-2- Skylas Neues Amt

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Es war Nacht geworden und der Mond spiegelte sich im ruhigen Wiegen des Meeres. Alle Brände auf dem Schiff waren gelöscht und Ruhe kehrte ein, während die letzten Verwundeten gepflegt und versorgt wurden, als die Mannschaft  auf dem Weg zurück zum Ort des Geschehens war. 
Mit der Hand auf ihrem verbundenen Arm stand Skyla am Mast und schaute ins Leere. Seit sie von den Schiffen geflüchtet waren, hatte sie kein Wort mehr gesprochen.
Immer wieder wiederholten sich die Bilder in ihrem Kopf wie auch der Geruch der gesamten Szenerie.  Ein scheußlicher Geruch der lodernden Flammen, die sich mit dem Blut der Gegner sowie dessen der Crew vermischten, und die Piratin selbst bis zu ihren Feuerkerker verfolgt hatten.
 “Skyla...?”.
Sie blickte zu Rayen, der gerade mit ihr sprach. 
“Ich bin so nah ran gefahren, wie es ging”.
Die Truppen waren mittlerweile zum Glück schon verschwunden. Nur das verkohlte Frack von einer ihrer Schiffe blieb von ihnen übrig. 
Alle Crew-Mitglieder begannen, Ausschau auf  Überlebende zu halten.
Während die anderen ihre Augen wachsam aufs Wasser hielten, betrachtete Skyla die verkohlten Einzelteile, die im Meer an ihnen vorbei trieben.
Warum das ganze?, dachte sie sich nur.
Minuten vergingen. In der Zwischenzeit hatte die Mannschaft ein paar verlorene Ressourcen  aufs Schiff geborgen, aber fanden bisher keine Überlebenden. Als sie sich auf den Weg machen wollten, bemerkte Elias jedoch ein stumpfes Aufprallen an der rechten Flanke des Segelschiffes.
Langsam ging er zum Klang zu, dass mittlerweile das dritte Mal aufkam und im ganzen Getümmel lediglich seine Aufmerksamkeit erregte. 
Der Frischling wagte schließlich den Blick über den Schiffsrand und entdeckte, wie sich eine Person an einem treibenden Fass festhielt. Weder die Farbe rot oder weiß an seinen Leibe tragend, war Elias sich sicher, dass dieser eine von ihrer Mannschaft war. 
“Leute seht mal!”, rief er den anderen zu.
Alle versammelten sich am Rand des Schiffes, währenddessen einige schon versuchten, den Herumtreibenen aufs Schiff zu holen. Als schlussendlich auch Skyla zu den Anderen stieß, fiel sie aus allen Wolken. 
Durch nässt und mit schweren Atem, wobei bereits das hinaus tropfende Blut seine schlimme Verfassung von vornherein  erahnen ließ, entpuppte sich der Schiffbrüchige als Captain Shark Blood.
“Schnell holt ihn aufs Schiff!”, befahl sie in einem Aufschrei, als diese Erkenntnis der Piratin schockartig aus der Trance weckte.  
Als die Mannschaft es schaffte, den Captain aus den Wassermassen zu bringen, erkannte man erst seine  schwere Verletzung am Oberkörper. Verkrampfend versuchte Shark Blood mit seinen beiden Händen der Verblutung entgegenzuhalten, wobei das Meersalz bereits an der Fleichfunde geradezu äzte. Mit diesem grausamen Bild vor Augen suchte Rayen den Blick zu Skyla, die beim Anblick ihres Vaters jedoch die Worte fehlte und ihre Atemzüge immer schneller werden ließen, als sie weiterhin fassungslos den Captain betrachtete.
Rayen wurde klar, dass er schleunigst das Ruder an sich reißen musste. 
“Steht nicht einfach so rum! Zwei von euch, bringt den Captain sofort in seine Kajüte! Armin!-”
“Bin schon zur Stelle!”, unterbrach ihn Armin, der sich am besten von den Crewmitgliedern mit solch schweren Verletzungen auskannte und somit ohne Weiteres seinen Pflichten nachging. 
"Ich brauche mein Verbandszeug! Elias, hole die gewaschenen Tücher und Kleidungsstücke von unten. Wir müssen die Blutung stoppen.” 
Als die Crew sich in Bewegung setzte, Elias in eiles Winde unters Deck rannte und zwei der Mannschaft den Captain auf halfen, erblickte der Piratenkapitän mit schwammig zittrigen  Augen seine besorgte Tochter. Weiterhin war ihr Fokus auf ihren Vater gelegt. Zu gern hätte Shark Blood ihr bei dieser Situation beigestanden, als der Grund ihrer Fassungslosigkeit zu sein.
Skyla, bitte verzeih mir.
Einige Zeit verging. Inzwischen hatte sich die Crew vom Wrack entfernt. 
In Mitten von tapezierten Holzwänden, einer Öllampe die mit den Tackt der ruhigen Wellen sich auf der Tischplatte hin und her bewegte, landete ein weiterer blutiger Lumpen in den Eimer, der in der Ecke der Kapitänskajüte stand.
Es war bereits das zweite Mal, dass Armin die größte Stichwunde des Captains bereits genäht und verbunden hatte. Zwischen den Beinen der kleinen Kommode holte Schiffsarzt einen weiteren Eimer mit Wasser hervor. Rasch platzierte er die losen Kartenblätter von der Tischoberfläche, um den Bottich sogleich dort zu platzieren. 
“Du hast dich wirklich schlimm zurichten lassen, Captain. Ich hoffe du hast einige von ihnen dafür bereuen lassen.”,äußerte sich Armin mit einer Gelassenheit, die jedoch durch die rasche und verkrampfte Art und Weise wie er die Blätter in einen Stapel zurecht klopfte und gefolgt am hölzernen Schreibtisch ab legte, an dessen Glaubhaftigkeit zweifeln ließ. Doch genau wie der dunkelblonde Kamerad selbst wollte auch Shark Blood bei seiner gespielten Sorglosigkeit einstimmen.  
“Das kannst du laut sagen, mein alter Freund. Aber keine Rache war es Wert, wenn man sich dennoch beschwert."
“Heh, beschweren kannst du dich bei diesen Wunden alle Male.",kommentierte Armin während er seine Hände aufwachte, wobei die verborgene Stichelei nicht ohne ein kurzes Gelächter am Captain vorbei ging.
“Und sagte nicht mal ein weiser Mann, dass derjenige, der Weibesworte predigt,gleich dessen Kleider tragen kann.”, zitierte nun Armin mit einem schmalen Grinsen.
Mit aufkommenden Erinnerungen, die überwiegend jedoch nicht grad erfreulich waren, konnte Captain Shark Blood bei dieser unverdienten Lobpreisung lediglich die Augen rollen.
“Dieser ‘weise Mann’ Armin war doch nur ein Scharlatan von einem Kapitän, der wohl in seinem Suff auf die glorreiche Idee kam, eine Crew aus Waisenkindern zusammenzustellen."
"Jetzt ist einer dieser Waisenkinder jedoch Herr seines Schiffes.”, korrigierte der Pirat mit einem hochgestochenen Tonlage.
“Du meinst wohl, seine Crew an Kindern sind jetzt die Herren seines Schiffes. Und Kinder sind wir schon lange nicht mehr Armin.”, verbesserte nun der Captain und kratzte sich an seinem Kinn, ehe seine Hand auf seinen stämmigen Bauch legte.
“Wohl wahr. Wohl wahr.”, unterstützte Armin und begann mit einem feuchten Tuch seine einzelnen Fingern vom Blut des Captains zu entfernen. Doch als die nassen Fasern nun  beim Zeigefinger streiften, verlangsamten sich seine Bewegungen.
“Von ihr stammt sicher der Satz, oder irre ich mich?”
Schark Blood blickte zu seiner Rechten und strich mit zwei schwachen Finger über die leere Betthälfte, die selbst von ihm ungern belegt wurde und wie dort jeden Morgen ein sanftes Lächeln ihn erwartete und strahlender, als das Guten Morgen der Sonne selbst war.
“Jup, mein Juwel hatte immer eine Weisheit parat…und jetzt würde ich alles geben, um so einen Rat von ihr jetzt zu hören.. ."
“Erik.”
Langsam aber dennoch reflexartig drehte Shark Blood im Klang seines bürgerlichen Namens seinen Kopf zu Armin, der seit Beginn der Unterhaltung seinen Blick vom Boden erhob und seinem Freund in die das erste Mal nach seiner Rettung in die Augen blickte. Erschöpft und träge waren Armins Blicke, als er versuchte, seine Frage zu formulieren.
“Wie? Oder besser gesagt: wieso? Es ist Jahre her. Es ergibt keinen Sinn. Warum?-”
“Ich weiß es nicht.” unterbrach Shark Blood seine Anreihung von berechtigten Fragen und schüttelte langsam und ratlos seinen Kopf.
“Scheiße!..” 
Ein brennendes Stechen machte sich erneut  an der linken Seite des Captains breit.
“..A-armin..die Wunde..”
Schmerzdurchfluttend griff der Captain an das Bettlaken, wobei seine andere Hand an die Stelle drückte, bei der sich das beige Verband sich erneut rot färbte.
“Verdammt!”, fluchte Armin und rannte ans Bett seines Kameraden. Langsam verbleichte sich das Gesicht von Captain, das von seinem krausen Rauschebart bedeckt war, wobei seine Regung ebenfalls abschwachte.
“Ich bekomme das wieder hin!”, versprach Armin jedoch panisch.
Mit jeweils einzelnen flinken Scherenschnitten zerschnitt er jede Schicht des bluttrieffenden Verbandes.
“Hörst du mich Erik? Mach jetzt nicht schlapp!"
Kalter Schweiß sowie die Ansprechbarkeit, die wegfiel, brachten Armin in eine größere Form seines Bangens. 
“Hey! Als Captain der Black Hunter kannst du nicht einfach so dein Bewusstsein verlieren! Hallo? Du hast noch eine Tochter, die draußen auf dich wartet.  Bleib gefälligst wach und halte dein abgelegtes Versprechen! Du weißt doch, was du ihr versprochen hast, nicht wahr?!”

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⏰ Last updated: Mar 26, 2023 ⏰

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