>Süden - ich komme<

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Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Wie angenagelt stand ich vor der Eingangstür und starrte auf die Ritze im Holz.

Mit einem Mal kam ich wieder zu mir. Ich musste fast Lachen, doch amüsiert war ich nicht. Meine Eltern finden. Klar doch. Sie lebten nicht mehr. Was will man da finden?

Vielleicht hatte sich wieder irgendeiner der Nachbarsjungen einen Spaß erlaubt.

Schnell schloss ich die Tür auf. Es war eine schöne und alte Holztür mit vielen Verzierungen. Mathilde, die Leiterin des Snowfield Waisenhauses, würde sich über die Kratzer an der Tür nicht freuen, das stand schon mal fest.

Ich ging gleich nachdem ich etwas gegessen hatte, in mein Zimmer und ließ mich auf mein Bett fallen. Endlich waren Ferien. Ich lag lange dort und langsam schlief ich auch ein.

Plötzlich wurde ich aus dem Schlaf gerissen. Ich hatte mich so sehr erschrocken, dass ich mich erst einmal sammeln musste.

Aber es war nur das Klingeln meines Handys. Will rief an. Ich kroch hin, um abzuheben. „Ey, du hast mich so erschrocken, ich bin beinahe aus dem Bett gefallen." beklagte ich mich.

Will jedoch, schenkte dem keine Aufmerksamkeit. „Olivia, du wirst nicht glauben was mir gerade passiert ist.". „Du wirst es mir bestimmt gleich erzählen." antwortete ich halb belustigt, halb gelangweilt.

„Da..da stand gerade eine Nachricht auf meiner Armbanduhr. Statt Ziffern ordneten sich Buchstaben zu einem Satz an. Die Nachricht lautete: Geht nach Süden, dort werdet ihr eure Eltern finden.".

Ich war sprachlos. Das war unmöglich. „Olivia, hallo? Bist du noch da?".

„Jaja. Aber das kann nicht sein, an der Snowfield Haustür stand die gleiche Nachricht. Ich dachte irgendjemand hätte sich einen Spaß erlaubt. Aber jetzt... . Das kann doch kein Zufall sein.".

„Was?? Du hast die Nachricht auch bekommen? Das glaube ich jetzt nicht. Aber was soll das bedeuten? Wer steckt dahinter und überhaupt, was soll das Ganze?".

„Das ist echt seltsam. Aber Moment mal. Stand bei dir auch, dass du im Süden deine Eltern findest? Sie sind doch bei euch Zuhause. Und du hättest es mir doch erzählt, wenn sie weggefahren wären."

Nun war Will derjenige, dem die Sprache wegblieb. „Also..., ich weiß auch nicht warum das so da stand. Meine Eltern sind hier.” sagte er etwas zu verträumt.

„Aber deine Eltern doch vielleicht! Was ist, wenn sie gar nicht umgekommen sind? Es gab nie richtige Beweise. Es könnte doch sein, dass sie noch am Leben sind und dir das jetzt irgendwie versuchen mitzuteilen.”

Das war mit Abstand die absurdeste Idee, die man diesbezüglich haben konnte. „Ja natürlich,” sagte ich etwas frustriert aber auch belustigt. „Meine Eltern sind urplötzlich von den Toten auferstanden und suchen mich jetzt mit mysteriösen Nachrichten heim.”

Will redete gleich weiter: „Aber wo wir gerade dabei sind, wir fahren dieses Jahr in den Sommerurlaub nach Italien. Das liegt im Süden und meine Eltern sagen, wenn du willst kannst du mitkommen!”.

Wow, das klang fabelhaft. Ich war erst so selten im Ausland gewesen. „Echt super gerne!”, obwohl ich nicht unbedingt nur wegen diesen seltsamen Nachrichten, die, glaubte ich, sowieso nicht wahr waren, mitkommen wollte.

Und was Will's Nachricht anging, so sehr ich ihn auch gern hatte, ihm muss die Hitze auch schlecht bekommen.

„Gut, dann frag am besten gleich mal Mathilde und ruf mich dann an!”. „Ja, natürlich.”. Mit einem Lächeln auf den Lippen legte ich auf.

MaresiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt