⋙𝐑𝐨𝐛𝐞𝐫𝐭⋘

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~Roberts Sicht

Der Wecker klingelt neben mir, doch ich bin bereits wach. Sofort fahre ich mit meiner Hand auf die linke Seite, doch Annalenas Bettseite ist noch immer eiskalt. Sie kommt also wirklich nicht wieder zu mir und unseren beiden Töchtern zurück. Ein leises Klopfen an der Schlafzimmer Tür lässt mich erschrocken zusammen zucken. Ich schließe für einen Moment die Augen, in der Hoffnung, dass ich meine roten Augen ein wenig unter Kontrolle bekomme.

„Papa...?", die ältere unser beiden Töchter, gerade mal 16 Jahre alt, steht im Türrahmen und schaut in das stockdunkle Schlafzimmer.

„Papa, ich weiß, dass du Mama vermisst, das tue ich auch, das tun wir alle... Aber bitte lass nicht noch zu, dass ich dich auch verliere... Ich schaffe es nicht, ohne euch beide zu leben" vorsichtig kommt Mathilda mit langsamen Schritten ins Innere des Schlafzimmers, sinkt neben mich aufs Bett, doch nicht auf die Seite ihrer Mutter, sondern auf meine.

Vorsichtig knipst sie das kleine Licht auf dem Nachttisch an, lehnt sich zurück und schaut mich dann an. Auch ihre Augen haben einen leichten roten Schimmer, doch was habe ich anderes erwartet.

„Wie lange sitzt du schon wach im Bett Papa?", schulterzuckend lege ich meine Hand an ihre Wange und streiche ihr die Haarsträhne hinters Ohr, sofort legt sich ein Lächeln auf mein Gesicht, Mathilda ist... Oder besser gesagt war, das Ebenbild ihrer Mutter.

„Du siehst aus wie sie...", hauche ich, über meine Wangen laufen ebenfalls langsam wieder die Tränen, die letzten Wochen habe ich kaum einen Tag verbracht, an welchem ich nicht geweint habe. Oder die Mädchen im Arm hatte und wir gemeinsam geweint hatten.

„Na komm, springe du schnell unter die Dusche, ich mache so lange mit Frida das Frühstück, dann essen wir was zusammen und machen uns dann fertig. Wir schaffen diesen Tag heute als Familie Papa, ich weiß, dass wir heute noch einige Achterbahnfahrten erleben werden, aber Papa... Solange wir drei beieinander sind, weiß ich, dass wir das schaffen werden" ich atme tief ein, schließe die Augen und erkenne, dass meine Tochter reicht hat.

„Ja... Ich bin dir so dankbar, eigentlich sollte ich für dich stark sein und nicht andersherum..." flüstere ich ihr entgegen, seufzend schüttelt sie den Kopf.
„Ich weiß Papa, doch auch du darfst mal schwach sein, gerade heute ist es mehr als verständlich, dass auch du nicht stark sein kannst. Das Verlangen weder Frida noch ich und auch sonst niemand..." dankbar hauche ich der sechzehnjährigen einen Kuss auf die Stirn. Lächelnd steht sie vom Bett auf, macht die Rollläden hoch und verlässt das Schlafzimmer.

•••

„Frida, hast du deine Taschentücher?" Die 12-Jährige schaut von ihrem Handy auf, nickt dann aber stumm und schaltet das Handy auf Flugmodus. Mathilda kommt gerade von oben runter, in einem schwarzen Kleid, schwarze Sneaker darauf und eine kleine Schwarze Handtasche in der Hand.

„So, dann können wir los", murmle ich, nehme mir den Autoschlüssel und öffne meinen Töchtern die Haustür. Frida schnappt sich eine dünne Jacke für den Fall, dass ihr in der Leichenhalle dann doch ein bisschen kalt wird, auch Mathilda nimmt sich eine der schwarzen Anzugjacken, welche Annalena dorthin gehangen hat. Noch immer steht in diesem Haus alles so, als würde Annalena jeden Moment durch die Haustür kommen, ihre Sachen in die Ecke werfen und zu uns ins Wohnzimmer flitzen, schnell blinzle ich meine aufkommenden Tränen weg.

Die beiden steigen ein, nachdem wir alle angeschnallt sind, starte ich den Motor und fahre aus der Hofeinfahrt.

•••

Am Friedhof angekommen, parken wir, dort steht schon Claudia und wartet auf uns. Neben Claudia auch Annalenas und meine Eltern, noch ein letztes Mal schaue ich zu den beiden Kindern nach hinten, ehe wir drei aussteigen und von den fünf begrüßt werden.

OneShot's (Annalena Baerbock) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt