Mercedes Pack {2/5}

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Georges Pov.

Angespannt saß ich neben meinem Ingenieur und versuchte mir seine Worte zu merken. Das fiel mir in letzter Zeit immer schwerer. Ich schaffte es kaum, mich zu konzentrieren, geschweige denn zuzuhören. Generell fühlte ich mich nicht gut. Immer wieder wurde ich in der letzten Zeit von Schwindelattacken heimgesucht und fühlte mich eigentlich dauerhaft schwach. Ich wusste, dass das mit der momentanen Situation zusammen hing. Seit fast zwei Wochen hatte ich keinen Kontakt mehr zu meinem Rudel gehabt und wie Jost es gesagt hatte, machte mir dies ziemlich zu schaffen. Ich war in den letzten Jahren nie länger als ein paar Tage vom Rudel entfernt gewesen und das immer freiwillig. Jetzt von ihnen getrennt zu sein, gezwungenermaßen und nicht zu wissen, inwieweit ich überhaupt noch Teil des Rudels war, machte mich fertig. ,,George?! Hörst du mir zu?" Abrupt fuhr ich hoch. ,,Ich...entschuldige." ,,Nicht schlimm. Wir fangen einfach nochmal von vorne an." Mit mehr Geduld als notwendig erklärte er mir noch einmal die Strategie, die wir für das Training hatten. ,,Danke." ,,Kein Problem. Vielleicht gehst du dich nochmal etwas ausruhen, du siehst echt nicht erholt aus." Zustimmend nickte ich, ging zurück in meinen Fahrerraum und kuschelte mich in das Nest, das ich dort gebaut hatte. Anders als sonst, vermittelte es mir jedoch kein beruhigendes Gefühl. Ich fühlte mich einsam und alleine gelassen. Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht in den Kissen, suchte verzweifelt nach etwas Rudelgeruch, doch der Geruch, der von einem meiner Rudelmitgliedern kommen könnte, war bereits verschwunden. Kein Wunder, wenn man bedachte, wie lange bereits niemand mehr bei mir war. Also tröstete ich mich mit Nickys Geruch, welcher dem eines Rudels am nächsten kam.

Das Training und Qualifying brachte ich irgendwie hinter mich. Wie ich das Rennen überstanden hatte, war jedoch ein Rätsel für mich. Zwar war der 16. Platz jetzt nicht wirklich gut, doch ich war froh, das Auto überhaupt irgendwie ins Ziel gebracht zu haben. Tatsächlich war das Rennen das einzige, währenddessen ich in den letzten zwei Wochen abschalten und mich auf etwas anderes konzentrieren konnte. Es hat gut getan, doch es hatte mich gleichzeitig auch noch mehr erschöpft. ,,Das war gut, George.", lobte mich Jost und klopfte mir auf die Schulter. ,,Es war ganz in Ordnung. Vielleicht können wir uns in den nächsten Rennen noch ein, zwei Plätze verbessern.", erwiderte ich. ,,Wir werden es versuchen. Mit der Hilfe von Nicky und dir bekommen wir es bestimmt hin. Jetzt geh dich erstmal frisch machen." Ich nickte kurz und verschwand im Inneren des Motorhomes. Nach einer kurzen Dusche zog ich mich schnell um und ging zur Nachbesprechung. Der Adrenalinspiegel hatte inzwischen jedoch soweit nachgelassen, dass ich mich kaum noch auf das Gesprochene konzentrieren konnte. Ich war einfach nur noch müde und erschöpft. Das schien auch bemerkt zu werden, denn die Besprechung fiel so kurz aus wie nie. ,,Okay, Leute. Machen wir Schluss für heute.", sagte Jost und entließ uns damit. Erleichtert sank ich auf den Stuhl zurück und schloss einen Moment meine Augen. ,,Geht es dir gut?", fragte Nicky leise und legte mir sanft eine Hand auf die Schulter. ,,Ich brauch nur einen Moment.", erwiderte ich leise. Ein letztes Mal atmete ich tief durch, bevor ich langsam aufstand. Leider schien mein Kreislauf dies jedoch immer noch nicht als willkommen anzusehen, denn kaum eine Sekunde später wurde mir schwarz vor Augen und meine Beine gaben unter mir nach. ,,George?!", rief Nicky panisch und ich spürte, wie er nach mir griff.

Das nächste, das ich daraufhin wahrnahm war, dass ich auf dem Boden des Besprechungsraumes lag, mein Kopf in Nicholas Schoß liegend und den Teamarzt, welcher neben mir kniete. ,,Wie fühlst du dich, George?", fragte der Beta sanft und griff nach meinem Handgelenk, um meinen Puls zu tasten. ,,Ich...weiß nicht so genau.", murmelte ich. ,,Ich bin müde. Und...mir ist etwas schwindelig." Er nickte kurz. ,,Du hattest einen leichten Kreislaufzusammenbruch. Nicky wird dich ins Hotel zurückbringen. Ruh dich aus und trink genug. Ich werde später nochmal nach dir schauen." ,,Okay." Ich ließ mir langsam von meinem Teamkollegen aufhelfen und stützte mich auf den Alpha. ,,Geht es?" ,,Mhm."

Ich drückte das Kissen fest an meine Brust, während ich die Decke über meinen Kopf gezogen hatte. Ich wusste nicht mehr, was ich denken sollte. Ich fühlte mich so leer und vermisste das Rudel so sehr. Ein Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. ,,Ja?" Langsam öffnete sich die Tür und Schritte näherten sich leise meinem Bett. ,,George, möchtest du mal unter der Decke vor kommen?", fragte unser Mannschaftsarzt. Vorsichtig zog ich die Decke von meinem Kopf und sah ihn an. ,,Wie geht es dir?" ,,Ein bisschen besser." ,,In Ordnung.", erwiderte er und holte ein Blutdruckmessgerät aus seiner Tasche. ,,Das sieht schon etwas besser aus.", sagte er schließlich. ,,Trotzdem solltest du dich noch ein bisschen ausruhen und ich möchte dich gerne nächste Woche genauer kontrollieren, um sicher zu sein, dass du fahrtauglich bist." ,,Aber..." ,,Das ist überhaupt nicht böse gemeint, George. Es ist nur so, und ich denke, du weißt es selbst, dass die Entfernung zu deinem Rudel deinem Körper zu schaffen macht. Solche kleinen Kreislaufprobleme sind die ersten Anzeichen." ,,Das...Das wird noch schlimmer?", fragte ich ängstlich. ,,Es kann sein, muss aber nicht. Du solltest versuchen mit Toto zu reden." ,,Ich habe es versucht, aber...die Mechaniker haben mich direkt weg geschickt.", erzählte ich leise, während mir Tränen in die Augen stiegen, als ich erneut an die Zurückweisung meines Rudels dachte. ,,Das tut mir leid. Wir bekommen das schon irgendwie hin. Komm einfach am Donnerstag zu mir und schauen wir mal wie es ist. Ich möchte ungern, dass so etwas plötzlich im Auto passiert." Daraufhin konnte ich nur zustimmend nicken, das wäre eine Katastrophe. ,,Okay. Danke." ,,Selbstverständlich. Jetzt schlaf noch ein bisschen." Damit verabschiedete er sich auch und ging wieder. Erneut war ich alleine. Meine Gedanken und Gefühle fuhren regelrecht Achterbahn. Ich wünschte mir nichts mehr, als einfach wieder zu Hause zu sein.

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