New York
Wenn man in einer Welt lebt, in der Götter keine einfache Märchengeschichte sind, sondern wirklich existierende Kreaturen sind, läuft das Leben als Mensch zwangsläufig anders.
Große mächtige Götter. Wunderschön, einzigartig, gefürchtet und verehrt.
Jeder von ihnen hat seine ganz eigene Geschichte, die sich die Menschen früher an den Feuerstellen und heute im gesamten Netz, Zeitung und Fernsehen erzählen.
Und es gibt immer was zu erzählen, glaubt mir.
Selbst nach über dreitausend Jahren werden die Menschen und meine Familie nicht müde, Geschichten zu erzählen.
Meine eigene ist schnell erzählt.
Persephone Zeus. Fünfundzwanzig Jahre jung. Tochter der Demeter und des Zeus.
Mir wurden, kurz nach meiner Geburt, die Kräfte des Frühlings und der Pflanzen geschenkt.
Keine wirklich aufregenden Kräfte, so im Vergleich zu meiner Familie.
Aber das ist auch vollkommen in Ordnung so.
Andernfalls würde ich unter den Menschen noch mehr auffallen, als ich es wohl ohnehin nicht schon tu.
Wie ich ja bereits erzählt hatte, brachte meine Mutter meinen Bruder und mich auf die Erde. Um hier ein halbwegs normales und beschütztes Leben zu haben.
Fernab der Intrigen und Machtspieler meiner Familie, von denen ich immer wieder aus den Geschichten meiner Mutter und den Medien erfuhr.
Hier zu leben, war für mich auch absolut in Ordnung.
Ich liebte die Menschen. Ich liebte meine Ausbildung, die ich unter ihnen machen durfte und auch das Leben mit ihnen.
Ich liebte es so sehr, dass ich mich wohl nie selber als Göttin bezeichnen würde. Dafür gab es keinen Grund.
Und weil ich es so liebte, war es nur eine Frage der Zeit, bis ich die Eigenschaften der Menschen auch für mich übernahm.
Zum Beispiel Unpünktlichkeit und Hektik.
Eigentlich, so dachte ich, es sei ein Morgen wie jeder andere Morgen auch. Wach werden. Zähne putzen. Haare stylen. Schminken. Frühstücken. Anziehen. Merken, dass ich viel zu spät dran bin. Panisch werden. Beschließen, dass ich das Frühstücken nicht mehr schaffe und mir die Toastscheibe einpacke. Kaffee in den glitzernden To-Go-Becher füllen, auf dem ein zufriedenes Schaf schlafend grinst. Auf die Uhr sehen. Nochmal panisch werden. Fluchen.
Neuer Job. Wichtige Anstellung.
Ganz wichtig; ich habe den Job nicht, weil ich eine Göttin bin, sondern weil ich gut in dem bin, was ich mache.
Lesen. Recherchieren. Schreiben. Sachen zuverlässig erledigen. Studium abgeschlossen mit eins Komma null. Ganz ohne meinen Nachnamen.
Nein. Den hatte ich dort freiwillig von Zeus in Murphy geändert. Fand ich passend. Schließ war ich damals nicht geplant, als Zeus Hera mit meiner Mutter betrog. Eine Sache, die ich bis heute nicht verstehen wollte. Wie ausgerechnet meine Mutter, nach all den vielen, vielen Jahrhunderten, in denen sie Zeus und sein Wesen kannte, doch noch schwach geworden war. War das Eros, den Gott der Liebe, seine Schuld gewesen? Hatte er seinen Pfeil falsch verschossen? Mom bezeichnete es als schwachen Moment.
Also alles was schief gehen kann ... nennt sich Persephone.
Nun, da ich aber für ein großen Zeitungsverlag schrieb, führte kein Weg mehr vorbei an meinem wirklichen Namen. Wenn man für eine Zeitung arbeitet, die den meisten Teil über Klatsch und Tratsch veröffentlicht, ist es von Beginn an wichtig, mit offeneren Karten zu spielen. Andernfalls läuft man Gefahr, selber zum Artikel der Woche zu werden.

BINABASA MO ANG
The Hades and Persephone Story
Fantasy„Zeus!" rief der Gott der Unterwelt mit donnernder Stimme aus. Das Gelächter verstummte schlagartig. Die Musik der Philharmonie kam zum Erliegen. Alle Augenpaare richteten sich in diesen Moment auf uns. Jeder Gott dieser und der Menschenwelt sah...