Teil 11

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Mausseele lag am Boden, die Augen geschlossen, die Schulter blutüberströmt. Er sah nichts als Dunkelheit. Dunkle Wellen, um ihn herum...Und plötzlich war da Licht, sanftes Licht, hell wie die Sterne und silberfarben. Und ein Tor stand vor ihm, von tausenden Sternen umgeben. Aus dem Tor trat eine wunderschöne grauschwarze Kätzin mit intensiven türkisfarbenen Augen. "Mausseele, vielleicht ist die Zeit gekommen. Vielleicht wirst du sterben." sagte sie und ihre Stimme war sanft. "Aber du bist noch nicht bereit. Etwas hält dich. Was ist es?"

Mausseele machte große Augen. Ein frischer, kühler Wind fegte über ihn hinweg. "Es ist...Hasenohr." antwortete er leise. Der Wind wirbete ihn herum und die Dunkelheit umpfing ihn erneut.

Aber das letzte Wort sprach er laut aus.

Hasenohr kam gerade wieder zurück. ,,Mausseele wach auf!", sagte sie und rüttelte ihn durch. ,,Du darfst nicht sterben, sonst war alles umsonst!"

#Was soll alles umsonst gewesen sein?# Mausseeles trotzige und manchmal fiese Denkweiße übernahm. Er konnte weder sprechen noch sich bewegen, spürte, dass er am Rande des Todes stand. *Und da komme ich mit solchen Fragen??* dachte er.

#Die ganzen Male die wir uns gerettet haben!# antwortete Hasenohr. #Was kann ich tun um dir zu helfen? Ich tue alles, zumindestens Versuche ich es.#

#Ich werde sterben ohne geliebt worden zu sein...# dachte Mausseele und wenn er sich hätte bewegen können, wäre er zusammengezuckt. *Habe ich das gerade wirklich 'gesagt'? Hat man vor seinem Tode nicht mehr die Kontrolle darüber, was man tut oder sagt oder denkt?* dachte er panisch. Dann beschloss er aber, dass es doch ganz gut so war, endlich mal richtig darüber zu sprechen. #Ich habe dich gerettet, weil ich... in dich verliebt war. Aber warum du? Warum hast du mich gerettet?# fragte er und dachte daran, dass er sich auch vor Hasenohr geworfen hatte und die Kugel ihn getroffen hatte statt sie.

#Und ich weiß nicht, was du tun kannst.# schob er nach.

#Weil ich dich auch liebe, aber anders als du. Ich liebe dich wie einen Bruder. Und was du nicht weißt ist, das du nie eine Chance gehabt hättest, nicht weil du du bist, sondern weil ich für Kater einfach nicht das gleiche empfinden kann wie für Katzen.# gestand Hasenohr.

#Nein. Das ist falsch. Und das weißt du.# widerlegte Mausseele. #Es kommt auf den Charakter, auf die Katze an. Nicht auf das Geschlecht. Du sagst, du kannst dich nur in Katzen verlieben. Aber woher willst du das wissen? Was ist, wenn du einen Kater hast und dich in ihn verliebst? Weil es eben so ist?#

#Du weißt nicht wie es ist. Du kannst es einfach nicht wissen aber es ist so.# meinte Hasenohr ruhig.

Seine Kräfte ließen nach. Plötzlich war die Dunkelheit wieder da, ummantelte ihn und zog ihn mit sich. Er lag allein auf einem riesigem Berg, von Wolken umgeben, die sich kühl und frisch anfühlten. Der Himmel über ihm war dunkel und sternenklar. Vorsichtig stand er auf. Er hatte keine Schmerzen mehr. Und als er sich umdrehte, erblickte er einen gewundenen Pfad aus funkelnden Sternen. *Der Sternenpfad...Bin ich nun tot?* Er stand direkt vor diesem Pfad und er wusste, wenn er eine Pfote auf ihn setzen würde, wäre sein Leben vorbei.Er zögerte. *Funkentanz wird groß werden und mich vergessen. Und auch Hasenohr wird mich vergessen. Ich bin nicht besonders, ich bleibe nicht in Erinnerung. Keiner wäre traurig, keiner würde mich sein restliches Leben lang vermissen.* dachte er. Und doch...und doch wartete er, hoffte auf die Erfüllung seines Wunsches an die Sterne, obwohl er wusste, dass dies unmöglich war. Denn dieser Wunsch war das einzige, was ihn von seinem Tod noch trennte...

Mausseeles WunschWhere stories live. Discover now