich umgedreht und lief in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Ich starrte ihm hinter her.
Er wusste wo ich wohnte.
Er hatte mich Prinzessin genannt.
Wusste er wer mein Bruder war?
Spielte er nur den unwissenden oder ist er es wirklich?
So viele Fragen kreisten in meinen Kopf und keiner außer Juli hatte die Antwort. Aber ohne konnte ich nicht fragen. Die Gefahr, dass er noch mehr über mich wissen wollte war zu groß. Ich musste ihm auf Abstand halten. Ich musste ihm aus dem Weg gehen.
Ich kniff genervt meine Augen zusammen.

Mein Herz - Zerbrochene SeeleWhere stories live. Discover now