Kapitel 1 ~ „Neues Jahr, neue Chancen"

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September 1985

"Es wird euer letztes Jahr hier an der Hawkins High sein. Danach werdet ihr -das hoffe ich zumindest- euren Abschluss haben. Also wünsche ich mir, dass ihr euch dieses Jahr richtig ins Zeug legt!" Miss O'Donnell stand sehr selbstbewusst in ihrem gepunkteten Kleid und dem Blazer mit den breiten Schulterpolstern vor der Tafel. Sie zog ihre große runde Brille die Nase hoch und kramte in ihrem Papierstapel. Niemand wusste eigentlich wie alt sie war, da sie recht jung aussah. Fast schon, als sei sie frisch aus ihrem Studium, obwohl sie schon einige Jahre an der Hawkings High unterrichtete. Doch ihrem Namen nach zu urteilen, war sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht verheiratet. Schlussfolgernd war Miss O'Donnell ledig, jung und gutaussehend und auch für manche Oberstufen-Schüler ein Hingucker. Sie liebte ihren Beruf als Lehrerin und dies sah man ihr auch an, denn sie war stets organisiert und immer gut gelaunt, wenn nicht wieder einige Schüler dem Unterricht nicht folgten oder störten oder auch ganz einfach nicht aufgepasst hatten. Dann konnte sie auch sehr streng sein und verteilte gerne mal Strafarbeiten, Klassenbucheinträge oder Termine beim Direktor.

„Ich teile euch nun eure diesjährigen Stundenpläne aus. Achtet aber darauf, dass ihr...", begann die Lehrerin, wurde aber von einer aufreißenden Tür unterbrochen. „Ach, Munson. Schön, dass Sie auch noch hergefunden haben.", kommentierte sie, mit einem ironischen Ton, die Störung des Schülers und hob ihren Blick gen Uhr, die an der Wand neben der Tafel hing. „15 Minuten zu spät. Also Munson, wenn Sie schon so ins neue Jahr starten, sehe ich für Sie wieder schwarz." Der mittelgroße Schüler mit den braunen langen Locken zog eine Augenbraue hoch und setzte ein breites Lächeln ins Gesicht. „Miss O'Donnell, Ihre Motivationsrede am ersten Schultag hab ich schon zweimal miterlebt. Ich glaube da hab ich wenig verpasst.", entgegnete der Schüler an der Türschwelle. „Munson, wollen Sie lieber einen Eintrag ins Klassenbuch oder den direkten Weg zum Direktor?", konterte die Lehrerin auf die Antwort des Jungen. Einige der Mitschüler mussten sich nach dieser Aussage ein Lachen verkneifen. Wenn man einen Punktezähler neben die beiden aufgestellt hätte, mit einer großen Tafel, so wie es bei Sportwettkämpfen der Fall war, dann stände dort zwei zu eins für sie.
„Tschuldigung", gab der Schüler von sich und hob leicht seine Hände. „Nun ja, wie sagt man so schön: neues Jahr, neue Chancen. Aber noch eine weitere Chance bekommen Sie von mir nicht, Mr. Munson." Sie blickte ihn streng an und setze ein gespieltes Lächeln in ihr Gesicht.
Jane betrachtete die Situation nur schweigend von der Seite. Sie saß mittig an der Fensterseite des Klassenraumes. ,Was für ein Idiot', dachte sie sich und verdrehte ihre Augen, doch nur so leicht, dass es keinem aufgefallen war. „Er muss ganz schön viele Probleme haben, wenn er sich so rebellisch verhalten muss.", flüsterte die Stimme einer Mitschülerin hinter Jane ihr zu. „Ja, außerdem blamiert er sich doch nur selbst mit so einem Auftreten, oder was meinst du", entgegnete sie der Stimme hinter ihr und hatte dabei leicht den Kopf zu ihrer Mitschülerin gedreht. Die beiden kicherten für einen kurzen Moment.
„Liebe Klasse, wenn ich Ihnen kurz Ihren neuen Mitschüler vorstellen darf: Das ist Edward Munson und er wiederholt die Abschlussklasse.", stellte die Lehrerin rasch den neuen Schüler vor und bat ihn kurz darauf sich einen freien Platz zu suchen und sich zu setzen. Jane und auch andere Schüler der Klasse folgten ihm dabei mit ihren Augen. Manche wandten ihre Blicke eher von ihm ab. Andere wiederum starrten ihn skeptisch und etwas angeekelt an, bis er es bemerkte und zurück starrte. Ihm schien es aber nicht zu stören. Er genoss es sogar, diese Aufmerksamkeit von den Anderen zu bekommen und setzte wieder ein breites Grinsen ins Gesicht, während er sich in den Stuhl schmiegte. Einige Schüler begannen dabei das Getuschel, dennoch so leise, dass man sie kaum verstand. Es hätte nicht lange gedauert, bis man angefangen hätte über den Neuen in der Klasse zu reden. Er war zwar ein Junge, doch er sah nicht so gewöhnlich aus wie die meisten an der Schule. Denn Edward Munson hatte langes und wildes Haar, das ihm bis zur Brust ging und er trug fetzige Klamotten mit Logos von Rock- oder Heavy-Metal-Bands auf seinen Shirts. Deshalb hörte man von den meisten Schülern auch Worte wie "Freak", "Vollidiot" oder "Satanist", worauf Miss O'Donnell die Schüler ermahnte, mit der Begründung, dass wenn sie noch einmal eines dieser Worte hören sollte, sie einen Eintrag im Klassenbuch erhalten würden.

2 MINUTES TO MIDNIGHT ~ Stranger Things Fan-FiktionWhere stories live. Discover now