19. Zweite Chance

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"Dann hätten alle Tests soweit abgeschlossen!", meinte Krankenschwester. Sie trug ein breites grinsen in ihrem Gesicht, als sie die Ergebnisse des Bluttests vorlas. In diesem Zimmer herrschte eine lockere Stimmung, völlig komisch wenn man bedachte, dass ein paar Räume weiter, Carla gerade um ihr Leben kämpfte.

"Die Tests zeigen keinerlei Bedenken dafür, dich als Spender einzusetzen. Ihr beiden habt sogar die gleiche Blutgruppe! Also mach dir keine Sorgen, wir werden deiner großen Schwester helfen können!", sagte sie. Carla sah wohl viel zu jung dafür aus, dass andere sie für meine Mutter hielten können. Ich war darüber nicht böse, keinesfalls, nur war es ein wenig nervig, die Leute dann immer korrigieren zu müssen.

"Also eigentlich, ist sie meine Mutter!", sagte ich und rieb mir dabei den Hinterkopf. Die junge Krankenschwester erschrak leicht, entschuldigte sich jedoch für das Missverständnis. Als nächstes trat ein etwas älterer Arzt in dem Raum, mit wichtig aussehenden Papieren. Er nahm den Drehstuhl, welcher vor dem Schreibtisch stand und setzte sich direkt vor mich.

"Guten Tag, Mr. Martinellí. Ich werde Ihnen nun den Eingriff erklären", meinte der Arzt und drückte mir einen Pappen mit Blättern in die Hand. Sie waren voller medizinischer Fachbegriffe und Veranschaulichungen. "Wir werden bei euch eine sogenannte Leberlebendspende durchführen. Dies wird im großen und ganzen Bedeuten, dass wir die kranke Leber ihrer Mutter entfernen werden und ihr dafür ein Stück von deiner einsetzen. Das Organ wird sich bereits nach wenigen Wochen regenerieren", meinte er. Er griff sich einen Kugelschreiber und veranschaulichte mir das genaue Prozedere an einer Abbildung. Es war schon komisch darüber nachzudenken, dass sie mir ein Stück eines Lebenswichtigen Organs entnehmen. Der Arzt meinte, dass wäre natürlich nicht ohne Risiken verbunden.

Aber wenn ich Carla damit retten kann, dann werde ich es eingehen. Dennoch würde ich gerne meine Eltern darüber in Kenntnis setzen. Ich wollte gerade fragen, ob ich noch kurz telefonieren darf, da klopften auch schon Danny und Ryan an der Tür. Beide waren völlig durchnässt vom Regen. Ryans Augen sahen ziemlich verheult aus. Anscheinend musste auf dem Weg zum Krankenhaus, noch irgendwas vorgefallen sein.

Der Arzt trat kurz mit Ryan vor die Tür und besprachen etwas. Danny setzte sich in der Zwischenzeit neben mich und hielt meine Hand, da sie anfing zu zittern. Selbstverständlich, war ich bei so einer großen OP nervös. Da ich zuvor noch nie operiert wurde, hatte ich keine Ahnung, was da auf mich zukam. Zudem erinnerte mich diese gesamte Krankenhaus Szenerie an den Tag, als wir beiden angegriffen worden sind. Der beißende Geruch von Desinfektionsmittel, welcher mir in die Nase stach. Diese kühlen, weißen Wände. Das schrille piepen der Geräte. Meinen Freund dort im Krankenbett zu sehen und darum zu bangen, ob er aufwachte, während ich nur ein paar Schrammen und eine kaputte Brille davon trug, zählte wirklich zu den schlimmsten Erinnerungen, welche ich mit mir trug.

Genau diesen Horror, musste nun auch er miterleben. Wenn er seine Freundin dort auf der Intensivstation liegen sah. Der Arzt meinte, dass ihr Zustand zwar stabilisiert wurde, sie jedoch keine 48 Stunden mehr durchhalten würde. Wenn wir Carla retten wollen, dann müssen wir es jetzt tun!

"Danny! Ich möchte gerne mit meinen Eltern reden", sagte ich. Er nickte nur und nahm meine Hand, während wir in einem angenehmen Tempo, kurz vor die Tür gingen. Mit zitternden Händen, schnappte ich mir mein Handy. Immer noch hatte ich keinen blassen Schimmer, wie ich ihnen diese Situation beibringen sollte. Als mein Freund bemerkte, wie nervös ich war, nahm er das Handy für mich in die Hand und suchte ihre Nummer heraus.

"Alles gut Steven. Wir kriegen das hin", beruhigte er mich. Was würde ich nur ohne Danny machen? Nachdem ich ihm das Signal gab, dass ich bereit bin, wählte er die Nummer meines Vaters. Als das Handy wählte, klopfte mein Herz wie wild. Nach wenigen Sekunden, ging er bereits ran.

Crying for Summer RainWhere stories live. Discover now