Teil 2

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Er streckte seine Beine und rollte mit dem Stuhl dabei ein Stück rückwärts. Der

Abend hatte sich besser entwickelt als erwartet. Zur Feier des Tages gönnte er sich

ein kühles Bier. Mit dem Geld von Ms_Benten_86 war der kommende Monat

gesichert. Mit der Neuen hatte er noch drei Andere in der Hinterhand. Morgen würde

er das Netz nach weiteren Frauen auswerfen. Ms_Benten_86 näherte sich langsam

dem Ablaufdatum. Die meisten seiner freiwilligen Geldgeberinnen melkte er maximal

vier Mal, bevor sie Verdacht schöpften. Er beschränkte sich jedoch auf drei

Geldübergaben. Sicher ist sicher. Ihre Verliebtheit machte sie blind. So blind, dass

sie nie merkten, wonach es ihm in Wirklichkeit gelüstete. Sie sahen einzig sein

Aussehen, sein Geld, seinen materiellen Besitz. Woher er kam und dass sie für

zukünftige Willige und seinen Lebensstandard aufkamen, bemerkten sie oft zu spät.

Auf dem Weg zum Badezimmer drehte er den Lautstärkeregler seiner Anlage

nach oben und setzte den restlichen Weg pfeifend fort.

Die Pflege des Körpers, seinem Kapital, war zeitintensiv. Das Erste, was seine

Beute auf den Datingprofilen sah, war sein gebräunter durchtrainierter Sixpack. Das

Deck der Jacht war nur ein kleines Gimmick, auf das die Frauen flogen. Im

Anschluss lasen sie sein Profil, in dem sein zweiter Angelhaken versteckt zwischen

den Zeilen lauerte.

Warmes Wasser regnete auf ihn nieder, als das Licht des Badezimmers ausfiel.

Irritiert drehte er den Hahn ab und bewegte sich zielstrebig zum Lichtschalter. Trotz

mehrmaliger Betätigung blieb es finster. Aufgeregt drückte er die Klinke herunter. Die

Hitze, die sie ausstrahlte, führte er auf seine Wut und die heiße Dusche zurück.

Dichter Qualm schlug ihm durch die geöffnete Tür entgegen. Die Überraschung trieb

die Luft in seine Lungen hinein, die augenblicklich genauso brannten, wie seine weit

aufgerissenen Augen. Hustend stieß er den Atem wieder aus und kniete sich auf den

Boden. Fassungslos erkannte er, dass sein Schreibtisch, ebenso wie die

dahinterliegenden Bücherregale in Flammen standen. Mit ihnen flammten seine

Lebensversicherungen: Smartphone und Laptop mit allen elementaren Daten seiner

Frauen.

Rasch krabbelte er ins Badezimmer zurück. Der Schein des Feuers warf seine

heißen Lichtstrahlen hinein. Unterhalb der Decke streckte die graue Wolke ihre

hungrigen Finger aus und verschlang auf ihrem Weg den tonlosen Rauchmelder. Der

Mann riss seinen Blick vom defekten Melder ab und zerrte mit einer kurzen

Handbewegung seinen Morgenmantel vom Haken. Wenn er die Wohnung verlassen

und Alarm geschlagen hatte, würde er sich darüber Gedanken machen, warum die

gewarteten Warnmelder ihrer Arbeit nicht nachkamen.

Er sah sich um und versuchte, sich zu orientieren. Der Rauch erschwerte sein

Vorhaben.

An der Tür angelangt, tastete er nach der Klinke, drückte sie hinunter, in

Erwartung an die frische, kühle Luft, die in wenigen Sekunden seine Lungen füllen

würde.

Nichts passierte. Abermals zog er den Türgriff nach unten. Wieder erfolglos. Die

Erkenntnis lähmte ihn: Er war gefangen in seinem Feuerkäfig.

"Der Notschlüssel", wisperte er. Sofort quittierte seine Lunge den Atemzug der

giftigen Luft mit Husten und Brennen.

Er kehrte der verschlossenen Tür den Rücken zu und wandte sich der

unnachgiebigen Hitze entgegen, die sich in alles, was ihn ausmachte, hineinfraß.

Das Ziel seiner Begierde stand in Türnähe. Er wusste genau, dass in einem der

Kommodenschubfächer der Schlüssel platziert war. Unablässig folgte Husten auf den

Reiz. Ein jeder schmerzte die Lunge mehr als der vorherige. Seinen Augen erging es

nicht besser. Der beißende Rauch krallte sich tief in seine Augäpfel. Bevor die

Tränen den Ausgang der Kanäle erreichten, trockneten sie in der Hitze. Mit

geschlossenen Lidern tastete er blind nach seiner Erlösung. Müdigkeit beanspruchte

mit jedem Atemzug mehr Teile seines Körpers. Gleichzeitig spielte sie die Panik

hinunter und rief ihn frohlockend zu sich. Er sackte zur Seite und folgte dem Ruf.

Verbrannte TräumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt