13. Kapitel

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Ich atme tief ein und öffne meinen Notizblock. Mit dem Kugelschreiber bewaffnet, kläre ich all meine Gedanken und fokussiere mich auf den Fall.

Tommy stellt mir das Glas hin und setzt sich neben mich - ein bisschen zu dicht dafür, dass er mein Mandant ist, aber ich habe jetzt keine Nerven dafür, um ihn zurechtzuweisen.

Stattdessen überfliege ich das Dokument und die Anklage.

,,Okay, vorab", beginne ich und sehe ihm fest in die Augen. ,,Ich will nicht wissen, ob du es getan hast oder nicht."

,,Ich hab's aber nicht gemacht", versichert er mir sofort.

Ich verdrehe die Augen und funkle ihn an. ,,Es. Ist. Mir. Egal", wiederhole ich extra langsam. ,,Ich bin hier, um dich da rauszuholen. Und wenn nicht als Unschuldiger, dann zumindest so, dass man dir keinerlei Beweislast vorwerfen kann, verstehst du?"

,,Ja", sagt er und beugt sich etwas weiter vor - in erster Linie, um über die Dokumente zu schauen, aber mir entgeht nicht, dass er damit auch mir näher kommt.

,,Tommy", ermahne ich ihn nun doch. ,,Es ist nicht gut, dass wir uns bereits kennen. Eine persönliche Beziehung zum Mandanten kann sowohl dem Klienten als auch dem Anwalt zum Verhängnis werden, okay?"

,,Wir haben also eine persönliche Beziehung?", fragt er schelmisch und wackelt leicht mit den Augenbrauen.

,,Tommy!", rufe ich und schüttle ungläubig den Kopf. ,,Lass mich bitte meinen Job machen, okay?"

,,Sicher."

,,Gut. Hast du irgendwelche Feinde?"

Er überlegt kurz und zuckt dann mit den Schultern. ,,Nicht, dass ich wüsste."

,,Kein Mann, der angepisst ist, weil du mit seiner Frau geschlafen hast? Oder eine Frau, die rachedürstig ist, weil sie nicht deine Einzige war?", hake ich nach und mache mir nebenbei Notizen.

,,Oh, nein. Ich ficke keine vergebenen Frauen. Und wenn ich eine Frau ficke, dann immer nur eine."

Ich nicke langsam und tippe mir mit dem Kugelschreiber an die Lippe. Tommys Blick fällt sofort auf meine Lippen und er beugt sich noch ein Stück vor, während ich nachdenke. Ich wünsche mir unter dem lüsternen Blicken von Tommy, dass Joel aus heiterem Himmel hier auftaucht und Tommy klar macht, dass auch ich vergeben bin..

,,Kanntest du den Mann, der der Eigentümer des Grundstücks war?"

,,Nein."

,,Kannte jemand deiner Kollegen diesen Mann? Also ist es möglich, dass dir jemand diesen Mord anhängen möchte?"

Ich gehe nochmals die Anklagepunkte durch und suche - glücklicherweise - vergeblich nach stichfesten Beweisen, die klar dafür sprechen, dass Tommy der Mörder ist. Es fehlt ein Motiv und das ist das Beste, das uns passieren kann, weil Tommy noch keinerlei Vorbestrafungen hat. Es ist sehr selten, dass ein Mensch jemanden umbringt, obwohl er dazu gar keinen Grund hatte und dazu noch nie auffällig war.

,,Kann gut sein", meint er leise und fängt meinen Blick auf. ,,Scheiße, Addie. Auch, wenn ich vielleicht in den Knast komme, kann ich mich nicht konzentrieren, wenn du dir diesen Stift die ganze Zeit an die Lippen hältst", murmelt Tommy und bekommt einen ganz verklärten Blick.

Ich will gerade mit dem Stuhl zurück rutschen und aufstehen, um ihn ordentlich zurecht zu weisen, als ich eine vertraute Stimme höre:,,Was zum Teufel?!"

Tommy und ich zucken zusammen und mir klappt zum zweiten Mal an diesem Abend die Kinnlade runter, als ich Joel vor uns stehen sehe. Er hat eine Hand auf die Schulter von.. Sarah?!.. gelegt und schaut abwechselnd von Tommy zu mir. Seine Augen speien Feuer, als ihm bewusst wird, wie dicht Tommy neben mir sitzt.

the fire within usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt