Süße Siebzehn - 01 - Träume

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So richtig kann ich es noch nicht begreifen. Während ich in das schicke Kleid für meine Graduation-Feier steige, schüttele ich schmunzelnd den Kopf. Nie wieder Schule? Das fühlt sich so unwirklich an. Mein Blick fällt in den schnörkeligen Spiegel auf meiner kleinen Frisierkommode. Ich bin größer als die durchschnittliche Koreanerin, denn meine deutsche Mutter war auch nicht ganz klein. Die zierliche Figur, die dunklen Haare, den warmen Teint und die leicht asiatisch angehauchten Augen habe ich von Papa, der Koreaner war. Meine Eltern sind bei einem Unfall ums Leben gekommen, als ich nicht mal vier Jahre alt war. Seitdem habe ich mit Onkel Harry in seiner barocken Villa in einem Luxusviertel am nördlichen Stadtrand von Seoul gelebt. Erinnerungen an meine Eltern habe ich keine. Aber Harry hat mir die wunderbarste Kindheit und Jugend ermöglicht, die es geben kann. Das große alte Haus, der riesige verwunschene Garten, die phantasievollen Spiele und Geschichten, die bedingungslose Unterstützung und Liebe - all das lässt mich mit viel Rückenwind und Neugierde in mein Erwachsenenleben starten. Ich kann es kaum erwarten.

Onkel Harry hat einiges springen lassen, um mich an meinem großen Tag zu ehren und in Szene zu setzen. Meine Freundinnen werden mich beneiden um das organza-schwebende Kleid mit Spitzencorsage in einem geheimnisvoll undefinierbaren blaugrau. Dazu hat Onkel Harry mir den silbernen Verlobungsschmuck von Mama gegeben. Weiß schimmernde große und ganz kleine Perlen ringeln sich um meinen Hals. Der Verschluss ist aus blauen Saphiren, deren Glanz sich wiederholt in den kleinen Ohrsteckern - und in meinen glücklich leuchtenden Augen. Ich streiche mir eine Haarsträhne hinters Ohr und drehe mich mit wehendem Rock einmal im Kreis. Ich fühle mich so beschwingt und leicht. Und gesehen und unendlich geliebt.

Ein Klopfen holt mich zurück in die Gegenwart

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Ein Klopfen holt mich zurück in die Gegenwart.
"Nellischatz, bist du so weit? Wir sollten frühzeitig da sein, damit wir einen guten Platz bekommen."
Die Tür öffnet sich, und Onkel Harry steckt den Kopf herein.
"Ui! Und damit du genug Zeit hast, die Aula in deinen ganz persönlichen Laufsteg zu verwandeln. Du siehst wundervoll aus, Liebes."
"Ich bin fertig, Onkel Harry. Wir können los."
Aufgeregt greife ich nach meiner kleinen Clutch, hänge mich in Harrys dargebotenem Arm ein und mache mich mit ihm auf den Weg zur Abschlussfeier. An seiner Seite schwebe ich die große Treppe in die Halle hinunter und fühle mich dabei ein klitzekleines Bisschen wie eine Prinzessin.

 An seiner Seite schwebe ich die große Treppe in die Halle hinunter und fühle mich dabei ein klitzekleines Bisschen wie eine Prinzessin

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