15.Kapitel

157 10 5
                                    

Mit klopfendem Herzen ließ ich mich an der Wand meines Zimmers, neben meinem Bett zu Boden gleiten. Zion war nach Hause gefahren und ich musste ständig über unsere Unterhaltung nachdenken. Ich war mal wieder maßlos überfordert. Aber er hatte recht. Ich musste ihm vertrauen und wir mussten unbedingt diese Derek Sache aufklären.
Hektisch und noch bevor ich es mir anders überlegen konnte, nahm ich mein Handy aus der Tasche und tippte auf den Kontakt „Tanner", dessen Nummer ich mir erst vor ein paar Stunden eingespeichert hatte.

Hey, hier ist Nancy aus dem Club. Hättest du mal Lust, dich die Tage auf einen Burger zu treffen?

Schrieb ich ihm, als ich mich daran erinnerte, dass Zion meinte, das Tanner total auf Burger abfahren würde und bekam sogleich eine Gänsehaut. Wie unangenehm, ich hatte garkeine Lust auf so ein Treffen. Gerade, als ich die Nachricht wieder löschen wollte, änderte sich jedoch der „gesendet" Status zu „gelesen". Kacke, jetzt war es sowieso schon zu spät. Keine Sekunde später erhielt ich schon eine Antwort von Tanner.

Auf einen Burger? Traumfrau.
Das machen wir. Kannst du übermorgen?

Tanner war verdammt unkompliziert, wie ich malwieder erstaunt feststellen konnte und war ihm aber auch sehr dankbar dafür. Ich sagte ihm zu und gerade, als ich die Nachricht absenden wollte, empfing ich einen Anruf.
Dianne", stand fett auf meinem Bildschirm.
Meine Mom. Ich war kurz davor auf ablehnen zu drücken. Ich hatte die letzten Tage kein einziges Lebenszeichen von ihr erhalten, meine Nachrichten hatte sie ignoriert und mich damit echt sauer gemacht. Immerhin wusste ich jetzt, dass sie zumindest noch am Leben war. Ich rollte mit den Augen, ging aber schließlich ran, bevor der Anruf abbrechen konnte.
»Raaaaachel!«, trällerte es sogleich so ekelhaft fröhlich durchs Handy, dass ich das Gesicht verzog. »Mom?« Augenblicklich wurde ich wieder sauer, »Du lebst noch?«, fragte ich spitz. »Naklar«, kicherte sie. »Sag mal, bist du betrunken?« »Nein, nur... glücklich.«
Ich runzelte die Stirn. Es war gefühlt Jahrzehnte her, dass ich meine Mom so ausgelassen erlebt hatte. »Warum rufst du eigentlich an? Und wann kommst du wieder?«
Die Angesprochene räusperte sich, »Ja... genau deswegen rufe ich an. Eigentlich wäre ich doch in spätestens zwei Wochen wieder daheim gewesen, aber ich habe mich entschieden, den Urlaub nochmal etwas zu verlängern. Jana, meine Arbeitskollegin, fliegt aber etwas früher zurück.« Nun bildete sich eine steile Falte auf meiner Stirn. »Was willst du denn alleine in Tokyo?« Es folgte eine längere Pause, ehe meine Mutter zögerlich ein, »Ich habe hier jemanden kennengelernt«, herausbrachte.
Es fühlte sich so an, als würde jemand einen Dolch durch mein Herz bohren. »Er hat mich in einem Café angesprochen, auf Englisch. Witzigerweise kommt er aber auch aus Deutschland und ist noch eine Weile hier.« Sie seufzte verträumt auf, »Wir haben uns öfter getroffen und er ist humorvoll, zuvorkommend und wahnsinnig gutaussehend. Ich glaube... das könnte etwas Ernstes werden, Rachel. Das wollte ich dir erzählen.« Noch mehr Messer bohrten sich durch mein Herz, hunderte, tausende, bis es drohte, zu zerbrechen.
Da war ein neuer Mann im Leben meiner Mutter?

Das Gesicht meines Vaters erschien vor meinem inneren Auge. »Und was ist mit Dad?«, sprach ich meinen Gedanken laut aus.
Erneut räusperte sich meine Mutter, ehe sie einfühlsam sagte, »Ich werde deinen Dad niemals vergessen Rachel. Deinen Dad kann man nicht ersetzen, und glaub mir, das will ich auch garnicht. Aber bitte erlaube mir, wieder glücklich zu sein. Nach all dem Schmerz. Nach all den Jahren. Bitte, ich bin jetzt endlich bereit für ein neues Kapitel.« Ich blieb für einen Augenblick stumm. »Rachel? Bist du noch dran?«, kam es von meiner Mutter. Mit der größten Überwindung presste ich ein, »Alles klar, Mom.«, hervor. »Ich wünsche dir noch weiterhin viel Spaß und viel... Glück mit diesem Mann.« Erleichtert seufzte meine Mom aus, als hätte sie nicht bemerkt, wie nah mir dieses Thema gerade ging. »Danke, Rachel.«
»Gerngeschehen.«, hauchte ich fast tonlos und legte ohne weiteres auf, ich wollte nicht mehr über diesen Mann, der meiner Mom offensichtlich den Kopf verdreht hatte, wissen.

This Person Will Not ExistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt