You'll See Something Amazing

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Heiligabend mit Akashi und Akio. Das wäre meine eigene Auffassung eines schönen Abends gewesen aber nicht in dieser trübseligen und erdrückenden Form, die mich innerlich runter zog. Nachdem Akashi jedoch einen wärmenden Tee trank, schien er weniger angespannt. Das erste Wort, was er am Esstisch abließ war eine nicht notwendige Entschuldigung. Das ist das zweite Mal, dass Akashi je ein Fünkchen seiner negativen Emotionen zeigte, wie an dem einen Freitag, und wenn er es tat, wirkte er gefrustet und sauer darüber. Er ist eine Person, die stets gefasst und auch irgendwo selbstbewusst erscheinen will. Das ist mir früh erkenntlich geworden. Eiji und Akio sind zwar verfeindet aber mein Ziehvater ist nicht fies oder kaltherzig, wenn es darum geht, Menschen in einer Notlage zu unterstützen. Und wie es aussieht, ist etwas Gewaltiges vorgefallen.

„Ich mache dir das Zimmer schon mal fertig, okay?" Akio warf seine rote Trainingsjacke auf das dunkelgraue Sofa und ging stumm aus dem Wohnzimmer. Sogar er schien niedergedrückt darüber, dass es Akashi nicht gut ging. Vermutlich weiß er über die Situation Bescheid.
„Entschuldige. Das muss für dich unangenehm sein", sagte Akashi unerwartet und setzte sich zögernd zu mir auf den leeren Platz.
„Nein, ganz und gar nicht. Es freut mich, dich zu sehen." Verflixt, war das zu viel? Ich guckte verschämt auf die Graslilien auf dem Kotatsu und ohrfeigte mich selber. Das war daneben, oder? In dieser Situation.
„Mich freut es auch", antwortete er und ließ damit meine Sorgen sofort wegblasen. Er auch?
„Ist es okay, wenn du mir für einen Moment zuhörst? Du musst nichts dazu sagen, wenn du nicht willst" fragte er schon ein Bisschen verlegen. Ich zögerte nicht lange und nickte.
„Natürlich." Das ist das Mindeste.

„Mein...Vater ist eine sehr lange Zeit im Krankenhaus gewesen." Er nahm das Adler Plüschtier, das neben mir auf dem Sofa lag in die Hand und strich nachdenklich über das Fell „...er war ein strenger Vater und ihn zu widersetzen war ein Tabu. Ich stellte seine Herangehensweisen nie in Frage", ergänzte er. Das war also der Grund für seinen langen Aufenthalt im Krankenhaus. Es ging um seinen Vater. Ich schwieg und ließ Akashi weiter reden. Ich weiß durch Akio, dass seine Mutter früh verstarb.
„Im Nachhinein ist mir erst verständlich geworden, wie absurd seine Methoden der Erziehung waren und wären Tetsuya und die anderen Jungs nicht für mich da gewesen, wäre dieser lächerliche Kreislauf weiter gegangen." Richtig. Kuroko und Akashi teilen eine sonderbare Beziehung. Das wurde mir ab der ersten Sekunde an deutlich. Er strahlt mit Kuroko eine unbeschwerte Aura aus. Der Winter Cup schien wohl eine massive Stütze für ihn gewesen zu sein. Es war aber auch ausgesprochen wichtig, dass er sich überhaupt in seinem Kopf eingestand, dass sein Vater nicht fehlerlos war. Vielleicht sogar abweisend oder grob. ...oder unmenschlich. Nicht, wie ein Elternteil sein sollte.
„Ich weiß nicht, ob ich traurig oder froh darüber sein soll, dass er nicht mehr da ist." Er ist nicht mehr da. Ich verstehe Akashi. Irgendwo. Die Gedanken, dass es die Pflicht eines Kindes ist, seine Eltern zu lieben, weil diese eben Familie sind, egal was ist. Doch Akio öffnete mir die Augen. Es ist nicht das gleiche Blut, dass in uns fließt aber er ist mehr Vater gewesen, als es mein leiblicher Vater in meinen ersten sechs Jahren je war. Akio ist mein Vater, nicht die fremden Menschen in Kyoto, die die letzten siebzehn Jahre meines Lebens nicht ein einziges Mal für mich da waren. Nicht mal für Nao, nicht mal nach seinem grausamen Tod. So wie Akashi's Vater vermutlich seelisch nicht für ihn anwesend war. Daher sind seine chaotischen Gefühle normal, völlig normal.

„Dein Herz sagt dir, wer deine Familie ist..." Ich war nicht gut mit Worten oder die richtige Person für diese Unterhaltung oder eine gute Ratgeberin aber eine Zuhörerin „...und dass du vielleicht Ruhe darin suchst oder empfindest, ist nachvollziehbar. Es ist nicht falsch, so zu denken." Ich als Dritte darf nicht darüber urteilen. Mir ist es nur möglich, ihm das Mitgefühl mitzugeben. Dass es nicht teuflisch ist, dass er nicht teuflisch ist. Immerhin weiß nur Akashi selbst, wie er tief im Inneren zu seinem Vater stand und wie das Verhältnis war. Doch ein Fakt ist schlüssig: Es ist die Pflicht der Eltern, für sein Kind da zu sein. Nicht nur da sein, seelisch, mental da sein. Nicht nur ein Dach über den Kopf, Mahlzeiten, ein Bett, sondern Liebe.

„Deine Beziehung zu Yamaguchi ist in der Tat beneidenswert ", flüsterte er und richtete den Blick in meine Augen. ...und in seinen tiefroten Augen war etwas Wehleidiges zu erkennen.
„Akio ist auch immer für dich da. Und Eiji auch." ...und das ist nicht nur ein leeres Versprechen, sondern die Wahrheit.
„Vielleicht sind wir uns doch nicht so ähnlich, wie zuerst vermutet." Akashi legte das Kuscheltier vorsichtig auf meinen Schoß zurück „...dein Herz ist eindeutig größer, als meins, Nana", fügte er hinzu.
„Das ist...nicht wahr." Doch der Rothaarige führte stumm seine Hand auf meine Wange. Eine Weile verging und die Hitze führte seinen Weg erneut in mein Gesicht. Eine Gänsehaut erfasste meinen Körper und es war wirklich unsinnig, dass immer noch Akashi Derjenige war, der mich in dieser Situation aufmunterte, obwohl es eher anders sein sollte.


*


Akio tat alles, was in seiner Macht stand, um Akashi diesen Tag gedankenlos wie möglich zu gestalten. Nicht auf einer zwingenden Art, eher mit seiner altgewohnten Persönlichkeit. Er schaffte es sogar mit Akashi's Hilfe ein essbares Mahl aufzutischen, das mich nicht innerlich vergiftete oder mir die Zunge wegätzte. Überraschenderweise war er ein guter Koch und meine Auffassung nahm mit, dass er sich in unserem Haus wohl fühlte. Ihm das Gefühl zu geben, dass er willkommen ist, war auch für Akio wichtig. ...ob er seinen Vater verabscheute oder nicht, tat nicht zur Sache. Es ist unabhängig davon ein Verlust, der ihm schwer zusetzte. Und jede seiner Gefühle sind gerechtfertigt.

„Hier Seijuurou. Die Klamotten sollten dir passen", reichte Akio Akashi familiäre Schlafkleidung entgegen. Das sind Nao's Sachen. Ich weiß, dass Akio im Gästezimmer viele Dinge von Nao verstaute. Von Kleidung, Nao's alten Trikots, zu den Dingen wie unser roter Teeservice in der Küche oder sein Schmuck wie die Ketten und Ringe, die er gerne trug. Nicht, dass es schlecht wäre. Akio ist um einiges größer als Akashi.

„Übrigens, Nana. Es wird langsam wirklich an der Zeit...", fing der Blonde an in Rätseln zu reden und meine Aufmerksamkeit war auf ihn gerichtet. Ich guckte ihn fragend an und auch Akashi richtete den Blick verwirrt in Akio's graue Augen, der verdächtig mit einer Hand am Rücken auf mich starrte. Er versteckte einen Gegenstand, auffälliger geht es nicht.
„Deine Haare reichen dir schon zur Hüfte und sie jeden Tag zu frisieren wird umständlich, also..." Er zückte eine Schere und fuchtelte damit gefährlich in der Hand herum.
„Warte..." Ich legte schützend das weiße Kissen vor mein Gesicht „...es ist Heiligabend und..."
„Nein! Deine Ausreden zählen nicht mehr", fiel er mir sauer ins Wort und machte einen gefährlichen Schritt auf mich zu. Bis jedoch Akashi mir das Leben rettete, in dem er leicht die Hand in die Luft streckte.
„Ich weiß, wie man Haare schneidet", meinte er sicher und stand vom Sofa auf. Akashi nahm die Schere von Akio aus der Hand und fragte nach einen Kamm. Ich zögerte innerlich aber mir ist Akashi lieber, als ein Akio, der nicht sonderlich geschickt mit den Händen ist. Sein Können im Basketball ist eine andere Sache aber das Kochen, Haare schneiden oder Nähen waren nicht seine Stärken.
„Nana...du..." Akio ließ geschlagen die Schultern sacken „du vertraust Seijuurou mehr, als mir?" Oh Gott. Die Mitleidstour. ...und wenn Akio schmollte wie ein Kleinkind, würde er den ganzen Tag nachtragend in einer Ecke sitzen und mich ignorieren. Ich frage mich, wer das Kind in dieser Familie ist.

Nichtsdestotrotz griff er mir unter die Arme, um mich auf den Parkettboden in der angrenzenden offenen Küche zu navigieren, denn das große Sofa und der Kotatsu lagen unter den weichen Tatami Matten und die einzelnen Haare aus dem Gewebe zu entfernen wäre mühselig. Nachdem Akashi seine Utensilien startklar machte und mein Gesäß gemütlich auf einem weichen Kissen saß, ging es los.
„Wenn es ungemütlich wird, sag Bescheid und wir machen eine Pause, okay?", sagte er lieb und fing an durch meine Haare streichen. Ich wäre nahezu nach links gekippt nach der abrupten Berührung, denn es war nicht der schwarze Kamm, den er zunächst nutzte, sondern seine warmen Finger. Ich schluckte schwer und versuchte meine Aufregung nicht zu zeigen, auch nachdem er ungewollt über meine Haut strich, über meine Ohren, Wange, meinen Hals und es machte mich zapplig. Nana, sitz gerade. Verflixt, das ist fordernder, als gedacht. Mir wurde warm, schwindelig und mein Herz drohte in einer Explosion abzutreten. Sein milder Duft erreichte mich und er scheute sich nicht, mir unglaublich Nahe zu treten. Ist es möglich, das zu überleben? Ich war unglaublich nervös. Warum? Es ist nur das Haare schneiden. Ich drillte meine Finger in meine graue Schlafhose und diesmal mussten meine tauben Oberschenkel daran glauben aber in diesem Moment war es von Vorteil, nichts zu fühlen.
„Möchtest du einen Schnitt oder...?" Ich zuckte auf und schüttelte fieberhaft den Kopf.
„Kürzen r-reicht aus." Jetzt stotterst du noch, Nana. Peinlich. Das wird anstrengend.

Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, als Akashi fertig war. Ich fühlte mich leichter, freier, meine Mähne schien nicht mehr allzu wirr und nachdem er mir stolz das Ergebnis zeigte, war ich ziemlich überwältigt von seinem versteckten Talent.
„Woher weißt du, wie man so gut Haare schneidet?" Ich strich mir durch die einzelnen Strähnen und guckte mich im Handspiegel an. Das ist unglaublich. Ich sehe nicht mehr so abscheulich aus wie im Krankenhaus. Ich aß mehr, meine Statur war gesünder, mein Gesicht frischer und jetzt sehen meine honigblonden Haare um einiges ansehnlicher aus. Ich glich nicht mehr einer Leiche.
„Meine Mutter war Friseurin und ihre Kunden waren manchmal in unserem Haus", erklärte Akashi Oh. Das macht Sinn.
„Danke für deine Hilfe."
„Bist du zufrieden?" Ich nickte auf seine Frage. Ich war mehr als zufrieden. Keine andere Person, außer Kyoko vielleicht, wäre geeigneter für den Job gewesen.

Das unscheinbare Brummen von Akio ertönte und unsere Augen richteten sich irritiert zur Wohnlandschaft. Er lag mit einem relativ grimmigen Ausdruck auf dem Bauch und starrte uns tonlos an, Hände gekränkt unters Kinn gelegt. Er schmollt immer noch. Und das war das erste Mal an diesem Abend, dass Akashi ein leises Schmunzeln abließ. Endlich. Ihm ging es eindeutig besser und mir gleichzeitig auch. Ihn wieder einigermaßen munter zu sehen machte mich froh.

„Können wir noch ein Stück Kuchen essen?" Ich versuchte Akio aus seinen trotzenden Zustand zu ziehen. Mit Kuchen macht man nichts falsch und Akio liebte den Erdbeerkuchen an Heiligabend.
„Ich frage mich jedes Mal, von wem du diese teuflischen Methoden und diesen süßen Hundeblick gelernt hast...", seufzte er und gab sich geschlagen.
„Ich glaube...von dir...", war meine einfache Antwort. Für einen Moment sah der Blonde mich fassungslos an, als würde die Welt untergehen und erneut zeichnete sich auf Akashi's Gesicht ein Lächeln ab. Die Mission war erfolgreich.


*


Der nächste Morgen verlief ohne Probleme. Wir frühstückten, Akio machte eine Einkaufsliste für den ersten Weihnachtstag fertig und nachdem Akashi gegen Mittag einen stressigen Anruf entgegen nahm, musste er wieder zurück nach Hause. Akio machte das Angebot, dass er Eiji in Kenntnis setzen würde, sodass er an Weihnachten nicht zurück gehen müsste aber er lehnte dankend ab, was verständlich ist. Die Trauerfeier seines Vaters ist zur Zeit wichtiger. Er wird wohl wieder nach Kyoto zurück fliegen, was mich etwas deprimierte. Ich schätze, wir sehen uns erst wieder, wenn wir nach Fukuoka fahren.

„Danke, Yamaguchi", sagte Akashi plötzlich, nachdem er fertig mit dem Schuhe anziehen war. In diesen wenigen Stunden zeigte mir Akashi viele Gesichter. Gesichter der Trauer, Gesichter der Freude. Ein Einblick in seine wahren Emotionen. ...und dass er das tat, machte mich glücklich. Sogar, als er verloren und zerrissen wirkte, denn es muss auch für ihn von Bedeutung sein, all die aufstockenden Gefühle rauszulassen. Dass er in diesem Haus einen geeigneten Ort dafür fand, freute mich.
„...und natürlich Danke dir, Nana", tätschelte er meinen Kopf.
„Wirf mir eine Nachricht zu, wenn du in Kyoto landest und fühl dich wegen Fukuoka nicht verpflichtet", meinte Akio. Doch Akashi lächelte und meinte, dass er dabei sein wird. Dann ging er winkend aus der Tür. Ich seufzte auf. Hoffentlich geht es ihm etwas besser.

