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Diese ganzen Fragen stellte ich mir die folgenden zwei Wochen ununterbrochen. Es war grauenhaft. Manchmal schien die Paranoia wie ein neues Hobby. Erstaunlich wie schnell man sich an sowas gewöhnte.
Doch egal wie sehr ich mich umsah, er blieb verschwunden.

Es passierte diese zwei Wochen auch sonst nichts besonderes. Abgesehen davon, das mir die Welt manchmal immernoch unnatürlich... hell vorkam. Aber diese Momente waren so schnell wieder weg wie sie gekommen waren. Also versuchte ich mir darum nicht allzu viele Sorgen zu machen.

Als ich Freitag morgen den Klassenraum betrat, war alles so wie immer. Ich setzte mich zu Jeremy in die vorletzte Reihe.

"Wo warst du gestern in Geschichte?", fragte er mich. Er ließ es beiläufig klingen, doch ich wusste, dass er misstrauisch war.

"Nicht im Geschichtsunterricht." Meinte ich ziemlich waage formuliert. Kurz herrschte eine unangenehme Stille zwischen uns. Ich zog mir meine Kapuze über die Haare, er seufzte lautlos.

"Kaya, ich verstehs nicht, was ist bloß los mit dir? Bist du sauer auf mich? Hab ich was falsch gemacht? Stimmt irgendwas in deiner Familie nicht?" Überrumpelt von seinen Fragen starrte ich einfach nur meinen Platz vor mir an. Er wertete das als ja.

"Hast du Probleme? Du kannst mit mir reden, Kaya, wir sind doch beste Freunde." bei 'beste Freunde' war ich endgültig raus.

"Nein, Jeremy, ich kann nicht mit dir reden, nicht darüber." Etwas bissig stand ich auf und nahm meinen Rucksack, um mich woanders hinzusetzen.

"Kaya, ich... Aber warum denn?" Seins Stimme klang irgendwie verletzt, doch ich antwortete trotzdem nicht mehr.

Stattdessen schlängelte ich mich durch die Reihen zur Fensterseite und setzte mich auf die freie Bank in die letzte Reihe. Vorne räusperte sich unsere Mathelehrerin gerade, um in der Klasse für Ruhe zu sorgen.

Was erstaunlicherweise funktionierte, und ein paar Sekunden später, in denen ich meinen Rucksack in eine Ecke pfefferte und beobachtete wie sich Leila neben meinen besten Freund setzte und ihn offenbar fragte, was los war.

Mein Blick glitt weiter durch die Klasse und blieb an einem Jungen hängen. Ich kannte ihn nicht. Und doch fühlte es sich an, wie ein Deja-vu. Er erinnerte mich sofort an den blonden zwanzigjährigen aus der Innenstadt. Ebenso unglaublich und überwältigend schön. Leicht gebräunte Haut, dunkle braune Locken und wieder Augen, die wirkten als würden sie leuchten. Sie waren wie dunkle leuchtende Tunnel, obwohl es sowas doch gar nicht geben konnte. Ein komisches Gefühl machte sich in mir breit.

Er stand eine Weile in der Tür und schien irgendwas bestimmtes finden zu wollen.

Sein Blick blieb an mir hängen. Ein wissendes Lächeln erschien auf seinem Gesicht und ich zog sofort den Kopf ein und tat beschäftigt, so als würde ich etwas in meiner Tasche suchen.

Plötzlich hörte ich, wie sich jemand neben mich setzte und da sah ich auch schon eine Hand, in meinem Blickfeld, auf dem Tisch kleben. Auch noch halb auf meiner Seite, war das Absicht?!

Ich ignorierte ihn so gut es ging. Von kuriosen Bekanntschaften hatte ich die nächsten Jahre genug.

Mrs. Willson vorne räusperte sich, um die Klasse zum Aufstehen zu bewegen. Als ich nach rechts an dem schönen Engel vorbei guckte, merkte ich, dass Jeremy's Blick dem Engel neben mir galt.

Jedoch ziemlich... abfällig, ja sogar ein wenig hasserfüllt. Namenlos erwiderte Jeremy's Blick. Ebenfalls ziemlich vernichtend.

Kannten die sich etwa? Immerhin konnte ich mir sicher sein, dass Jeremy diesen Jungen nicht auch noch auf mich angesetzt hatte. Leila vielleicht?

KAYAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt