Gemischte Gefühle

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Nachdem ich den Großteil meiner Klamotten ausgepackt und in den massiven Schrank einsortiert hatte, war er immernoch fast leer. So wie ich meine Cousine und Tante kannte, würden sie das aber bald mit einer riesigen Shoppingtour ändern. Gerade holte ich das letzte Shirt aus meinem Koffer, als darunter ein Foto zum Vorschein kam. Darauf waren meine Mutter und ich zu sehen wie wir zusammen in der Küche stehen und Marmelade aus Erdbeeren kochen, die wir selbst gesammelt hatten. Ich hielt einen großen Kochlöffel in der Hand und rührte mit einem Lächeln im Gesicht im Topf rum. Meine Mutter, ebenfalls grinsend neben mir. Ihr blondes Haar war in einem tiefen zerzausten Dutt zusammengebunden und trotzdem sah sie einfach nur perfekt aus. Wie ich sie doch vermisste. Auf dem Bild muss ich 4 oder 5 Jahre alt gewesen sein. Seitdem ist viel passiert... ,,Ich vermisse dich, Mum.", sagte ich, in der Hoffnung sie würde mich hören. Durch das Klopfen an der Tür wurde ich schließlich aus meinen Gedanken gerissen. ,,Ja?" In wenigen Sekunden schaute der Kopf meiner Tante durch die Tür. ,,Hey Sweetie" ,,Hey. Komm ruhig rein." Sie sah bedrückt aus. ,,Alles ok bei dir?", fragte ich. ,,Bei mir? Ich sollte fragen, ob bei dir alles ok ist, Sweetie. Du hast immerhin eine Menge durchgemacht und ich konnte nicht für dich da sein.", antwortete sie mir. ,,Mir geht es wirklich gut, Jas. Du brauchst dir keine Sorgen machen. Das einzige was zählt, ist, dass wir jetzt hier sind. Bei dir. In Sicherheit.", versuchte ich sie zu beruhigen. Eine kleine Pause entstand, bevor sie fortfuhr. ,,Miley.. Ich möchte, dass du mal mit einem Therapeuten redest." Sofort sah ich sie entsetzt an. ,, Ein Therapeut?! Niemals. Das einzige was diese Idioten wollen, ist ein Haufen Kohle. Die interessieren sich doch eh nicht für das was mit mir los ist. Reine Zeit- und Geldverschwendung!" Ich war aufgebracht. Meine Worte kamen schnell aus mir heraus, während ich die letzten Sachen aus meinem Koffer im Schrank plazierte. ,,Ich verstehe, dass du so denkst.", beginnt meine Tante ruhig. ,,Keiner hat dir die letzten Jahre zugehört. Sich um dich, deine Gefühle und Bedürfnisse gesorgt. Jetzt hast du aber Menschen um dich, sie sich um dich und deinen kleinen Bruder kümmern. Du musst die ganze Last nicht mehr alleine tragen." Ihre Worte trafen mich. Es war wie eine Erlösung für mich, diese Worte zu hören. Meine Probleme wurden endlich von meiner Familie wahrgenommen und sie wollten mir helfen. Kleine Tränen bildeten sich in meinen Augen, die ich aber unbedingt zurückhalten wollte. ,, Miley, ich denke wirklich, dass Dr. Rodriguez dir helfen kann. Sie ist eine sehr gute Therapeutin und auch eine gute Freundin von mir. Geld ist für sie nebensächlich. War es schon immer. Du und Liam werdet zu ihr gehen. Getrennt. Wir gehen es bei ihm langsam an, damit er sie erstmal kennenlernen kann und eine Bindung zu ihr aufbaut.", erklärt sie. ,,Weiß Alec davon?" Kurz und knapp antworte sie:,, Ja. Er wollte es auch." Ich hielt nicht viel von Therapie. Kann sein, dass es anderen Menschen helfen mag, aber ich war mir sicher, dass es reine Zeitverschwendung für mich war. Ich wollte mich niemandem öffnen. Ich regelte das lieber alleine mit mir.

*einige Stunden später *

Fertig ausgepackt und frisch geduscht, ging ich runter zum Abendessen. Es gab Ofengemüse mit Hänchenfilet. Nachdem sich jeder zu Tisch gesetzt hatte, begannen sie auch schon sich die Teller zu füllen. Ich nahm mir nur ein kleines Stück vom Fleisch und ein bisschen Gemüse. Im Gegensatz zu meinen Brüdern, die sich wirklich die Teller voll machten. ,,Das reicht dir Mils?", fragte mich meine bezaubernde Cousine. ,,Ja, ich habe nicht wirklich großen Hunger." ,,Du hast doch den ganzen Tag nichts gegessen.", erwiderte sie. ,, Doch. Ich habe vorhin etwas Obst gegessen und in der Früh beim Jugendamt, bevor wie losgefahren sind." ,,Ok. Na dann Leute. Guten Appetit.", beendete sie unser Gespräch und fing an zu essen. Ich war froh, dass sie mir so schnell glaubte. Schon nach dem ersten Biss war mir übel. Schnell trank ich Wasser nach, aber auch das half nichts. ,,Alles ok, Lou?", fragte mich Alec, als er meine Hand, die die Gabel in meiner Handfläche unruhig hin und her schob. Sofort antwortete ich: ,,Ja. Ja natürlich." ,, Schmeckt es dir nicht Liebes? Willst du etwas anderes?", hakte meine Tante Jasmine gleich nach. ,,Nein Nein es ist gut. Wirklich. Alles bestens." Schnell nahm ich noch einen Bissen und war froh als Liam wieder anfing über irgendwas zu quaseln. Das Stück Kartoffel in meinem Hals musste ich runterwürgen. Es war lecker und trotzdem hatte ich das Gefühl mich jede Sekunde übergeben zu müssen. Nach einer gefühlten Ewigkeit war das Essen vorbei. Zum Glück meinten Jasmine und Olivia, dass sie den Rest wegräumen und erledigen würden. Da wir so einen langen Tag hatten, könnten wir schlafen gehen.

Alec's Sicht

Ich spürte, dass etwas bei meiner kleinen Schwester nicht stimmte. Den ganzen Abend hatte sie kaum geredet. Später ging ich zu ihrem Zimmer, um mit ihr zu sprechen. Nachdem auf mein Klopfen keine Reaktion kam, trat ich ein. Allerdings war sie nicht da. Geräusche aus dem Bad verrieten mir, dass sie wohl da drin sein muss, weil die anderen alle im Wohnzimmer waren. Olivia beschäftigte Liam bevor Jasmine ihn ins Bett bringen konnte. Ich wollte anklopfen, doch dann hörte ich seltsame Geräusche. Es klang so als würde sie sich übergeben. Voller Besorgnis klopfte ich an die Tür. ,,Miley? Alles ok?"

Snake eyesWhere stories live. Discover now