16 | Nairobi

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TALAWAN
59 TAGE VOR TAG X

Ich fand Nairobi am Strand. Sie kniete im nassen Sand und wurde gelegentlich von einer sanften Welle erfasst. Mit den Fingern wühlte sie im Sand. Es dauerte nicht lange, bis sie triumphierend etwas in der Hand hielt und es Raquels Tochter Paula gab. ,,Die ist für dich."

Schüchtern nahm das kleine Mädchen den Gegenstand entgegen lächelte. ,,Die ist wunderschön, danke."

Beim Näherkommen identifizierte ich eine wunderschöne, schneeweißen Muschel in Paulas kleiner Hand, die sie mir stolz präsentierte. ,,Sieh mal, was Nairobi mir geschenkt hat."

Ich ging vor Paula in die Hocke. ,,Wow", lobte ich das Mädchen. ,,Willst du sie deiner Mamá und deiner abuela zeigen?"

,,Ja, das mache ich gleich!"
Vergnügt kichernd rannte Paula los, wirbelte Sand auf und verschwand mit wehenden Haaren aus meinem Blickfeld.

Der nasse Sand haftete überall an Nairobis Fingern, selbst an den zahlreichen Ringen, die im Schein der Sonne funkelten. ,,Lissabon hat einem kleinen Engel das Leben geschenkt", seufzte sie verträumt. ,,Allerdings darf man die Kleine nicht unterschätzen. Sie hat sich an meinen Haaren vergangen."
Lachend deutete sie auf den unsauber geflochtenen Zopf an ihrem Hinterkopf.

,,Ein Meisterwerk", kommentierte ich Paulas Werk und setzte mich zu Nairobi in den feuchten Sand. Eine Welle kitzelte meine Füße. ,,Du wünschst dir immer noch eine Tochter, oder?"

,,Wie findest du Ibiza?", unterbrach sie mich amüsiert.

,,Ich war noch nie dort, aber..."

Nairobis Ellbogen stieß mich sanft von der Seite. ,,Nein, so war das nicht gemeint. Das ist der Name unserer zukünftigen Tochter. Das habe ich dir damals auf dem Schiff erzählt, weißt du nicht mehr?"

Nervös lachend legte ich einen Arm um ihre Schulter. ,,Wieso nennen wir sie nicht Stephanie, Katherine oder Sara?"

Nairobi drehte ihren Kopf zur Seite, sodass sie mich ansehen konnte. ,,Sie soll zur Familie gehören. Und weil sie etwas besonderes sein wird benennen wir nicht nur eine Stadt, sondern eine verdammte Insel nach ihr. Was denkst du?"

,,ich liebe sie jetzt schon."

Nairobi lächelte mich von der Seite an. ,,Ich habe gehört, dass Wünsche sich erfüllen, wenn man mutig genug ist, sie laut genug in die Welt herauszuschreien."

,,Das hast du gerade erfunden", warf ich ihr vor.

Verschwörerisch zwinkernd stand sie auf, zog mich hinterher und sprang mitsamt ihren Klamotten ins Meer. ,,IBIZA! IBIZA, ICH LIEBE DICH!"

•••

Angst.
Nackte Angst stand in Nairobis Augen.
Ihre Tränen vermischten sich mit dem Blut, das ihr ins bis auf die Wangen spritzte und die Panik stand ihr ins Gesicht geschrieben. ,,Ich will nicht sterben", brachte sie mühsam hervor. Ihr Atem ging schnell und unkontrolliert. ,,Bitte, ich kann nicht...", stotterte sie.

Es zerriss mir das Herz. Fest presste ich mein t-shirt, das ich unter dem Overall getragen hatte auf die stark blutende Schusswunde oberhalb ihrer Brust. Die rote Flüssigkeit quoll an den Seiten hervor und machte es mir fast unmöglich, sie zu stoppen. Der Scharfschütze musste eine wichtige Arterie verwundet haben. ,,Sieh mich an", sagte ich um Ruhe bemüht. ,,Du wirst nicht sterben, hörst du? Das werde ich unmöglich zulassen."

Criminal Passion [2] ˡᵃ ᶜᵃˢᵃ ᵈᵉ ᵖᵃᵖᵉˡWhere stories live. Discover now