„Was ist los? Vermisst du ihn jetzt schon?" Ich guckte Akio schmollend von der Seite an.
„Wo seid ihr euch eigentlich über den Weg gelaufen?"
„Er war...auf dem Basketball Feld im Shinjuku Park", erklärte er. Wie? Im Shinjuku Park? Dort, wo wir uns jeden Tag Freitag treffen? Hat er insgeheim auf so ein Aufeinandertreffen gehofft?
„Seijuurou wird nach Tokio ziehen und mit seiner Großmutter wohnen", meinte Akio stranglos. Moment, Tokio? Zuerst war es Panik, was in mir nach oben stieg aber anschließend Erleichterung. Die Basketball Welt schmeißt Akashi vermutlich von allen Seiten Verträge und Anfragen entgegen. Dazu ist Eiji mit vielen Scouts und der japanischen Nationalmannschaft vernetzt. Es ist schließlich das letzte Jahr in Rakuzan. Doch was ist das Ziel von Akashi? Die unantastbare NBA? Die japanische Nationalmannschaft? Eine Karriere in der B-League? Ein einfaches Team? Es stehen einige Türen offen aber die erste Tür, durch die er gehen muss, steht gerade vor ihm.
„Keine Sorge, dieser Junge ist zäh. Der schafft das", redete Akio weiter und las somit meine Gedanken.

„Komm. Wir gehen einkaufen. Ich mache das Essen", legte er die Hand auf meinen Schiebegriff und führte mich wieder zurück in das Wohnzimmer.
„K-Kochen? Du? Können wir nicht wie jedes Jahr das eine Weihnachtsmenü vom Fast Food Restaurant essen?" Da Akashi nicht mehr anwesend ist, wird er mir definitiv den Magen verderben. Ich sehe mich jetzt schon mit unerträglichen Bauchschmerzen im Bett.


*


Es war an der Zeit. Die mühsame Entscheidung, welche Schule es für mich in Zukunft sein soll. Es gab im Januar einige Unterhaltungen mit Ärzten, meine monatliche Kontrolle in der Reha und natürlich von allen Seiten der Gesundheitsstellen, wie es für mich weiter gehen soll. Ich war startfertig, etwas motiviert? Das letzte Jahr muss wiederholt werden. Eine andere Möglichkeit gab es nicht und auch mir selber war es wichtig, meinen Abschluss zu machen. Mit Rollstuhl, mit einer Behinderung. Im Endeffekt wird es das geringste Problem sein. Meine Angst, gegenüber fremden Menschen zu treten, wird mir eindeutig schwerer fallen. Ich weiß auch nicht, wo mein verworrener Weg mich führen wird. Doch das Mindeste ist es, die Oberschule abzuschließen, alles andere kommt danach. Wenigstens das müsste dieser Körper schaffen.

„Es ist okay, wenn du dir noch ein Jahr Zeit nimmst. Es ist auch okay, wenn du dir mehrere Jahre Zeit nimmst", sagte Akio besorgt, während wir durch die verschiedenen Angebote der Schulen gingen, die uns mitgegeben worden sind.
„Es ist in Ordnung. Ich möchte nicht noch mehr Zeit verschwenden." Ich starrte grüblerisch auf die Blätter auf dem Kotatsutisch. Ich möchte auf eine normale Schule. Keine Förderschule, sondern eine inklusive Schule. Zwar würde es mir gut tun, nur unter Gleichgesinnten zu sein aber es ist mir ebenso wichtig, mich seelisch auf die Zukunft vorzubereiten. Daher muss es ein Angriff auf zwei Seiten sein.
„Nana. Deine Gesundheit steht an oberster Stelle. Das ist nicht im Geringsten eine Zeitverschwendung." Akio legte den Zeigefinger unter mein Kinn und richtete meinen fokussierten Blick in seine sorgenvollen Augen.
„Du machst nur das, was du auch wirklich willst, versprochen?"
„Versprochen." Ich weiß, dass es nicht leicht wird oder ein einfaches Zuckerschlecken. Es wird fordernd, grausam und anstrengend. Unter Menschen zu sein ist immer noch überwältigend aber solange Akio da war, wird es mir gut gehen.

„Was ist mit Ebisu? Der Bruder von Shibuya's Trainer arbeitet dort als Lehrer und es ist gleich um die Ecke." Ebisu? Er wühlte durch die Papiere und reichte mir den Flyer „guck es dir in Ruhe an, ja?", fuhr er fort. Ich nehme es Akio nicht übel, dass er in meiner Nähe sein möchte. Ebisu ist mittig, etwas entfernt von Samezu aber ein Katzensprung von unserem Haus. Ich möchte ihm nicht unnötige Sorgen bereiten. Schließlich wird er weiterhin als Trainer arbeiten und schafft es nicht, ständig auf mich aufzupassen. Eine Pflegekraft ist nicht nötig, da unsere Zeiten perfekt abgestimmt sind und zugegebenermaßen ist meine Sicherheit im Rollstuhl einwandfrei. Unser Haus ist barrierefrei, liegt nicht auf vielen offenen Straßen und ist relativ abgeschirmt. Ebenso ist unsere Beziehung zu den Nachbarn traut und in Notfällen wären sie für mich da, sowie Tora oder Ryouta und Kyoko.

„Maus! Was möchtest du in Fukuoka machen?" Akio schob die Zettel zur Seite „lass uns etwas mit der Planung abschalten." Den Urlaub zu genießen steht an erster Stelle. Unterm Strich wird sich so eine Möglichkeit nie wieder ergeben.
„Können wir zur Parkanlage in Higashi gehen?" Dort verbrachten wir fast jedes Wochenende unter den farbenfrohen Bäumen.
„Natürlich."
„Ah! ...und der Ohori Park und zum Amu Plaza auch! Ramen Stadium darf nicht fehlen, Shin-chan und Takao werden die Ramen sicherlich lieben und–"
„Moment! Immer mit der Ruhe!", lachte er auf und suchte nach einem Stift und einem leeren Blatt.

„Du machst mich wirklich stolz, Nana", sagte Akio ohne Vorwarnung und ohne von seinem Zettel zu gucken „Ich würde alles dafür tun, dass es dir weiterhin so gut geht." Mir geht es gut, ja. ...und das ist nicht einer meiner sogenannten Lügen der Not oder das Lügen gegenüber mir selber, sondern meine wahren, unverfälschten Gefühle des Glücklichseins. Ich war unter Menschen, die mir gut taten, mein liebevoller Vater, der mir die Welt vor die Füße legen würde, eine noch ziellose Zukunft aber mit einem Fünkchen Anreiz, das zu ändern. Der Basketball ist zwar nicht mehr in meiner eigenen Welt fixiert, nur als versteckte Belanglosigkeit, die mir manchmal mehr weh tat, als es sollte aber wie erwähnt, muss sich etwas ändern, damit es besser wird. Es muss. Ich war vielleicht nicht jede Sekunde meines Lebens fröhlich aber mir blieb nichts anderes übrig, weiterzumachen.
„Nur mit deiner Hilfe."
„Das stimmt nicht, du bist stärker, als du glaubst." Ist es wirklich so?


*


Sachen sind sorgfältig gepackt, der Bus nach Fukuoka wird in exakt einer Stunde los fahren und Akio lief ein letztes Mal stürmisch durch die ganze Wohnung, ging sicher, dass alles an seinem gewohnten Platz stand, sauber und abgeriegelt war. Wenn Mikan auch nur eine Lücke entdeckt, wird nicht nur das Sofa dran glauben, sondern auch all die Blumen, Sträucher und Pflanzen im Garten, für die Akio die letzten Wochen arbeitete. Ich seufzte auf und guckte meinem aufgelösten Vater entsetzt zu. Der Frühling ist in all seiner Intensität da, das Wetter sonnig und der perfekte Tag für Fukuoka. Neun Stunden Fahrt. Das wird ziemlich strapaziös und aufregend. In welchem Ausmaß, zeigt sich in den nächsten Tagen.

Tomorrow Is Another DayWhere stories live. Discover now