Kapitel 2 - Sympathischer Bergtroll

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Der erste September kam schneller als ich es erwartet hatte und als sich die große Halle langsam mit Schülern füllte, war jegliche Ruhe die Hogwarts in den letzten zwei Monaten umhüllt hatte verschwunden. Lautes Geplapper und Gelächter erfüllte nun diese altehrwürdigen Mauern.

Ich beobachtete eine Weile wie die einzelnen Haustische immer voller wurden und Severus, der wie immer rechts neben mir saß, wandte sich mit leicht gequälter Stimme zu mir

„Sieh sie dir an, wie Lämmer zur Schlachtbank. Vorallem wenn man an den diesjährigen Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste denkt."

Severus ließ ein trockenes hüsteln vernehmen und ich nickte zustimmend. Ich wollte gerade antworten als mich eine Stimme links hinter mir zusammenfahren ließ.

„Ist dieser Platz noch frei?"

Ich blickte auf und neben mir stand, Gilderoy Lockhart gehüllt in einen opulenten Umhang in verschiedenen Goldtönen. Hier will wohl jemand Eindruck schinden, dachte ich während ich zu ihm hinaufblickte.

„Aber sicher doch." antwortete ich mit einem leicht künstlichen Lächeln und Severus neben mir sah aus als ob er sich gleich übergeben würde.

„Wunderbar." erwiderte Lockhart und ließ sich mit einem zähneblitzenden Lächeln auf den Stuhl neben mir sinken.
Beschwingt wandte er sich mir zu: „Schön, dass wir uns wiedersehen." und sagte dann zu sämtlichen Lehrern an unserem Tisch „Ich bin Gilderoy Lockhart, aber mein Ruf eilt mir ja bereits voraus."
Er grinste noch breiter, blies sich eine seiner blonden Wellen aus dem Gesicht und sah erwartungsvoll in die Runde. Niemand reagierte.

Ich beschloss mir einen kleinen Spaß zu erlauben.
Mit einem leicht verwirrten Blick antwortete ich: „Ruf? Nein, tut mir Leid...ähm...Gabriel? Richtig? Tut mir leid, ich merke mir Namen so schlecht."

Severus neben mir prustete in seinen Kelch und wollte gerade etwas sagen, als Argus Filch ihm etwas ins Ohr flüsterte worauf hin sich sein Blick verfinsterte und er ihm aus der Großen Halle folgte.

Ich jedoch sah Gilderoy Lockhart unverhohlen an und lächelte süßlich.

„Mein Name ist Gilderoy. Wir...wir haben uns doch vor ein paar Wochen in der Winkelgasse getroffen. Außerdem fällt es mir schwer zu glauben, dass du keines meiner Bücher kennst? Trips mit Trollen? Abstecher mit Vampiren? Auch nicht meine Autobiographie Zaubrisches Ich? Du musst doch eines davon gelesen haben?" er versuchte noch etwas breiter zu lächeln sah aber leicht fassungslos aus.

„Oh Gilderoy...richtig." erwiderte ich schulterzuckend und nahm einen kräftigen Schluck Kürbissaft.

Aus dem Augenwinkel konnte ich förmlich die Rädchen in Lockharts Gehirn rattern sehen. Wie er versuchte sich einen Reim auf meine völlige Unwissenheit zu machen.

Ich prustete in meinen Kelch „ Ich mache nur Spaß, keine Angst ich leide nicht unter Gedächtnisschwund. Aber nein, ich habe wirklich keines deiner Bücher gelesen. Ich bin nicht so der Fan von Märchen."

„Sehr witzig." Gilderoy atmete erleichtert aus, aber er wirkte immer noch verwundert, dass es offenbar eine Hexe auf dieser Welt gab die kein Fan seiner Bücher war.

Während der sprechende Hut die neuen Schüler in ihre Häuser einteilte, blickte ich stur gerade aus um jegliche Konversation zu vermeiden. Das klappte auch ganz gut, bis der Nachtisch kam und sich der Teller mit meiner Leibspeise, Vanillecreme Torte, genau links vor Gilderoy Lockhart und außerhalb meiner Reichweite befand.

Ich räusperte mich und sagte betont freundlich: „Wärst du wohl so nett mir ein Stück von der Torte zu reichen?" Gilderoy leicht überrascht, so plötzlich von mir angesprochen zu werden, drehte sich zu mir und sah in mein erwartungsvolles Gesicht. Dabei trafen sich unsere Blicke, seine Augen waren schon verdammt blau, das war mir bereits bei unserer ersten Begegnung im Tropfenden Kessel aufgefallen. Nicht dieses kalte eisblau der Dumbledores. Und plötzlich konnte ich verstehen warum Hexen und Zauberer reihenweise für ihn schwärmten. Er sah einfach mehr als gut aus.

„Die Torte, da links. Sie ist mein Lieblings Dessert." setzte ich erneut an und merkte, dass sein Blick verdächtig lang auf mir ruhte. Ich gestikulierte mit meinem Teller. „Hallo? Gilderoy?" Was war nur los mit ihm?

„Torte..oh ja Torte. Natürlich,gerne." er zuckte leicht, als ob ich ihn aus einem Traum gerissen hätte. Nach ein paar Sekunden hatte er sich jedoch wieder gefasst und hatte sein übliches Lächeln aufgesetzt. Gilderoy türmte mir das größte Stück Torte auf das ich je gesehen hatte und stellte den Teller vor mir ab.

„Oh wow, danke. Die Ganze hatte wohl keinen Platz?" lachte ich und musterte den Berg Creme vor mir.

„Du sagtest doch es ist dein Lieblings Dessert." antwortete Gilderoy und hielt sich gespielt entsetzt die Hand vor die Brust.

„Ja schon, trotzdem reicht das locker für Zwei und als ich das letzte mal in den Spiegel geschaut habe, war ich nur eine Person." erwiderte ich grinsend und balancierte ein Stück Kuchen auf meiner Gabel.

Ein breites Lächeln erschien nun auf Gilderoys Gesicht und er beugte sich zu mir „Für Zwei sagst du? Dann macht es dir sicher nichts aus wenn wir uns den Nachtisch teilen? Wäre doch Verschwendung, wenn du nicht alles schaffst." und mit einer blitzschnellen Bewegung stahl er sich auch schon ein Stück Torte von meinem Teller ohne den Blick von mir zu wenden.

Ich rollte mit den Augen, noch plumper konnte man nicht sein oder? Der Kerl machte mich jetzt schon wahnsinnig.

Zwanghaft lächelnd, schob ich den Teller zwischen uns und genehmigte mir noch eine Gabel.

„Und freust du dich schon auf deinen ersten Arbeitstag morgen?" versuchte ich eine Konversation zu betreiben.
Wo war nur Severus abgeblieben? Hat er mich doch tatsächlich mit dem goldgelockten Grinsekater allein gelassen. Dabei bräuchte ich gerade jetzt seinen Sarkasmus.

„Ja ich denke ich werde mich sehr gut schlagen. Ich habe einiges geplant, dass ich unseren jungen Schützlingen beibringen kann." sinnierte hingegen Gilderoy und sah mich charmant lächelnd an.

Aus meinen Gedanken gerissen, legte ich meinen Kopf schief und erwiderte: „Das hört sich doch gut an. Ich muss gestehen, ich hatte so meine Bedenken als mein Großvater dich eingestellt hat. Aber wer bin ich schon jemanden zu beurteilen, den ich noch nicht kenne."

„Sehr lobenswert von dir." er lächelte mich sanft an. „Übrigens ich habe keine Sehnenscheidenentzündung bekommen."

„Was?" ich sah ihn verwirrt an.

„Das hast du zu mir gesagt. Vor meiner Autogrammstunde. Siehst du alles heile." Gilderoy Lockhart streckte mir seine Hand entgegen und lächelte mich breit an.

Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen „Sieht ganz danach aus."

Der restliche Abend verging wie im Flug. Während wir uns das Dessert teilten berichtete mir Gilderoy ohne Pause von seinen ganzen Auszeichnungen. Ich hingegen gab ich ihm eine kleine Einführung in das Lehrer-Leben von Hogwarts.
Wie von meinem Großvater angeregt, erklärte ich ihm auch, dass meine Tür für Fragen und Hilfe jederzeit offen wäre.

Lockhart bedankte sich zwar, erklärte aber großspurig, dass er sich schon zurecht finden würde und eher keine Hilfe benötigte.
Ich nickte verstehend hatte jedoch das das Gefühl, dass er sie sehr wohl brauchen würde.

Als ich zu Bett ging ließ ich das Festessen und mein Gespräch mit Gilderoy Revue passieren. Alles in allem war er so wie ich es bereits bei unserem ersten Aufeinandertreffen vermutet hatte. Trotzdem wollte mich ein Gedanke einfach nicht loslassen, so aufgeblasen und angeberisch er auch war, vielleicht war Gilderoy Lockhart doch sympathischer als ein Bergtroll.

Verdammt!

True Colors - Seelengebunden Où les histoires vivent. Découvrez maintenant