1. Adel ist nicht gleich Adel

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Warm schien das Sonnenlicht auf mein Gesicht, dennoch hielt ich die Augen geschlossen und genoss dieses friedliche Gefühl. Der Morgen war immer die schönste Zeit des Tages und ich könnte bis in den späten Nachmittag die Zeit in meinem Bett verbringen. Aber das gehörte sich nicht für eine Lady, selbst hier auf dem Land gab es gewisse Regeln, an die ich mich halten musste, auch wenn es außer meinen Eltern niemanden interessierte, was ich tat.

Seufzend schlug ich dann doch die Augen auf und stieg aus dem Bett, um dann die dünnen Vorhänge vor dem Fenster aufzuziehen. Auch nach all den Jahren lies mich der Blick auf die dichten Wälder und die goldenen Felder, die davor lagen kurz innehalten. Dann wandte ich mich vom Fenster ab und ging in den angrenzenden Raum, um mich anzuziehen. Leise summend sah ich die verschiedenen Kleider durch und versuchte mich zu entscheiden. Am Königshof und bei den bedeutenden Adeligen erledigten das Zofen, so hieß es zumindest. Doch die Ladys aus den bedeutenden Adelsfamilien hatten bestimmt 20 mal mehr Kleider, als ich. Und während ich meine Kleider trug, bis sie beinahe kaputt war, trugen diese Ladys jedes Kleid nur einmal.

Meine Schwester machte sich darüber immer lustig und spottete über diese Personen, die nicht in der Lage waren sich selbst anzuziehen. Ich beneidete diese Menschen insgeheim, denn nur zu gerne hätte auch ich zu einer der mächtigen Adelsfamilien oder gar der Königsfamilie gehört, aber stattdessen saß ich hier auf dem Land fest.

Der einzige Mensch mit dem ich mich wirklich unterhalten konnte, war meine beste Freundin Lady Davina Duncan. Ihr Vater  war ein Fürst und die Burg der Duncans war ganz in der Nähe unserer Burg. Es hieß das die Familie Duncan und wir  die Kenneths einst eine gemeinsame Familie waren, bis die Ländereien dieser Familie auf die zwei ältesten Söhne verteilt worden waren und so zwei verschiedene Familien entstanden. Davina und ich glaubten diese Erzählung gerne, denn es bedeutete, dass wie irgendwie miteinander verwandt waren. Doch auch meine beste und einzige Freundin konnte nichts daran ändern, dass mich das Leben auf dem Land langweilte.

Keine Frage ich liebte die Landschaft und all das, doch während meine Schwestern  sich damit zufrieden gaben wollte ich schon immer in die großen Städte. Dorthin, wo die politischen Entscheidung getroffen wurden und es Tratsch ohne Ende gab. Hier war das einzig spannende was es gab, wenn sich wieder irgendein Pferd den Fuß gebrochen hatte. Meine viertälteste Schwester, die Pferde liebte interessierte sich vielleicht dafür, aber ich mit Sicherheit nicht. Seit ich als kleines Mädchen von einem der riesigen Tiere hinuntergefallen war, mied ich die Tiere mit den meiner Meinung nach viel zu langen Hälsen.

Meine Mutter erzählte mir immer, das ich mich nicht beschweren sollte, immerhin waren wir vielleicht nur niedriger Landadel, aber Adel blieb Adel. Doch mir reichte das nicht. So in meinen Gedanken verloren, machte ich mich für den Tag fertig und verließ dann endlich mein Zimmer. Natürlich dachte ich auch in diesem Moment an die reichen Ladys in der Hauptstadt, denen alle Türen von Angestellten geöffnet wurden und denen auf Schritt und Tritt Leibwächter folgten. Bei uns wurden nur mein Bruder und mein Vater von einem Leibwächter begleitet. Da Wohl meiner Mutter und von uns vier Schwestern war relativ unbedeutend, denn in den Augen meines Vaters waren wir ersetzbar.

Die Dielen des Flurs, den ich jetzt entlang ging waren abgenutzt, von den unzähligen Schuhen, die schon darüber gegangen waren, auch ansonsten hatte die Burg der Kenneths  schon bessere Zeiten erlebt. Im Speisesaal angelangt lies ich mich neben meinen Eltern und meinen zwei Schwestern am Tisch nieder, während die beiden Bediensteten schon das Frühstück servierten. „Wo sind Aideen und Lucan?", fragte ich. „Deine Schwester und dein Bruder  sind schon gemeinsam bei Morgengrauen ausgeritten, die beiden werden vermutlich bald wieder da sein.", antwortete mein Vater.

Als ich mit dem Essen fertig war, wandte ich mich wieder an meinen Vater: „Ist es in Ordnung, wenn ich Davina besuche?" „Warst diese Woche nicht schon viermal bei ihr?" „Was anderes kann ich hier ja auch schlecht unternehmen.", erklärte ich nicht besonders freundlich.

„Nicht in diesem Ton, Fräulein", antwortete mein Vater prompt. Ich wollte gerade zu einer Entschuldigung ansetzen, als der Graf hinzufügte: „ Ach weist du was, dann geh doch zu den Duncans, da bist du wenigstens verräumt." Solche Worte verletzen mich dann doch immer wieder, da sie zeigten, wie wenig mein Vater für mich übrig hatte.

Ich machte mich auf den Weg zu den Stallungen um einem der Stallburschen aufzutragen meine Stute zu satteln. Denn auch wenn ich eigentlich wenig für die Tier mit den zu langen Beinen übrig hatte, hatte ich keine Wahl, denn zu Fuß wollte ich auf keinen Fall gehen. Und eigentlich mochte ich meine  weiße Stute sogar. Sie war brav und immer ruhig und auch nicht besonders groß. Niemals würde ich meine Schwester Aideen  verstehen, die sich eingebildet hatte einen großen dunkelbraunen Hengst reiten zu müssen.

Kurze Zeit später ritt ich alleine durch das große Tor. Schon wieder konnte ich nicht anders, als an die wohlhabenden Ladys zu denken, die niemals alleine ausritten. Normalerweise nutzen sie ohnehin die Kutsche, ein Luxus, den wir uns nur selten leisteten, und wenn sie mal ausritten, dann nur in Begleitung von mehreren Soldaten. Es war außerdem grob fahrlässig, dass mein Vater mich alleine durch den Wald reiten lies, indem sonst was passieren konnte, aber vermutlich wollte er mich ohnehin nur loswerden um eine Tochter weniger zu haben, die er verheiraten musste. Und ich konnte es ihm nicht einmal verübeln.

Alles für die KroneWhere stories live. Discover now