Die Gedanken in der tiefen Nacht

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In der Nacht kann ich nicht schlafen, denn mein Unbehagen schmilzt und ich spüre eine große Unsicherheit in mir aufkommen. Was mache ich hier eigentlich? Was erwartet mich noch in den Rest der Sommerferien? Und habe ich das richtige getan? Hätte ich meinen Wiederstand, der in mir aufgekommen ist, wegen der Hexe, ignorieren sollen? Würde es mir dann jetzt besser gehen? Ich seufze. Ich denke manchmal, dass ich zu viel denke.

Ich stehe leise auf, um ja nicht Vanessa aufzuwecken. Mit ihr ist es auch nicht besser geworden. Anfängliche Hoffnung, dass wir uns nun in eine bessere Richtung bewegen, ist direkt am selben Abend von ihrem Danke zur Nichte gemacht worden, als sie mich mit ihrem eiskalten Blick angesehen hatte, als ich sie angelächelt habe. Ich schiebe den Vorhang ein wenig zur Seite. Jetzt ist die Finsternis nicht mehr ganz so finster.

Doch an Schlaf ist nicht zu denken. Je länger die Nacht dauert desto mehr wird aus der anfänglichen Unsicherheit eine große Traurigkeit. Sie wächst wie ein Schneeball, der einen Berg herunterkullert und immer mehr Schnee mit sich trägt.
Und dann gesellt sich noch das Gefühl von Einsamkeit dazu.

Ich habe mich doch super mit allen verstanden. Ein paar Stunden vor der Einweihung haben Ester, Zoey und Sexy James uns viele Gedanken über mein Outfit gemacht, dass nun verloren zwischen all meinen schicken Kleidern auf dem Boden neben meinem Bett verweilt. Es passt irgendwie nicht ganz dazu. Wir haben viel gelacht und quatsch gemacht. Wir haben in Zeitschriften gelesen und Witze gemacht. Ich habe freudige Erregung gespürt, weil ich mich so gefreut hatte, dass ich nun vollständig dazugehören würde. Ich habe es so gehofft. Doch habe ich denn überhaupt jemals richtig dazugehört? Ich bin seltsam. Ich bin mädchenhaft, aber auch wieder nicht gedankenlos. Ich finde es langweilig stundenlang über Jungs zu reden und über Schminke habe ich keine Ahnung. Ich habe komplizierte tiefgründige Gedanken, aber bin nicht gut in der Schule, zumindest an den Sprachen Haberts. Ich liebe es Quatsch zu machen und bin kindlich, aber ich bin auch ernst und vernünftig. Ich bin so vieles und doch nichts. Ich passe weder zu den Schönen, nicht zu den Nerds und auch nicht zu den Clowns. Ich passe nicht zu den wilden Kerlen und auch nicht zu den Flammenmützen. Ich passe nirgends hinein. Das Problem liegt an mir. Ich muss mich verändern, um wo dazu zu gehören.

Delia!
Du fehlst mir, du würdest mich jetzt verstehen und ich würde bei dir Rat finden.

Das Mädchen, das Kleider trägtWhere stories live. Discover now