Mit einem vollkommen genervten Gesichtsausdruck starre ich auf mein Handy Bildschirm und lese mir die Nachricht immer und immer wieder von vorne durch. >>Hiermit lade ich dich zu meinem Geburtstag am 24.08. um 18 Uhr ein. Ich würde mich sehr über eine Zusage freuen<< stand dort als erste Nachricht geschrieben und kurz darauf kam auch schon die Zweite: >>du kannst auch gerne deine Freundin mitbringen, damit ich sie auch endlich mal kennenlerne. Wenn sie überhaupt existiert.<<
Ich kann einfach nur mit dem Kopf schütteln. Mir war doch schon von Anfang an klar, dass genau wieder sowas von ihr kommen wird. Dass meine Tante mir bei jeder Gelegenheit eins reinwürgen muss, war nichts Neues, aber so langsam geht es mir wirklich auf die Nerven. Natürlich habe ich keine Freundin. Die habe ich mir vor mehreren Wochen nur ausgedacht, damit sie mich mit dem Thema endlich in Ruhe lässt. Dauernd hieß es, du musst endlich jemanden für dich finden, wenn du nicht für immer alleine bleiben willst. Du musst dir endlich jemanden suchen, mit dem du eine Familie gründen kannst und eine Zukunft aufbauen kannst. Bei der letzten Familienfeier war es mir dann einfach zu viel und ich habe einfach behauptet, dass ich mich bereits in einer Beziehung befinde und sie sich deswegen keine Sorgen machen muss. Das hat auch wirklich nur für einen sehr kurzen Zeitraum funktioniert, denn sofort wurde dann natürlich gefragt, wer es ist und ob ich sie nicht mal vorstellen könnte. Genau da liegt auch mein Problem. Wenn man sich das nur ausgedacht hat, hat auch niemanden den man vorstellen kann. Die letzten Male konnte ich sie noch gut vertrösten, indem ich mir immer eine andere Ausreden ausgedacht habe, aber mittlerweile scheint das einfach nicht mehr zu funktionieren. Schnell öffne ich den Chat mit meiner Cousine und schreibe ihr ein einfaches S.O.S. Meine Cousine und ich haben uns schon immer wirklich gut verstanden. Sie war auch eine der Einzigen, die mir nicht mit dem ganzen Beziehungskram auf die Nerven ging. Sie war auch die einzige, mit der ich mich auf Familienfeiern richtig gut unterhalten konnte. Durch ihren Beruf können wir uns nur leider nicht so oft treffen, wie es uns lieb ist.
Es dauert nicht wirklich lange, da erkenne ich auch schon ihren Namen auf dem Bildschirm. „Scheint als hättest du auch die Einladung bekommen", höre ich sofort ihre leicht belustigte Stimme am anderen Ende. Ich fand der ganze Wiederum überhaupt nicht witzig. Sie wusste, dass ich mir das mit der Beziehung nur ausgedacht habe und dass überhaupt niemand an meiner Seite existiert. „Was soll ich denn jetzt machen? Der Geburtstag ist schon nächste Woche", beginne ich sofort mich bei ihr zu beschweren und fahre mir mit der Hand durch meine offenen Haare. „Keine Ahnung. Ist jetzt halt die Frage, ob du auf die schnelle jemanden findest, oder ob du einfach zugibst, dass du doch nicht vergeben bist", zählt sie mir meine Optionen auf. „Also zugeben werde ich es auf keinen Fall. Dann geht der ganze Spaß ja wieder von vorne los. Da suche ich mir lieber jemanden, der für ein Tag meine Freundin spielt", mache ich der anderen klar. Danach komme ich aber ins Grübeln. Die Frage ist nur, wer soll das machen? Die meisten meiner Freunde waren männlich und fallen somit raus. Eine gute Freundin von mir ist nächste Woche im Urlaub und die anderen haben sie meistens schon kennengelernt und wissen ganz genau, dass sie nicht auf Frauen stehen. „Caro, ich glaube, du musst für mich jemanden suchen", flehe ich meine Cousine an, die nur laut anfängt zu lachen. „Also die meisten meiner Freunde oder Teamkameraden kennen sie ja schon", spricht sie sich sofort dagegen aus, aber ich lasse nicht locker. Eine Freundin von Caro war meine einzige Chance. „Caro bitte. Kannst du jemanden für mich fragen? Du hast auch auf jeden Fall etwas gut bei mir und sie, wer auch immer sich dazu bereiterklärt, natürlich auch." Es ist für einen Augenblick still am Telefon, was bedeutet, dass sie wenigstens darüber nachdenkt. Ungeduldig warte ich darauf, dass sie endlich etwas sagt, doch sie spannt mich wirklich ungemein auf die Folter. „Also ich denke, ich frage einfach mal nach bei den Mädels aus meiner Mannschaft. Die ein oder andere hat noch etwas gut bei mir. Ich kann aber wirklich nichts versprechen", gibt sie sich schließlich geschlagen und am liebsten wäre ich ihr in die Arme gesprungen. „Danke Caro, du bist einfach die beste. Du hast auf ewig etwas gut bei mir", bedanke ich mich bei ihr und hoffe wirklich, dass sie jemanden für mich findet. „An deiner Stelle wäre ich lieber vorsichtig mit diesen Aussagen, wer weiß, was ich mir für dich ausdenke." Ich kann nur mit einem lauten Lachen erwidern. „Okay, also ich melde mich nächste Woche bei dir und gebe dir kurz Bescheid, wenn ich etwas weiß." Wir verabschieden und beide noch voneinander und ich lasse mich deutlich entspannter als zuvor zurückfallen. Hoffen wir mal, dass sie jemanden für mich findet und wir und etwas Glaubwürdiges ausdenken können, wie wir zusammen gekommen sind.
