Kapitel 19

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Wincent:
"Jenny… ich können wir kurz über was reden?", frage ich sie kurz nachdem Fabi die Wohnung verlassen hat. Ich schaue zu ihr und warte. "Hm.. ja ..über was denn?", sagt sie, wobei ich etwas Angst in ihrer Stimmlage hörte. Dabei schaute sie mir nur kurz in die Augen, um dann wieder auf den Tisch zu schauen. Eigentlich hatte ich vor sie zu fragen, was es mit der Narbe auf ihrem Bauch auf sich hat, die ich gestern unfreiwillig entdeckt habe, als ich sie umgezogen habe. In ihrem kurzen Blick konnte ich vieles lesen. Da war wieder dieser kleine Funke von Schmerz, den ich auch bei unserem ersten Treffen gesehen hatte. Vielleicht war dann diese Narbe ein Grund für all diesen Schmerz in ihren Augen, den sie mich nur manchmal sehen ließ, bis sie sich dann wieder vor mir verschloss. Ich glaube, dann sollte ich sie nicht drängen, mit mir darüber zu reden, nur muss mir dann schnellstens was anderes einfallen. "Ähm.. also wie sieht der Plan für heute aus? Hast du noch Zeit zu bleiben oder musst du schon zurück?". Nachdem ich fertig gesprochen habe, hob sie gleich darauf ihren Blick und schaute mich sanft lächelnd an. Mein Herz machte einen kleinen Sprung. Dann hatte ich alles richtig gemacht. Ich muss ihr zeigen, dass sie mir vertrauen kann, dann wird sie irgendwann von sich aus mit mir darüber reden. Mum hatte wohl wie immer Recht behalten. Wenn sie so weit ist, wird sie mit mir darüber sprechen und bis dahin werde ich für sie da sein. "Also?", fragte ich sie nochmal, weil sie nicht geantwortet hatte, worauf ich ein leises Kichern von ihr hören konnte. "Tschuldige, ich .. also ich kann noch bleiben, habe erst morgen früh wieder eine Schicht im Restaurant. Hast du eine Idee, was wir heute noch machen können?", antwortete sie mir mit einem leichten Lächeln im Gesicht. Ich überlegte und überlegte. Bis mir auf einmal eine geniale Idee in den Kopf kam. "Wie wäre es mit einer Sightseeing Tour durch München und zum Abschluss ein Picknick im Olympiapark?", fragte ich sie euphorisch und schaute sie erwartungsvoll an. "Ja, klar, ich bin dabei." "Okay perfekt, dann würde ich sagen, wir bereiten alles vor für das Picknick, machen uns fertig und dann können wir aufbrechen." "Klingt nach dem perfekten Plan." Ich räumte unsere Schüsseln in die Spülmaschine und schaute dann, was wir alles da haben, was für ein Picknick geeignet war. Nachdem wir besprochen hatten, was wir mitnehmen wollten, bereiteten wir gemeinsam alles vor. Am Ende hatten wir Wasser zum Trinken und ein paar Sandwiches für den kleinen Hunger, dazu gab es noch ein bisschen Obst. "Ich verschwinde mal im Bad", sagte sie und huschte aus der Küche. Grinsend schaue ich ihr hinterher und überlege mir währenddessen, was ich ihr alles von München zeigen wollte. Das Olympiastadion musste unbedingt auf die Liste und der Park dort wäre perfekt für unser Picknick am Ende. Nachdem ich innerlich eine Liste hatte, wo ich mit ihr überall hin wollte, ging ich in mein Zimmer und holte ein paar frische Klamotten, um dann ins Bad zu gehen. Sie war mittlerweile fertig und hatte sich aufs Sofa gesetzt, während sie mit ihrem Handy beschäftigt war. Ich musterte sie und bemerkte, dass sie irgendetwas beschäftigte. Die Tour musste einfach perfekt werden, um sie abzulenken und ihr stattdessen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Im Bad machte ich nur schnell eine Katzenwäsche und zog mir dann meine frischen Klamotten an, die aus nem schwarzen T-Shirt und einer schwarzen Hose bestanden. Zum Schluss stylte ich noch meine Haare ein bisschen mit Haargel und verließ nach einem prüfenden Blick das Bad. "Bin fertig!", rief ich ihr zu, da man vom Bad eine direkte Sicht aufs Wohnzimmer hatte. Sie schaute hoch und lächelte mich leicht an. "Super!" Ich lief zur Küche, holte den Rucksack mit den Sachen für das Picknick und dann zur Tür, wo meine Schuhe standen. Als wir dann beide fertig waren, schnappte ich mir noch den Schlüssel sowie meine Cap und so verließen wir beide die WG. "Wohin geht's denn als erstes?", fragte sie mich aufgeregt, als wir aus dem Treppenhaus draußen waren. "Wirst du dann schon sehen!", entgegnete ich und so liefen wir los. Auf dem Weg dorthin war sie sehr schweigsam und jedes Mal, wenn ich versuchte, sie in ein Gespräch zu verwickeln, antwortete sie nur einsilbig oder blockte mich ab. Irgendwas musste sie sehr beschäftigen. Nur was? Sollte ich sie einfach fragen? Ich wollte mein Glück versuchen, also blieb ich stehen, schaute sie an und fragte sie vorsichtig: "Jenny… was ist los? Was beschäftigt dich? Du weißt, ich bin da und höre dir zu. Dafür sind Freunde doch da.” Sie lief unbeirrt weiter und ich wusste nicht, was sie so sehr beschäftigen konnte. Wenn ich doch nur in ihren Kopf rein schauen könnte…. Tja, das würde mir wahrscheinlich vieles einfacher machen. Ich hätte nicht gedacht, dass sie es mir so schwer machen würde, sie richtig kennenzulernen, dass sie sich mir öffnet. “Jenny!”, rief ich mit Nachdruck, worauf sie dann wirklich stehen blieb. Na wenigstens das. Mit schnellen Schritten war ich bei ihr und stellte mich nah vor sie. “Was?”, fragte sie mich schon ziemlich genervt. Ich überlegte kurz und legte dann meinen Zeigefinger unten an ihr Kinn, worauf sie ihren Kopf nur langsam hob. “Was ist los? Rede bitte mit mir...'', sagte ich ihr nochmal liebevoll. Als sie mir in die Augen blickte, sah ich, wie der Ärger aus ihrem Blick entwich und sanfter wurde. “Ich.. “, fing sie an und stoppte. “Was.. rede weiter, bitte'', ermutigte ich sie. Ihr Mund verzog sich zu einem leichten Lächeln und ich hoffte, dass sie sich nicht wieder vor mir verschloss und es für sich behält. Ich wartete, bis ich hörte, wie sie anfing. “Ich.. also naja ich bin ach ich weiß doch auch nicht, es nervt einfach nur. … meine Mum, sie hat mir wieder viele Nachrichten geschrieben und tausend mal angerufen, weil ich ihr nicht gesagt habe, wo ich bin und sie sich Sorgen macht…” Ah, okay darum geht es also. Aber bei der Sache ist da glaube ich noch mehr dahinter, als sie mir bis jetzt gesagt hat. “Hm, ich versteh nicht ganz, was dich daran so nervt. Eltern sind halt so. Meine Mum will auch ab und zu wissen, wo ich hingehe und was ich mache, weil sie wissen will, ob es mir gut geht. Das ist einfach so eine Sache, die man erst versteht, wenn man selbst Kinder hat.”, antworte ich ihr. Ich blickte in ihre wunderschönen Augen, wo ich etwas sah, was eigentlich nicht typisch für ihre Situation war. Da war Ärger, aber auch Schmerz. “Das finde ich auch okay und verstehe ich, nur… ich ….sie übertreibt damit einfach…. wenn sie nicht weiß, was ich mache und ich mich nicht bei ihr gemeldet hab, dann dreht sie durch und macht sich Sorgen und… das … ich”, ergänzt sie und verstehe überhaupt nichts mehr. Ich lege meine Arme um ihre Hüfte und ziehe sie vorsichtig an mich. Kurz darauf spüre ich ihren Kopf an meiner Brust und ihre Arme, die sie um meine Mitte schlingt. Mein Herz scheint zu explodieren, bei dieser Nähe. Man, wie soll ich bloß meine Gefühle für sie ignorieren? Am liebsten hätte ich sie vorhin einfach geküsst, aber das darf ich nicht machen. Ich durfte mich nur nicht wieder überrollen lassen und sie küssen. Während ich ihr sanft über den Rücken strich, hörte ich nach einer Weile ein leises Schluchzen. Weinte sie etwa? “Jenny.. weinst du?” Von ihr kam nichts, weshalb ich noch einmal ihren Namen sagte. Daraufhin hob sie ihren Kopf von meiner Brust, um mir vorsichtig ins Gesicht zu schauen. Nach einem weiteren Atemzug blickte sie mir mit tränenüberströmten Gesicht in die Augen. Diese Situation musste sie sehr belasten, dass sie deshalb in Tränen ausbricht. Sanft trocknete ich mit meinem Daumen ihre Wangen und blickte in ihre, noch vom Weinen rote, Augen und hielt sie einfach fest. Wenn ich ihr doch nur irgendwie helfen könnte. Am liebsten würde ich ihr all den Schmerz, den sie in sich trug und nicht raus ließ, nehmen. Sie schaute mich nach einer Weile wieder mit einem leichten Lächeln an, nachdem sie sich die letzten Tränen aus dem Gesicht wischte und meinte zu mir: "Also wohin geht's jetzt?", und sah ein Strahlen in ihren Augen, das immer größer wurde. Wow. Sie verblüfft mich immer wieder aufs Neue. Ich warf meinen Plan etwas um, da ich eigentlich erst an den Marienplatz mit ihr wollte, aber der englische Garten würde ihr Lächeln noch stärken, das wusste ich. Ich griff nach ihrer Hand und meinte sarkastisch: "Das verrate ich immer noch nicht!" Es erklang ein herzhaftes Lachen von ihr und ich freute mich riesig auf den restlichen Tag mit ihr. Als wir wenig später diesen erreichten, sah ich zufrieden mit einem Lächeln, dass ihr Strahlen in den Augen sich bis über ihr ganzes Gesicht ausbreitete. Sie sah in diesem Moment atemberaubend schön aus. Man, wenn sie nur wüsste, was sie mit mir damit anstellt. In meinem Bauch spielten die Schmetterlinge wie verrückt und mein Herzschlag setzte einen kurzen Moment aus, nur um dann doppelt so schnell weiter zu schlagen. Sie so glücklich zu sehen, ließ mein Herz verrückt spielen. Sie drehte sich zu mir und unsere Blicke kreuzten sich. Diese unendliche Freude in ihren Augen zu sehen, war atemberaubend. Kurz darauf fiel sie mir um den Hals und lachte ihr wunderschönes herzliches Lachen, dass ich seit ich sie kannte, zu lieben begann. Ich schlang meine Arme um sie und hielt sie fest. Sie löste sich von mir, ergriff meine Hand und zog mich mit einem Lachen durch den Garten. So zeigte ich ihr alles von München, was es zu sehen gab. Wir machten danach Halt am Marienplatz, wo wir die Kirche sahen und gingen dann weiter zur Eisbachwelle, wo schon ein paar Jungs und Mädels waren. Am Schloss Nymphenburg und der Bavaria Statue liefen wir nur vorbei und endeten dann bei der Allianz Arena. "Ich hab Hunger, Winnie", lachte sie, als wir gerade die Arena verließen. "Ja, ja gut, ich auch, dann lass uns jetzt das Picknick machen." "Wo wollen wir denn picknicken?", fragte sie mich neugierig.

Was machst du nur mit mir? - WW FF Where stories live. Discover now