𝐄𝐑𝐈𝐍𝐍𝐄𝐑𝐔𝐍𝐆𝐄𝐍

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Eine leichte Brise weht an diesem Morgen und trägt den Geruch des Salzwassers über das weite Land.
Der Himmel ist mit hellgrauen Wolken verhangen, doch der Regen ist bereits vorüber, weshalb die Wiesen, die Felder und
der Strand friedlich im Morgenwind wehen.
Das Meer schwappt in sanften Wellen am Ufer vor und zurück und hinterlässt weiße Schaumkronen der Gischt im Sand zurück.
Der Wind streicht um mein Gesicht.
Meine Füße sinken leicht zwischen den unzähligen grauen Sandkörnern ein, bis ich sie mit jedem neuen Schritt wieder herausziehe.

Nachdem ich eine eine schmale Treppe, geschlagen aus den rötlichen Klippen zu meiner Linken hinaufgegangen bin,
spüre ich weiches Gras unter meinen Füßen.
Beim Anblick der vielen bunten Blumen, die an diesem kühlen Sommermorgen auf dieser Wiese blühen, huscht ein kleines Lächeln über meine Lippen. Besonders die gelben mag ich.
Sie mochte sie auch immer ab liebsten.
Ich gehe ein paar Schritte über die weite Wiese auf der Klippe, bis ein schmaler Sandweg weiter entlang des Klippenrandes führt.
Ein paar stille Minuten vergehen, in den man nur das Knirschen meiner im Sand einsinkender Füße und das Rauschen des Windes hört.

Dann bin ich da.
Ein grauer, ungepflegter Zaun ist rings um den Friedhof aufgestellt, der so aussieht, als wäre dort seit Jahren niemand mehr gewesen, obwohl dort so viele Gräber liegen.
Nur an der Klippe, am hinteren Ende, wo die vielen Blumen wachsen, sieht es ein bisschen schöner aus.
Ich steuere darauf zu und bin auch bald schon da.

Die zwei Grabsteine, die am äußersten Rand der Klippe nebeneinander stehen, liegen etwas abseits von den anderen.
Inzwischen wachsen unzählige Blumen um sie herum, vor allem Rosen haben sich um die Grabsteine geschlungen,
und sie leuchten gelb wie die Sonne.

Ich bleibe vor dem linken Grabstein stehen und setzte mich auf den Kiesboden.
Ich ziehe meine Beine an meinen Körper und schlinge meine Arme darum.
Einige Sekunden wirkt es hier beinahe schön, ja, beinahe schon friedlich.
Doch als ich die Inschrift auf dem grauen Grabstein vor mir lese, wirkt jedes Wort wie ein Schuss einer Waffe in mein Herz.

Hier ruht
Jinia Olgivy
Tochter von Librae und Nale Olgivy
Tribut der 73. Hungerspiele
Im Alter von dreizehn Jahren verstorben am 21. Juni in den 73. Hungerspielen

Ich seufze tief und schließe die Augen.
In den letzten Jahren war dieser Tag, der 21.Juni, immer so ein schöner gewesen. Willow und Jinia hatten Geburtstag.
Wir waren alle zusammen am Strand, Annie hatte einen Kuchen gebacken und meine beiden Töchter wurden gemeinsam ein Jahr älter.
Doch im letzten Jahr wurde dieser Tag der Todestag von Jinia.
Und genau heute ist das ein Jahr her.

Heute Abend gehen wir alle, also Jinias Freunde und Familie, noch einmal gemeinsam hier her.
Doch an diesem Morgen wollte ich einfach noch mal alleine dort hin. Ich bin froh, dass die anderen es akzeptiert haben.

Und wieder, wie so, so oft im letzten Jahr, stelle ich sie mir vor.
Dort sitzt sie, Jinia, mir gegenüber.
Wie sie es immer tut. Die Arme um die Beine geschlungen, mit einem neugierigen Blick, eine gelbe Rose im Haar.
Die braunen Locken wehen im Wind, ihre verschieden farbigen Augen leuchten hell, und sie lächelt mir zu.
Hinter ihr der schöne Sonnenaufgang und die gelben Rosen.

Doch so schön ist das Bild nicht.
Nach ein paar Minuten ist der Friedhof vom Sonnenlicht komplett durchflutet und man sieht die tiefe Narbe an Jinias Stirn, welche ihr in den Hungerspielen zugefügt wurde.
Und in ihrem Blick liegt auch etwas trauriges, auch, wenn sie mir zulächelt.

„Willow ist heute vierzehn geworden." erzähle ich und blicke Jinia in die Augen.
Ihr Lächeln wird breiter und schon beinahe kann sie mich damit anstecken, wie sie es früher immer konnte.
Wie sie es konnte, als sie noch am Leben war, und nicht nur eine Illusion in meinem Kopf.

Tribute von Panem | Stürmische SeeTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang