Kapitel 5

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Joris

Joris schmollte.

Er hatte sich mit Lucas gestritten, nachdem er eingeschlafen war, anstatt Holz für das Lagerfeuer am Abend zu sammeln. Daher sollte er jetzt, im Regen, Holz sammeln. Wenn es etwas gab, dass Joris nicht mochte, dann war es, nass zu werden. Und dieser Wald war ihm unheimlich. Er wollte sich nicht noch einmal verlaufen.

Unter der Plane saßen sein Bruder und seine Freunde im Trocknen und unterhielten sich, während er nass wurde. Schrecklich. Er war müde gewesen. Und? Das Holz wurde jetzt eh wieder nass. Warum sollte er es sammeln? Es würde nur sehr schwer anzuzünden sein.

Das Ganze war unfair und ergab für ihn keinerlei Sinn. Und er, dumm wie ein Kind, machte auch noch, was sie von ihm verlangten. Doch Lucas und Molly waren ihm unheimlich, wenn sie verärgert waren.

Ein Geräusch ließ ihn hochschauen. Blätter raschelten. Dann sah er eine Gestalt zwischen den Bäumen. Die Person schien zu schweben und hatte ihn noch nicht bemerkt.

Leise schlich er sind an. Wie gebannt von der Schönheit dieser Person. Blassrosa Haut mit feinen blauen Linien. Langes helles Haar und ein Kleid aus beinahe durchsichtigem Stoff.

Er setzte sich an einen Baum und beobachtete wie die Person zwischen den Bäumen herschwebte und Blumen pflückte. Doch dann drehte die Gestalt sich um, er konnte nicht sagen ob es ein Mann oder eine Frau war, und sah ihn direkt an. Erschrocken eilte sie tiefer in den Wald. Joris konnte nicht anders. Er folgte diesem wundervollen Wesen, bis er an einem kleinen Wasserfall ankam, dessen Wasser einen kleinen Bach speiste, welcher vermutlich bis zum Fluss führte. Die Gestalt schwebte über dem Wasser und sah ihn erschrocken an.

„Hallo", sagte Joris leise. „Bitte. Wer bist du?" Die Gestalt lächelte flüchtig, dann schien sie sich in der Luft aufzulösen. Joris blinzelte.

Seufzend sah er sich um. Er wusste nicht, wo er war. „So ein Mist!" Und auch das Holz, welches er gesammelt hatte, hielt er nicht mehr in den Händen. Er hatte es wohl fallen gelassen.

Um ihn herum blühten wunderschöne Blumen, deren Blütenblätter teilweise so groß wie ein Regenschirm waren. Sie rochen süßlich. Generell roch es in diesem Wald immer süß. Ein seltsamer, aber nicht unangenehmer Geruch. Ein paar Feen saßen auf den Ästen der Bäume und schimpften empört. Joris seufzte.

Er folgte dem Bach, in der Hoffnung so zu dem Fluss und dann zu seinen Freunden zu finden. Zwar hatte er manchmal das Gefühl, er müsse den Bach verlassen und tief in den Wald laufen, doch er ignorierte es entschlossen. Tatsächlich stellte er schnell fest, dass er sehr nah am Flussufer war. Bald sah er die Plane und seine Freunde. Und er hörte eine Melodie, welche ihn zum Wasser rief.

Verträumt folgte er den Stimmen. Sie sangen in einer fremden Sprache. Es klang anders als die Melodie, mit welcher das Irrlicht gelockt hatte. Wunderschön. Verträumt. Hypnotisierend. Er sah nichts anderes mehr als den Fluss, bis sich ein Hindernis ihm in den Weg stellte.

„Joris!" Molly stellte sich ihm in den Weg.

Er lächelte sie verzückt an. „Molly! Hörst du das? Wir müssen zum Wasser."

Sie hielt ihn fest. „Nein! Hör nicht hin. Das sind Nixen!"

„Was..." Er blinzelte. „Schön. Ich muss zu ihnen!" Er versuchte sich an Molly vorbeizudrängeln. „Hör doch. Sie wollen, dass wir ins Wasser gehen! Sie versprechen uns all die Wunder. Sicher sind sie schön. Komm."

„Joris!" Sie gab ihm eine Ohrfeige. Das weckte ihn aus der Trance. Der Bann war gebrochen.

„Was?" Er rieb sich verwirrt die Wange.

„Nixen versuchen uns zum Wasser zu locken. Ignorier ihren Gesang. Hör nicht auf ihre Stimmen."

Der Gesang. Noch immer hörte er ihn. „Oh." Er wollte nicht als Mahlzeit enden. „Ich wäre ihnen beinahe gefolgt."

„Ich weiß. Meinem Mann und mir ging es nicht anders. Charlie hat uns wieder zu verstand gebracht. Er hat sofort begriffen, was geschah. Das scheint den Zauber zu brechen. Komm. Warum hast du kein Holz mitgebracht? Was solls... Wir sammeln später welches."

„Oh, das Holz. Ich habe es fallen lassen."

„Macht nichts." Molly seufzte.

Sie setzten sich zu Charlie und Lucas unter die Plane. Kurz sah er, wie etwas im Wasser des Flusses verschwand. Vermutlich waren das die Nixen.

„Ihr glaubt nicht, was ich gesehen habe! Eine wunderschöne Frau. Zumindest glaube ich, dass es eine war... Sie schwebte!", erzählte er aufgeregt, als Lucas nach dem Holz fragte. „Ich bin ihr bis zu einem Wasserfall gefolgt. Dort ist sie verschwunden. Sie war so wunderschön. Das Holz habe ich verloren, als ich ihr nachgelaufen bin."

„Vermutlich eine Nymphe", murmelte Molly. „Warum bist du ihr gefolgt? Du hättest verloren gehen können! Nicht nur unser Holz."

Er seufzte. „Ich weiß... Aber..."

„Joris ist verliiiihiiiiebt!", trällerte Charlie lachend. „Joris ist ein Dummkoooopf. Ein verliiiiiebter Dummkopf! Joris küsst eine Nymphe!"

„Sehr witzig!", zischte Joris. „Wenn du sie gesehen hättest, wüsstest du, was ich meine."

Charlie verzog das Gesicht. „Neeee. Ich denke nicht. Zu viel Busen für meinen Geschmack."

Joris rollte mit den Augen.


(c: sasi)

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Ehlin

NIXE - Zwischen Wasser und Wald (BL)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt