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"Saskia!", hörte ich meinen Bruder laut rufen, während gleichzeitig meine Zimmertür aufgerissen wurde und er hinein stürmte. "Ich wünsche dir auch einen schönen guten Morgen, Bruderherz", lächelte ich, nachdem ich mein T-Shirt anzog. "Was hab ich da gehört?" "Ich weiß nicht, was hast du denn gehört?" "Tu nicht so, als wüsstest du nicht ganz genau, was ich meine!" Ich rollte mit den Augen. "Habe ich dir nicht gestern noch gesagt, du sollst dich von Chishiya fern halten, weil du ihm nicht vertrauen kannst?" "Ja", nickte ich. "Wie kommst du dann auf die Idee, mit ihm alleine zu einem Spiel zu gehen?" "Weil du außerdem gesagt hast, dass ich bei ihm sicher bin. Vielleicht solltest du dir das nächste Mal eher Gedanken darüber machen, was du sagst, bevor du dir selbst anfängst zu widersprechen." "Ich finde das nicht gut!", sagte er dann. "Gut, dass ich alt genug bin. Du bist zwar mein Bruder und ich liebe dich, aber du bist dennoch nicht mein Bestimmer."

Aguni wollte gerade etwas sagen, da klopfte es an der Tür und wir beide schauten gleichzeitig dort hin. "Ich wollte nicht stören", sagte Chishiya dann und ging einen Schritt zurück. Aguni warf mir noch einen bösen Blick zu, ging dann aber zur Tür. Kurz vor Chishiya blieb er nochmal stehen. "Sollte ihr nur ein Haar gekrümmt werden, dann bringe ich um", zischte er und lief anschließend an ihm vorbei. "Dein Bruder hat aber gute Laune", sagte Chishiya, während er weiter in mein Zimmer hinein kam. "Das kommt öfter vor. Das gute ist, dass er sich immer wieder abreagiert." "Dann bin ich ja beruhigt." "Bist du bereit für das Spiel?", fragte ich dann. "Deshalb bin ich hier. Ich hab uns einen Fahrer organisiert." Beeindruckt schaute ich ihn an. "Das hätte ich nicht erwartet." "Nun komm, bevor er ohne uns losfährt." Ich nickte, dann verließen wir gemeinsam mein Zimmer und bahnten uns den Weg zum Auto an.

Der Fahrer fuhr durch den ganzen Umkreis, bis wir letztendlich einen Spielort fanden. Gemeinsam stiegen wir aus und liefen zum Startpunkt. "Regel 1: Halte dich erst einmal zurück und beobachte die anderen unauffällig", flüsterte er leise. Kurz darauf nahmen wir uns beide ein Handy zur Hand und registrieren uns. Ich stellte mich also laut Chishiya's Worten an die Seite und beobachtete die anderen Teilnehmer unauffällig. "Das Spiel startet in 5 Minuten", sprach die Stimme und mich überkam eine Gänsehaut.

"Die Registrierung ist abgeschlossen. Die Spieleranzahl beträgt 17 Mitspieler. Das Spiel heißt: "Räuber und Gendarm", Schwierigkeitsgrad: Pik 8." Ich warf einen Blick zu Chishiya, welcher eine Augenbraue hochzog. Pik 8 war einer der Karten, die dem Beach noch fehlte. "Regeln: Überlebe die Angriffe der Räuber. Ziel des Spiels: Finde die 5 Schätze und lege sie in die dafür vorgesehene Kiste mitten im Raum. Sind alle 5 Gegenstände vereint, ist das Spiel gewonnen. Die Spielzeit beträgt 25 Minuten. Das Spiel beginnt."  Ich blickte mich in dem großen Raum um und entdeckte die Uhr, auf welcher die Zeit anfing runter zu laufen. Ich konnte zusätzlich die Kiste mitten im Raum und die einzelnen Türen an den Wänden sehen.

"Regel Nummer 2: Beobachte, was die anderen machen, bevor du selbst handelst", flüstert mir Chishiya ins Ohr und ich nickte. Gemeinsam standen wir dort, etwas abseits der anderen und beobachteten das Geschehen. Es dauerte einen Moment, bis die ersten Menschen sich im Raum bewegten, doch dann fing das Spiel langsam an. "Jetzt musst du gut aufpassen. Die ersten Minuten der anderen können Meist den Verlauf deines Spiels entscheiden", sprach er leise. Dabei war es gar nicht so einfach, alle anderen zu beobachten. Man konnte die Angst der einzelnen Menschen so intensiv spüren, dass es mir schwer fiel, mich zu konzentrieren.

Die ersten Menschen fingen an, die Türen zu öffnen und stellten fest, das manche entweder noch verschlossen waren, oder aber, dass sich tödliche Fallen im Raum befanden. "Wir müssen also besonders vorsichtig sein", sagte Chishiya. "Das sind die Fallen der Räuber", ergänzte ich. "Aktuelle Spielzeit: Noch 15 Minuten", sprach die Stimme. "Sollten wir nicht langsam anfangen, die Gegenstände zu suchen? Bisher wurde noch keiner gefunden", fragte ich langsam. "Nur mit der Ruhe. Die Gegenstände sind am Ende schnell gesammelt, wenn man den Raum mit all seinen Fallen gut kennt." "Deine Ruhe hätte ich gerne", antwortete ich. "Keine Sorge, wir kommen hier lebend raus", versicherte er mir.

"Ich hab einen Gegenstand gefunden!", rief eine Frau und streckte ihn in die Luft. Sie lief einen Schritt nach vorne und plötzlich wurde ein Schuss ausgelöst, der sich einmal durch ihren Kopf bahnte. Sie ließ den Gegenstand fallen und fiel tot um. In diesem Moment sah ich wieder den Mann aus meinem ersten Spiel vor mir. Er startete das Spiel mit Hoffnung auf den Sieg und verlor am Ende alles. Sein Kopf explodierte vor meinen Augen und sein Blut spritzte über all hin.

"Saskia?" Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter und schreckte auf, blickte nach hinten. Chishiya schaute mich verwirrt an. "Extra Regel: Sei mit deinen Gedanken immer im Hier & Jetzt, niemals wo anders. Deine Konzentration gehört dem Spiel", sagte er dann. "Es tut mir leid", entschuldigte ich mich und schaute zu Boden. "Der Mann dort vorne hat einen weiteren Gegenstand gefunden, welcher in der Kiste liegt. Den Gegenstand der Frau hat sich bisher keiner getraut zu holen und für die anderen Räume brauchen wir einen Schlüssel. Es sind noch knapp 10 Minuten. Wir suchen jetzt die anderen Gegenstände, aber pass auf die Fallen auf, okay?", sprach er und ich nickte. "Los geht's. Ich habe dich im Auge."

Ich steuerte auf den Gegenstand der Frau zu, lief aber langsam und Bedacht, damit sich der Schuss nicht bei mir auslöste. Dann entdeckte ich einen winzigen Knopf auf dem Boden und verstand schnell, dass die Frau, als sie einen Schritt nach vorne ging, den Schuss dadurch auslöste. "Achtung, hier auf dem Boden ist ein winziger Knopf, der den Schuss auslöste!", rief ich. Dann nahm ich den Gegenstand an mich, um ihn anschließend in die Kiste zu legen. Viele Leute starben bereits anhand der verschiedenen Fallen im Raum, so dass ich schon wusste, welche Wege ich lang laufen konnte und welche nicht. Leider waren von den 17 Spielern nur noch 6 am Leben.

"Ich gehe nochmal in den Raum, da war eine Nebentür", rief ich Chishiya zu und er nickte. Langsam lief ich in das Zimmer, in dem der Gegenstand der Frau war und näherte mich langsam der zweiten Tür. Ich öffnete sie seitlich, so, dass ich mich hinter ihr verstecken konnte, doch es passierte nichts. Dann warf ich einen Blick in den Nebenraum und sah einen weiteren Gegenstand auf einem Sockel stehen. Ich wollte gerade loslaufen, da hielt mich Chishiya auf. Fragend sah ich ihn an, doch er warf einfach ein altes Buch durch die Tür. Ich erschrak, als von der Decke Pfeile fielen, die mich gnadenlos geviertelt hätten. "Noch eine Regel: Türschwellen, die noch keiner vor dir betreten hat, erst absichern." "Danke", nickte ich und holte dann den Gegenstand.

Zwei weitere Gegenstände wurden von zwei weiteren Mitspielern gefunden, so dass wir bereits bei vier insgesamt waren. "Und jetzt? Wir haben nur noch 5 Minuten und alle Räume sind abgesucht!", sagte ein Mitspieler verzweifelt. "Alle außer einer", entgegnete ich. "Ja, aber dafür haben wir keinen Schlüssel gefunden", sprach eine weitere Mitspielerin. "Komm mit", sagte Chishiya und lief vor. Ohne nachzufragen, lief ich ihm hinterher, Richtung Wand. "Dort oben ist eine kleine Einbuchtung. Da wird bestimmt der Schlüssel für den letzten Raum drin sein. Wir machen eine Räuberleiter, du musst bis auf meine Schulter klettern." Ich nickte und machte dann das, was Chishiya mir sagte. Tatsächlich hatte er Recht und wir fanden dort den letzten Schlüssel.

Vorsichtig öffneten wir die letzte Tür, stellten sicher, dass dort keine Fallen auf uns warteten und dann lief ich zum Objekt. Grade nahm ich es in die Hand und wollte umkehren, da sah ich aus dem Augenwinkel, wie sich der Schrank im Raum öffnete. "Chishiya, fang!", schrie ich und warf ihm den Gegenstand zu, warf mich gleichzeitig auf den Boden und entkam so haarscharf den Schüssen des offensichtlich dargestellten Räubers. Als dieser merkte, dass ich den Gegenstand nicht mehr in meiner Hand hielt, wollte er den Raum verlassen, doch ich warf mich auf seinen Rücken und konnte ihn damit tatsächlich zum Schwanken bringen. Die Gunst der Sekunde nutzte ich, um mit aller Kraft das Gewehr aus seinen Händen zu treten, doch der Räuber schüttelte mich ab. "Das Spiel ist vorbei. Herzlichen Glückwunsch an die noch lebenden Spieler, ihr habt gewonnen", sprach die Stimme.

Magical Hearts » Chishiya || Alice in BorderlandDonde viven las historias. Descúbrelo ahora