Chapter Thirty

30 2 5
                                    


Ferox

Meine Haut brennt angenehm von der Hitze, die mich umgibt. Ich sinke in das Gefühl, lasse meinen Körper sich frei bewegen.
Mit meiner rechten Hand umklammere ich mein Bier, die einzige kühle Quelle, in mitten eines Meeres aus Feuer. Aus Feuer und Musik und ich gehe mit meiner Seele darin unter. Überhitzt, mein Kopf sanft in Wolken gehüllt und getrieben von dem tiefen Bass, ist so ziemlich die Spähre, in der ich richtig zum Leben erwache.

Die Augen geschlossen lächle ich vor mich hin, bevor ich den Kopf in den Nacken lege. Egal, was andere möglicherweise von dem Nachtleben halten, ist es das wohin ich gehöre. Hier fühlt sich der Musiker in mir Zuhause. Tanzen als wären die Töne um uns herum endlos. Mein Grinsen wird nur breiter, als ich die bekannte Musik höre, die jetzt den Raum füllt.
Eins meiner ersten Lieder hallt von den Wänden wider und die Beats gleichen dem Schlag meines Herzens.

Es ist beinahe perfekt. Vor diesem Sommer wäre dieser Moment perfekt gewesen. Doch jetzt fehlt eine Sache, eine Person.
Farben sprießen in dem Schwarz, was ich momentan sehe. Ein sattes Grün mit einem tiefen, eleganten Rot zeichnet das Bild von dem Menschen, den ich tatsächlich noch mehr liebe als mich selbst. Ein kleines Wunder.

Vincent Océant ist ein kleines Wunder. Eins das ich mit aller Kraft versuche zu behalten.

Sorge schleicht sich in mein Herz und ich runzle die Stirn. Wir sind so nah dran, frei zu sein. Von unseren Eltern. Von der scheiß' Hochzeit. Damit wir uns endlich frei lieben können. Doch so sehr ich versuche, dass meinem Herzen verständlich zu machen, es sagt mir genau das Gegenteil. Je näher der Tag kommt, wo Mum und Harrison endlich unsere anderen Eltern konfrontieren, desto größer wird die Angst.

Die Angst all das zu verlieren, was Vincent mir in den letzten Wochen geschenkt hat.

Er ist mir so nah und doch fühlt sich eine Zukunft mit ihm Lichtjahre entfernt an. Der Wunsch gerade seine schlanken Finger in meiner Hand zu haben, oder von seinem Duft umhüllt zu werden, ist überwältigend. Nur er allein kann diese schlechte Gefühl zum verstummen bringen. Seine Lippen lassen mich vergessen. Lassen meine Sorgen wie Sterne in tiefer Nacht in Flammen aufgehen.

Gerade habe ich noch genossen meine Musik zu hören, doch jetzt fühle ich mich nur noch mit mir selbst konfrontiert. Eine Sache mit der ich noch nie gut umgehen konnte.

Frustriert nehme ich ein großen Schluck von dem Bier. Doch die Flüssigkeit schmeckt lauwarm und fade, während sie meine Kehle hinunter fließt. Ich verziehe das Gesicht. Nichtmal die Party oder die Musik lässt mich für einen Moment durchatmen. Dabei bin ich kein Kopfmensch. Mein Bauch übernimmt neunundneunzig Prozent des Denkens, so ist es schon immer gewesen.

Es ist ungewohnt, beängstigend. Diese ganzen Gedanken sind geradezu Folter.

Mein Song ist bis zur Hälfte gekommen, als mir von hinten eine Hand auf die Schulter gelegt wird.
"Was habt ihr euch denn bitte für eine Musik ausgesucht?" Ich drehe mich schmunzelnd zu Marc um. Das ich dabei ein klein wenig ins Schwanken komme, ignoriere ich geflissentlich.
"Wieso, vermisst du deine Schlagermusik?"
Marc grinst leicht und es lässt die Sorge um ihn ein wenig schwinden.

Doch in der Sekunde, wo ich ihn richtig anschaue, geradewegs in die Augen, da kommt die Sorge mit doppelter Kraft zurück.
Der seelische Schmerz in dem Braun ist unverkennbar. Er ist sowohl alter als auch neuer Natur und trägt ohne das ich überhaupt fragen muss Lens Handschrift. „Ne, du Idiot, ich kenne diesen Song nur noch nicht", erwidert Marc und tritt näher an mich heran, damit ich ihn trotz der Musik verstehe.

Ich beiße mir auf die Zunge, um die offensichtliche Frage nicht zu stellen. Sondern gehe stattdessen auf Marc's Aussage ein.
Er will nicht drüber sprechen, dass kann sogar ich erkennen.

Sail Into My Arms Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt