ginny oh

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„Eigentlich wollte ich dir die Gläser abnehmen, kannst du mir auch gleich eins mit runter geben?"

„Oh ja klar." Mir stieg eiskalte Röte ins Gesicht, von der ich niemals gedacht hatte, sie zu besitzen. Sonst war ich ein sehr nüchterner Mensch der sich nur selten für etwas schämte, geschweige denn überfordert war.

Die Wärme ihrer Hand schwand, ich gab ein paar Gläser hinunter, und sprang folglich versucht lässig vom Tresen auf den Parkettboden. Meine Haare waren mir ins Gesicht gefallen. Ich strich sie hinter meine Ohren und musterte die Frau, welche nun auf Augenhöhe erneut begann zu sprechen.

„Hab dich vorher tanzen sehen, mit deinem Freund, und fand eure Connection ziemlich cool. Deswegen hab ich kurzzeitig so gestarrt, tut mir leid falls das weird rüber kam."

Wir standen uns recht nah, und sie sagte es selbstbewusst, verpackt als eine Entschuldigung und ein kleines Kompliment in einem. Der Fakt, dass Tom nicht mein Freund war, würde ich ihr nun nicht erklären, sonst kam es womöglich noch wie eine seltsame Rechtfertigung oder eine F+ rüber. Außerdem tat meine Sexualität nun nichts zur Sache.

„Ach du alles gut, habe ja auch gestarrt, sorry dafür, und sorry für alle weiteren Male."

Ich zwinkerte ihr zu, während ich den Abstand zwischen uns wieder ein wenig vergrößerte. Dann griff ich zu einer angebrochenen Gin Flasche und füllte mein Glas angemessen.

„Dir auch einen Gin Tonic?"

„Du kannst Gedanken lesen.", raunte sie, und grinste amüsiert, als sie den Füllstand meines Glases mit Gin im Vergleich zu dem Ihren beäugte. Ich hatte gerade sehr dolle Lust, mich abzufüllen, und außerdem stieg mir ein bisschen Nervosität zu Kopf. Hinfort damit! - ich war schließlich in meiner gewohnten Umgebung, mit meinen besten Freunden und vielen geilen Menschen. Es verunsicherte mich, hier zu sein, und neben ihr zu stehen, mit ihr zu reden, und in ihre tatsächlich blauen Augen zu blicken. Ich wollte dies gerade nicht verspüren, und genauso wenig wollte ich zugeben, dass wir uns ein wenig zu ähneln schienen. Sie trug eher feminin aufreizende Kleidung; ein enges langärmeliges Top, eine Schlagjeans, und Cowboystiefel, in welche seitlich ein Päckchen Tabak gesteckt worden war. Der Silberschmuck klimperte leise als sie sich eine lang geflochtene Strähne hinter den Rücken strich. Einige Tattoos waren an den Händen zu erahnen. Sie hatte eine tiefere Stimme als ich, jedoch nicht auffällig tief, eher sexy. Zudem lange Nägel, geschminkte Lippen, einen seitlichen Nasenpiercing, leichte Sommersprossen, Lachfalten an den Augen und der Nase. Außerdem einen offensichtlich guten Geschmack für Jungs, eine sehr verführerische Art, und ich erahnte ihren Spaß am neckischen Flirten, so wie ich es auch gerne tat. Gefährlich gute Kombi.

Inzwischen war ich um den Tresen gelaufen um Tonic Water und eine Zitrone aus dem Kühlschrank zu holen. Sie griff zu der Gin Flasche und schenkte sich nach, sodass die alkoholische Füllmenge unserer Gläser gleich voll waren.

„Ich lass dich schließlich nicht allein abstürzen, wo wäre denn da der Spaß.", erklärte sie, als sie meinen irritierten Blick sah. Ich schenkte ihr nach dieser Aussage ein schelmisches Grinsen, reichte ihr das Tonic Water und schnitt eine Zitrone auf einem Brett in Scheiben. „Außerdem ist Simon schon so dicht, da muss ich auch n bisschen nachlegen."

„Ehrlich, typisch Simon. Auf gefühlt jeder Feier ist er derjenige, der die Leute organisiert und dann am betrunkensten ist.". Ich lachte, während ich ihr das erzählte. „Einmal auf einer Poolparty hat er so viel getrunken, dass er mit seinen ganzen Klamotten ins Wasser gesprungen ist, um danach Knockout aufm Teppich im Flur zu pennen. Und das bis zum nächsten Morgen, da hab ich ihn dann gefunden als ich zum Klo bin, um selber nochmal zu reihern." Sie schenkte mir einen gespielt erstaunten Blick, und lachte dann herzlich los.

„Aber.. sag mal, was ist das eigentlich zwischen Simon und dir? Woher kennt ihr euch?" Ich blicke sie erwartungsvoll an. Eigentlich hatte ich nicht erwartet, dass dieses Gespräch nun in diese Richtung geht, doch wenn wir schon einmal beim Thema Simon angelangt waren, so wollte ich schließlich auch ihre Absichten mit ihm erfahren. Keine Lust auf Beziehungsstress in der Freundesgruppe. Sie schien zwar ziemlich ehrlich, doch zugleich gefährlich selbstbewusst.

„Mmm, wir haben uns vor circa ner Woche in einer Bar kennengelernt. Er war glaub mit seinem Bruder dort, jedenfalls hat er mich offensiv angemacht und den ganzen Abend gut umschmeichelt. Dann haben sie mich nach meiner Schicht noch nach Hause gebracht, obwohl es nur fünf Minuten Fußweg waren. Er ist offensichtlich sehr attraktiv, und ein Gentleman dazu, alsooo.. Seitdem haben wir uns nicht mehr gesehen, und ist eigl auch eher son spontanes Ding, dass ich hier bin. Als er geschrieben hat war ich noch an der Arbeit. Spätschichten am Wochenende bocken nicht so, aber in der Branche halt ein Standard. Aber bin ja selber Schuld!"

„Du erzählst mir jetzt, dass du Barkeeperin bist, aber lässt mich die Drinks machen?", antwortete ich gespielt beleidigt, während ich Crushed Ice im Glas schwimmen ließ und die Zitronenscheibe an den Rand steckte.

„Jaaa, du machst das doch super. Fast gedacht Profi!", lachte sie, und nahm ihr Getränk dankend entgegen. „Außerdem lasse ich mich auch gern mal bedienen." Sie nahm einen großen Schluck und schaute mir dabei tief in die Augen. Eine leichte Gänsehaut machte sich breit, dann fasste ich mich wieder.

„Nagut, aber zu Simon - Ich wünsch mir einfach nur dass du es ernst mit ihm meinst und es kein unnötiges Drama gibt. Weil eigentlich komm ich ziemlich gut mit dir aus. Wenn ich mich aber entscheiden muss, dann immer für Simon. Verstehst du?"

„Klar, mach dir keine Sorgen. Du bist süß! Und der Drink verdammt lecker." Sie zog mich in eine seitliche Umarmung, welche wohl der Beginn einer neuen Freundschaft bedeuten sollte. Ich lege meine Hand kurzzeitig an ihre warme Taille und erwidere den platonischen Kontakt herzlich. Mein Herz schlug laut, doch nur ich hörte das Hämmern, welches einen Beat mit dem Bass der Boxen bildete.

„Gehen wir raus und amüsieren uns.", sagte ich an ihr Ohr, löste mich von ihrer Seite und ging mit dem Drink in der Hand voraus. Es schien, als würde sie mich intensiv von hinten mustern, doch als ich einen Blick über die Schulter warf, waren ihre Augen gesenkt.

★ verdient? Danke!

BESSER ich sag's dir NICHTWhere stories live. Discover now