Dramatischer Unfall

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Sicht von Philipp

Es war früher und ich sass auf der Terrasse. Ein wunderschönes Morgenrot krönte meinen Ausblick. Ich gähnte und tippte auf meinem Handy herum. Ich war dabei Fotos aus meiner Fotomediathek zu löschen, die ich nicht mehr brauchte. Die Terrassentür ging auf und mein Mitbewohner kam mit zwei Tellern mit grossen Sandwiches drauf hinaus.  „Frisch aus der Küche." grinste er und stellte einen der Teller vor mir auf den Tisch. „Lecker. Danke!" lächelte ich und biss sofort in eines hinein. Thomas setzte sich und wir beide assen schweigend unser Frühstück. „Guck mal, das wunderschöne Morgenrot." sagte ich und zeigte in den Himmel. Mein Mitbewohner drehte sich um und nickte. „Ja, stimmt. Schade ist nur, dass man sie schlecht fotografieren kann." „Ich probiere es trotzdem mal." sagte ich und öffnete die Kamera- App. Nachdem ich probiert hatte die Belichtung anders einzustellen, musste ich mir eingestehen dass man es wirklich nicht fotografieren kann. „Man braucht dafür eine gute Kamera aber ich bin zu faul um sie oben holen zu gehen." grinste ich und wollte mich gerade wieder setzen, als es unten an der Hauptstrasse hupte. Gefolgt von einem lauten Knall. Thomas und ich sahen uns erschrocken an und rannten durchs Haus, wobei wir uns auf dem Weg zur Haustür noch kurz in die Schuhe schlüpften, und die Wiese hinunter zur Hauptstrasse. Noch während des Rennens zückte Thomas sein Handy. Unten angekommen sahen wir dass es einen Unfall gegeben hatte. Zwei Autos standen quer auf der Fahrbahn und einige Fahrer aus den herumstehenden Fahrzeugen liefen aufgeregt herum. Ich rannte zu den verunfallten Autos und sah dass in beiden noch Personen sassen. Die Frau in dem einen Fahrzeug kam mir irgendwo her bekannt vor, doch ich schob den Gedanken beiseite und schaltete mein Erste Hilfe - Gehirn ein. „Welche Person ist schwerer verletzt?" murmelte ich. Ich entschied mich für die Frau da der andere Fahrer noch knapp bei Bewusstsein war. Die Frau nicht. Hinter mir hörte ich wie Thomas gerade den Notruf beendete und ebenfalls zu den Autos kam. „Kannst du mal zu dem Mann gehen?" fragte ich ihn. Er nickte und ging zum blauen Auto mit dem Mann drin. Ich wandte mich wieder dem silbrigen Auto mit der Dame zu. Es folgten die üblichen Erste Hilfe Massnahmen bis eine Sirene ertönte und ein RTW in die Strasse einbog. Kurz vor dem Unfallort wurde er angehalten. Und zwei Sanitäter, die wir nicht kannten, stiegen aus. Einen Augenblick später hörten wir zwei weitere Sirenen und ein zweiter RTW und ein NEF fuhren neben den ersten RTW. Diese Besatzungen kannten wir nur zu gut. Aus dem zweiten RTW stiegen Jaqueline Wendt und Florian Sauer. Und aus dem NEF stiegen Marion Fröhlich und unser gute alte Freund Oliver Dreier. Die Besatzung des ersten RTWs ging zum blauen Auto und Jacky, Flo,  Marion und Oliver kamen zum silbernen Auto, wo ich stand. Sie versorgten sie unbekannte Frau. Kurz darauf fuhr der RTW mit dem Mann weg und auch die Patientin vom silbernen Auto wurde zum RTW gebracht. Dabei wurde sie vor Thomas' und meiner Nase durchgeschoben.

Plötzlich schrie mein bester Freund auf. „Das ist ja meine Tante!" rief er entsetzt. „Du hast sie vorhin nicht erkannt?" fragte ich. „Nein, sie hat wohl die Haare gefärbt." seufzte Thomas den Tränen nahe. „Kann ich mitfahren?" fragte er Oliver. „Sorry Kleiner, da muss ich dich enttäuschen. Es geht leider nicht. Die Patientin muss einverstanden sein oder mindestens wissen dass du überhaupt vor Ort bist." antwortete der Notarzt. „Das solltest du ja eigentlich wissen. Aber du könntest ja in die Klinik fahren. Dort kannst du, wenn sie wieder ansprechbar ist, zu ihr gehen." fügte er hinzu. Thomas nickte. „Werde ich natürlich tun. Muss nur kurz was richtiges anziehen. In welche Klingt fahrt ihr denn?" „Klinik am Südring!" rief Oliver über die Schulter und verschwand im RTW. Mein Mitbewohner rannte die Wiese zu unserem Haus wieder hoch. Ich folgte ihm. Er war allerdings deutlich schneller und fiel zurück. Als ich die halbe Wiese geschafft hatte, war Thomas schon aus meinem Blickfeld verschwunden.

Sicht von Thomas

Ich rannte schneller die Wiese hoch als ich überhaupt wusste dass ich so schnell rennen konnte. Oben angekommen riss ich die Haustür auf und wollte mich eigentlich direkt umziehen gehen, als ich einfach in Tränen ausbrach. Meine Tante lebte zwar am anderen Ende von Deutschland, aber wir hatten trotzdem ein sehr enges Verhältnis und ich liebte sie schon als ganz kleiner Junge wie eine zweite Mutter. Sie jetzt so schwer verletzt zu sehen war der blanke Horror. Warum sie allerdings direkt auf der Strasse unter unserem Haus durch fuhr, wusste ich nicht. Das konnte kein Zufall sein. Wollte sie mich überraschen? Ich warf mich aufs Sofa und weinte in mein Lieblings Kissen. Doch schon nach wenigen Sekunden erinnerte ich mich dass ich ja schnell zu ihr wollte. So stand ich noch immer schluchzend auf und ging die Treppe hoch. Ich konnte kaum was sehen da meine Augen von Tränen durchnässt waren. Ich merkte nur noch wie ich ausrutschte und dann wurde alles schwarz.

Eine vertraute Stimme sagte meinen Namen. Ich hörte alles dumpf und mir war wahnsinnig schwindelig, doch ich konnte einen ebenfalls vertrauten Geruch riechen. Der Duft von Desinfektionsmittel. Langsam öffnete ich die Augen und blickte in die meines besten Freundes. Ich sah zwar alles verschwommen, doch die meerwasserblauen Augen von Philipp würde ich unter Millionen erkennen. Ich war an einem Ort den ich definitiv kannte. Ich war schon mal dort. Nach kurzem Überlegen ging mir ein Licht auf. Ich war wohl in der Notaufnahme im Schockraum. „Na Kleiner, wieder bei uns?" fragte mein bester Freund. „Ja, denke schon." murmelte ich. „Was ist denn passiert?" fragte ich müde. Ab diesem Moment in dem ich auf dem Sofa geweint hatte, wusste ich nämlich gar nichts mehr. Aber, Sekunde mal... Warum hatte ich überhaupt geweint? „Meine Tante! Wo ist Tante Luisa? Wie geht's ihr?" fragte ich aufgeregt und ein Piep- Ton den ich vorhin gar nicht richtig wahrgenommen hatte wurde schneller und nervöser. „Bitte beruhige dich, Tommy. Ich habe mitbekommen dass sie wieder aufgewacht und jetzt in einem Zimmer liegt. Ich glaube dass ich gehört hatte dass sie schwerer verletzt aussah als sie es wirklich ist." versuchte mich Philipp zu beruhigen. Der Piep- Ton beruhigte sich wieder, genau so wie ich. „Und ich weiss auch nicht ganz genau was passiert ist. Ich bin dir hinterher gerannt und als ich die Haustür öffnete, sah ich dich am Fuss der Treppe blutend liegen. Wahrscheinlich bist du die Treppe heruntergefallen. Aber das schlimmste war; du warst total verweint." erzählte mein bester Freund. In dieser Sekunde als er „blutend" gesagt hatte, fielen mir erst meine Kopfschmerzen auf. Wahrscheinlich hatte ich irgendwo eine Platzwunde. Ich seufzte. „Naja, das gute daran ist dass ich so schneller in die Klinik gekommen bin als ich es mit dem Auto geschafft hätte." grinste ich und wir begannen zu lachen. Genau so wie eine Person im Raum die ich noch gar nicht bemerkt hatte. Etwas weiter hinten stand die liebe Ärztin Birgitt Maas. „Nun, da ja wieder gelacht werden kann, denke ich ist unser liebe Kollege wieder bei vollem Bewusstsein, stimmst?" fragte sie lächelnd. Ich nickte. „Dann habe ich noch eine kleine Überraschung für dich. Und zwar darfst du dir ein Zimmer mit deiner Tante teilen! Dort werden wir dann auch deine Wunde besprechen." Ich freute mich riesig meine Tante wiedersehen zu dürfen. Gestützt von Philipp gingen wir in dieses Zimmer, in dem mich meine Tante erwarten würde. Und wirklich: Als Birgitt die Tür öffnete, sah ich sie drinnen schon in einem der zwei Betten liegen. „Mein Junge! Was ist denn mit dir passiert?" fragte sie erschrocken als sie mich sah. „Ich bin wohl die Treppe hinunter gefallen." erklärte ich. „Aber was ist mit dir? Warum gab es diesen Unfall? Was hattest du auf dieser Strasse gemacht?" überhäufte ich sie mit Fragen während ich mich auf das freie Bett setzte. „Hör zu: Ich wollte dich überraschen und einen kleinen Überraschungsbesuch abstatten, da ich wusste dass du dich bestimmt freuen würdest. Ich hatte mir gerade ein paar Tage freigenommen. Die wollte ich so gut wie möglich ausnutzen. Dann kamen die Wettermeldungen, die ich dringend hören wollte, am Radio und ich wollte ihn lauter schalten. Die Taste klemmte allerdings und ich habe mich ablenken lassen und so muss der Unfall passiert sein." erzählte Tante Luisa. „Und was hast du für Verletzungen?" fragte ich besorgt. „Alles nicht so tragisch. Nur eine Platzwunde und ein angeknackstes Handgelenk. Und du?" „Eine Platzwunde. Aber ich weiss noch nichts genaueres." Ich blickte zu Birgitt. Diese nickte. „Jetzt darf ich die gute Nachricht verkünden: Es gibt keine Inneren Verletzungen und nichts zu befürchten. Alles wird von selbst heilen." lächelte sie. Erleichtert atmeten wir alle auf. Am nächsten Morgen durfte ich wieder nach Hause. Meiner Tante ging es auch bald wieder besser und sie holte den Überraschungsbesuch nach.

Thomas Schmidt und Philipp Stehling StoriesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt