Kapitel 16

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Ich schlug die Hand vor den Mund, bevor ich schreien konnte. Vor meinen Augen war ein Mensch erschossen worden, von jemandem, dessen Aufgabe es eigentlich ist, Menschenleben zu beschützen. Von einem Polizisten, von dem ich jetzt wusste, dass er von Steinfield geschickt wurde. Aber wieso? Er hatte mir ein Zeitfenster von zwei Tagen gegeben. Wollte er mich einschüchtern, mir Angst machen?
Mir wurde schlecht, und ich musste mich vom Bildschirm abwenden. In so ziemlich jedem Film den ich in meiner Jugend gesehen hatte, war früher oder später jemand erschossen worden, doch eine solche Szene nun im richtigen Leben zu beobachten, löste etwas ganz anderes in mir aus. Ich befand mich in einer Art Schockzustand, in dem es mir nicht möglich war einen klaren Gedanken zu fassen. Neben einen der Werkzeugschränke ließ ich mich auf den Boden sinken, zitternd und völlig apathisch. Ich wusste, dass ich etwas tun sollte, dass ich hier nicht einfach abwarten konnte, aber mein Körper gehorchte mir nicht. Der Mann fing nun an von außen mit den Fäusten gegen das Garagentor zu Hämmern, nur um kurz darauf auf das Tor zu schießen. Der Knall mit dem die Kugeln auftrafen, hallte in einer ohrenbetäubenden Lautstärke in der Garage wider, sodass ich mir die Ohren zuhalten musste. Es hatte viele Momente in meinem Leben gegeben, an denen ich mir gewünscht hatte, Dad wäre da gewesen, aber in diesem Moment war mein Wunsch nach seiner Anwesenheit so stark, dass es mich innerlich fast zerriss. Gerade als ich dachte, dass ich diesen Lärm nicht eine Sekunde länger ertragen würde, wurde es plötzlich still. Alles was ich noch hörte war mein rasender Herzschlag und meine eigenen Atemzüge. Ein paar Sekunden lang konzentrierte ich mich nur darauf, und es gelang mir, ein wenig runterzukommen. Eine leise Stimme in meinem Kopf hoffte, dass er aufgegeben hatte, aber ich wusste, dass das unmöglich war.
Fieberhaft dachte ich nach, was ich tun konnte. Mit dem Auto das Tor zu durchbrechen ging nicht, dafür würde ich, in dem kleinen Raum den die Garage nur bot, nicht genug PS draufbekommen. Das Tor zu öffnen und dann in den Wagen zu steigen, wäre auch nicht möglich gewesen. Er hätte geschossen bevor ich auch nur die Wagentür erreicht hätte. Mir blieb also nur eine Möglichkeit: Ich würde nicht rauskommen, also musste er zu mir reinkommen und ich würde ihm die Chance dazu geben. Ich hatte natürlich begründete Zweifel. Im Kampfsport hatte ich keinerlei Erfahrung und auch sonst hätte ich keine Moves aus irgendwelchen Actionfilmen nachahmen können. Es musste also etwas anderes her, mit dem ich ihn überwältigen konnte. Da fiel mir ein Baseballschläger ins Auge, der auf einem der Regale an der gegenüberliegenden Wand lag und ich musste unwillkürlich grinsen. Klischeehafter hätte es nicht sein können: Der Baseballschläger und ein Eindringling vor der Tür, vor dem es sich zu verteidigen galt.
Ich stand also auf und holte mir den Schläger, wobei ich mich auf eine umgedrehte Holzkiste stellen musste, um überhaupt dran zu kommen. Innerlich verfluchte ich meinen Körper dafür, dass er nicht einfach etwas mehr hätte wachsen können. Als nächstes kramte ich ein Brecheisen unter der Werkbank hervor. So stand ich dann da, betrachtete meine provisorischen Werkzeuge, von denen leider abhing, ob ich hier lebend rauskam oder nicht und wendete mich dann dem Garagentor zu. Ich straffte meine Schultern und umfasste den Griff des Schlägers noch ein wenig fester. „Dann mal los.".

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