2. Kapitel

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„Kylie, wach auf!"

Sie riss ihre Augen auf und erblickte die panischen Augen ihrer besten Freundin, die ihr Becken zwischen den Knien hielt und sie durchschüttelte.

Ihr Atem ging viel zu schnell und ihr Herz fühlte sich an, als spränge es jeden Moment aus dem Brustkorb.

„Was ist los?", stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Sie realisierte langsam, dass sie sich nicht mehr in der Höhle befand. Und weder Monique, noch ihr Vater, in der Nähe waren. Und keiner tot war.

Der dunkle Schleier, der sich über Kylie's Blickfeld gelegt hatte, verschwand allmählich und wie vorher umgab sie nur schwaches Kerzenlicht. Doch die Umgebung war ihr vertraut. Die Hütte. Ihr Zuhause.

"Du hast wie am Spieß geschrien und geweint hast du anscheinend auch."

Miranda wischte ihr die Tränen von den Wangen.

„Mich wundert es, dass noch keine Meute müder, wütender Schüler unsere Hütte umstellt", witzelte sie.

„Tut mir leid. Ich hatte nur... Keine Ahnung", brachte Kylie heraus.

Es war nur ein Traum. Ein sehr realer Traum. Sie dachte wirklich, er wäre echt gewesen. Es war furchtbar.

„Geht es dir gut?", erkundigte sich Miranda und betrachtet sie kritisch von oben.

„Ich denke schon. Ich weiß nicht", erwiderte sie erschöpft.

Miranda spannte sich kurz an und fragte, ob ein Geist in der Nähe war. Als Kylie die Frage verneinte, ließ sich Miranda neben sie in das Bett fallen.

„Weißt du, was uns mal wieder so richtig gut tun würde?", warf Miranda beiläufig ein, nachdem sie besorgt geseufzt hatte.

„Schokolade", erwiderte Kylie ohne richtig zu überlegen.

„Das und so ein richtiger Mädchenfilm. Du weißt schon, mit Kitsch und Tralala", erklärte Miranda fachmännisch.

„Mit Sckokoeis."

„Und Wolldecken. Holiday können wir eventuell auch einladen. Sie könnte so einen Mädelsabend gut vertragen."

„Vielleicht wären ein paar Schokokekse auch mit drin?", überlegte Kylie laut.

„Die Schokolade wird dir Lucas aber auch nicht ersetzen", erwiderte sie tadelnd. „Genauso wenig wie Perry. Oder Burnett."

„Sie hilft."

„Für eine gewisse Zeit. Weißt du noch, als wir an jenem Abend im Schokorausch waren?", sagte Miranda und fing zu lachen an, sodass das Bett leicht vibrierte.

Kylie fing auch an zu lachen. So lagen sie da, lachend, gelassen, mit dem Vertrauen, alle wiederzusehen.

Nach einiger Zeit schlich sich ein unangenehmer Gedanke in ihr Hirn und beunruhigte sie.

„Miranda?"

„So ist mein Name", antwortete sie und fing wieder an zu kichern.

„Was ist, wenn einer von ihnen nicht wieder kommt? Was ist, wenn Lucas etwas passiert ist? Oder Della? Oder den anderen?"

Seit eineinhalb Wochen waren bestimmte Schüler des Shadow Falls Camps, darunter Lucas, Perry, Della, Derek und drei weitere, die sie nicht kannte, mit Burnett, dem Campleiter, auf eine Mission der FRU geschickt worden. Die FRU konnte man sich wie die Regierung für die übernatürliche Welt vorstellen. Ohne sie würde Chaos herrschen, aber mit ihr tauchten auch oft genug Probleme auf. Und heute sollten sie alle zurückkommen.

„Ich weiß es nicht. Hoffen wir mal, dass es allen gut geht."

„Ich könnte mir nie verzeihen, wenn einer von ihnen nicht zurückkommt", murmelte Kylie mit starrem Blick in die Dunkelheit.

„Ich auch nicht. Ihr seid für mich alle wie Familie. Ohne einen von euch würde meine Welt zusammenbrechen", flüsterte Miranda. Kylie spürte, wie Miranda weinte, denn sie versuchte, ihr Schluchzen zu unterdrücken.

„Ich hab auch alle ganz doll lieb." Sie umarmte und beruhigte ihre beste Freundin.

Vorsichtig griff Kylie über sie hinweg nach ihrem Handy, um die Uhrzeit zu checken.

„Weißt du, eigentlich ist es ja sinnlos, jetzt noch zu schlafen. Der Wecker klingelt in einer knappen halben Stunde."

Miranda hatte sich wieder gefangen und sprang förmlich aus dem Bett.

„Na dann, auf, auf, Miss Galen. Wir haben heute viel zu tun!"

Sie hatte sich freiwillig als Organisator für die kleine Feier gemeldet, die sie für alle veranstalten wollten.

„Ja, Ma'am. Aber wenn ich um die Genehmigung einer Dusche bitten dürfte?", fragte sie beiläufig, während sie aus dem Bett kroch.

Plötzlich wurde der Raum durch grelles Licht erhellt, das Kylies Augen verbrannte und aufschreien ließ.

„Natürlich. Aber nicht zu lange." Sie hüpfte wie ein Huhn aus dem Zimmer, was bei Kylie einfach nur Kopfschütteln verursachte.

Sie kramte ein dunkelblaues Tanktop und weiße Shorts hervor und fuhr sich durch ihre vom Schlaf verwuschelten Haare. Die Schweißspuren auf dem Rücken und der Stirn hatte sie ihrem Albtraum zu verdanken. Die Gänsehaut, die ihre Arme überzog, wollte nicht verschwinden. In ihrem Kopf sah sie nichts anderes als einen toten Lucas. Ja, eine eiskalte Dusche täte ihr jetzt wirklich gut.

Vereint im Sonnenlicht - Shadow Falls CampNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