Kapitel 14

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Das Training mit Zeldris ging noch eine Weile, doch wir beschlossen, es schnell zu beenden, da womöglich schon die Sins nach mir suchten, die uns nicht zusammen sehen durften. „Bis zum nächsten Mal", verabschiedete sich Zeldris. Er will ein nächstes Mal? Ich ignorierte das warme Gefühl, das bei dem Gedanken in mir aufstieg. „Nächstes Mal?", fragte ich verwirrt. Er sah mich kalt an: „Wenn du nicht willst, können wir es auch sein lassen." Ich schüttelte sofort den Kopf, obwohl es wahrscheinlich vernünftiger gewesen wäre, wenn ich abgesagt hätte. „Nein, lass uns das wiederholen", beschloss ich. Nach meinen Worten begann Zeldris, leicht zu lächeln. „Aber wo wollen wir das machen? Ich ziehe mit den Sins immer weiter. Wir bleiben nie lange an einem Ort. Morgen schon reisen wir wieder von hier ab", gab ich zu bedenken. „Keine Sorge", ein gefährliches Lächeln stahl sich auf Zeldris' Lippen und mir wurde gleichzeitig heiß und kalt. „Ich finde dich überall."

Vorsichtig schlich ich durch den Wald, um zum Gasthaus zurückzukehren. „Warum schleichst du hier so herum?", erschreckte mich eine bekannte Stimme. Ich drehte mich um und sah in Gowthers ausdrucksloses Gesicht. Die Nervosität, die bei seiner Nähe immer in mir aufstieg, versuchte ich zu unterdrücken. „Gowther!", ich legte meine Hand aufs Herz. „Du hast mich erschreckt!" Zur Unterstreichung meiner Aussage atmete ich betont erleichtert aus und sah ihn vorwurfsvoll an. Ich hoffte ihn damit abzulenken, um seine Frage nicht beantworten zu müssen. Wenn Gowther herausfand, was ich in diesem Wald getan hatte, würden mich die Seven Deadly Sins sicher ausschließen. Dass ich mit Zeldris trainiert hatte musste unbedingt geheim bleiben. Gowther musterte mich mit seinem ausdruckslosen Blick. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken", entschuldigte er sich schließlich. Ich nickte nur knapp: „Schon gut." Puh, ich muss echt aufpassen! „Trotzdem frage ich mich, was du hier gemacht hast", griff Gowther das Thema wieder auf. Ich darf keine auffälligen Gefühle zeigen! Ermahnte ich mich. Sonst bemerkt er es.
Ich hatte durch Merlin viel über Gowther erfahren. Er war nicht nur eine lebende Puppe, sondern konnte auch die Gefühle und teilweise sogar die Gedanken seines Gegenübers lesen. Mit seiner magischen Kraft konnte er auch die Gedanken und Erinnerungen anderer steuern oder austauschen. So hatte er auch Diane manipuliert. Ich konnte gut nachvollziehen, warum King sich immer noch nicht mit Gowther vertrug und ihn als gefährlich empfand. Diese lebende Puppe konnte wirklich so einiges anrichten. Gowther war nicht zu kontrollieren. Niemand konnte ahnen, was er als Nächstes tat. Das machte ihn in meinen Augen auch gefährlich. Ich konnte nie erahnen, was er gerade dachte oder was er vorhatte. Vielleicht manipulierte er mich ja gerade in diesem Moment, ohne dass ich es bemerkte.
Nein, ich muss mich konzentrieren! Ich sah dem Mitglied der Sins in die Augen und lächelte gelassen. „Ich war ein wenig spazieren. Ich wollte mich am Fluss etwas ausruhen, weil ich beim Training einen kleinen Streit mit Meliodas hatte. Das ist mir alles etwas zu viel geworden. Ich brauchte einfach mal einen Moment für mich", antwortete ich mit ruhiger Stimme. Das war nicht einmal gelogen. Es entsprach alles der Wahrheit. Wenn auch nicht der ganzen Wahrheit.
„Hmm", machte Gowther und ich unterdrückte die Zweifel, dass er mich durchschaut hatte. „Das verstehe ich nicht. Warum hast du dich mit dem Anführer gestritten?" Das war zwar nicht das beste Thema, das Gowther hätte ansprechen können und eigentlich wollte ich nicht über den Streit nachdenken, aber es war besser, als wenn diese Puppe mein Geheimnis erfuhr. „Naja, man streitet sich nun mal ab und zu", ich zuckte mit den Schultern. Ehrlich gesagt hatte ich durch das Training mit Zeldris den Grund für meinen Konflikt mit Meliodas schon fast wieder vergessen. Gowther legte den Kopf schief: „Aber warum? Es ist doch einfacher im Leben, wenn man sich nicht streitet. Das kostet doch nur unnötig Kraft und man verspürt unnötig negative Gefühle. Obwohl ich das sowieso nicht nachvollziehen kann, da ich nicht in der Lage bin, solche Gefühle oder Anstrengungen zu verspüren." Verwirrt sah ich ihn an. Mit so einer Antwort hatte ich nicht gerechnet. „Manchmal tun andere eben Dinge, die man nicht verstehen kann oder mit denen man nicht einverstanden ist, die sogar verletzend sind. Dann kommt es eben zu Auseinandersetzungen", überlegte ich laut. „Aha", machte Gowther nur und rückte seine Brille zurecht. Bei meinen Überlegungen fiel mir wieder ein, warum ich mich eigentlich mit Meliodas gestritten hatte. Es hat mich verletzt, dass er mir nichts erzählt hat. Dass er mir verschwiegen hat, dass er ein Dämon ist. Und dass er mir verheimlicht hat, was mit mir passiert. Ich seufzte. „Komm Gowther, lass uns gehen", damit wandte ich mich von ihm ab und ging weiter in Richtung des Gasthauses. „Du wirkst traurig und enttäuscht?", stellte Gowther noch leicht fragend fest, doch ich ignorierte ihn.

Zeldris - Du bist mein Mensch! (Reader ff)Where stories live. Discover now