Kapitel 29: Heimweh

712 26 0
                                    

Isabell wachte am nächsten Morgen mit einem ziemlich üblen Brummen im Kopf auf. Ihre Platzwunde pochte immernoch leicht und da ihr Körper sich ziemlich früh dazu enschied, wach zu werden, hatte sie auch nicht allzu viel Schlaf abbekommen. Trotzdem wollte sie nicht länger im Bett bleiben, hier dachte sie zu viel nach. Nachdem sie sich in einen Hoodie und eine Jogginghose geschmissen hatte lief sie und die Küche und machte sich einen Tee. Flo, der sie anhand des Wasserkochers in der Küche bemerkt hatte, kam mit einem besorgten Gesichtsausdruck in den Raum. "Hey, du bist ja schon wach. Wie geht's dir?" Isabell, die mit der dampfenden Tasse am Tisch saß, schmunzelte. "Bitte hör' auf so nett und rücksichtsvoll zu mir zu sein, dass bin ich garnicht von dir gewohnt." Er seufzte und setzte sich zu ihr. "Du tust ja so als wär' ich dein Erzfeind. Ich mach mir ja nur Sorgen. Außerdem solltest du das lieber auskosten, so nett wie jetzt werde ich wahrscheinlich länger nicht mehr zu dir sein.", antwortete er grinsend. Isabell lächelte still. "Mir geht's gut. Brauchst dir keine Sorgen zu machen.", fügte sie hinzu. Flo sah sie ungläubig an, woraufhin Isabell entnervt ausatmete. "Wirklich! Tut halt ein bisschen weh, aber nichts dramatisches. Bisschen Kopfschmerzen." Sie sah runter in ihren Tee. "Und wie geht's dir?", bohrte er weiter nach. Sie zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Geht schon." Für einen kurzen Moment schwiegen beide. Es schien, als wusste keiner wirklich, was er sagen sollte. Dann setzte Flo wieder an. "Du musst ihn aufjedenfall anzeigen. Diesesmal ist es nicht nur Stalking, sondern auch Körperverletzung. Vielleicht auch Nötigung, er hat dich ja auch gegen deinen Willen festgehalten. Und bei seiner Aktenvergangenheit... den kriegen wir sicher dran. Mein Vater kennt einen guten Anwa-" "Ich weiß nicht ob ich ihn anzeige.", unterbrach ihn Isabell. Flo hielt inne und starrte sie verwirrt an. "Was? Wieso dass denn? Willst du dass er damit davonkommt?" Sie seufzte. "Ich bezweifle dass das was bringt. Hat's ja beim letzten mal auch nicht, sonst wäre das gestern ja nicht passiert." Flo wurde immer empörter. "Isabell, willst du ihn einfach damit davonkommen lassen oder was? Ist dir klar was gestern passiert ist? Der hätte dich umbringen können, wer weiß was noch passiert wäre wenn ich nicht gekommen wäre?!" Flo's Stimme wurde immer lauter und Isabell schloss die Augen und legte die Finger massierend an die Schläfen. "Flo bitte..." Sie sah ihn flehend an. "Was wenn er das nochmal macht und dann ist keiner da um dich zu schützen? Oder was wenn er das mit einer Anderen macht?" "Flo hör bitte auf!", wurde sie lauter. "Ich weiß gerade überhaupt nicht was ich denken oder fühlen soll. Ich kann über sowas gerade noch nicht nachdenken. Außerdem wäre ich nicht in dieser beschissenen Situation gelandet wenn ihr euch nicht als gesamte Gruppe dazu entschieden hättet mich vor der gesamtem Bar bloßzustellen und auzuladen. Schon vergessen? Eigentlich ist das alles deine Schuld, du konntest wieder deinen Mund nicht halten und musstest Larissa natürlich wieder alles erzählen, bevor ich überhaupt die Gelegenheit dazu hatte! Und dann sitzt du da am Tisch und tust nichts, während Larissa mir den letzten Rest Würde herunterredet. Du hättest mich wenigstens warnen können! Weiß nicht ob du das vergessen hattest, aber wir sind verwandt, wir wohnen zusammen und ich dachte sogar, wir wären auch irgendwie Freunde!" Isabell hatte sich so in rage geredet, dass sie unbewusst aufgestanden war und nun auf ihn runterschaute. Flo schaute betreten zu Boden. Jetzt tat ihr Gefühlsausbruch ihr leid. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er ein ziemlich schlechtes Gewissen hatte, schon gestern. Sie setzte sich wieder. "Tut mir leid ich- das war nicht so gemeint. Das gestern ist nicht deine Schuld, wirklich. Ich glaube... Ich glaube mir geht's doch nicht so gut. Ich ruhe mich lieber nochmal ein bisschen aus." Sie schluckte, griff nach ihrem Tee und erhob sich ging zurück in ihr Zimmer. Zwei Minuten später klopfte es und Flo's Gesicht erschien im Türrahmen. Er kratzte sich nervös am Kopf. "Du hattest Recht. Mit dem was du gesagt hast gerade. Ich hab scheiße gebaut." Isabell schüttelte den Kopf. "Ist schon oka-" "Das gestern hätte nicht so passieren dürfen. Es tut mir leid. Wirklich." Er sah sie lange an, und Isabell konnte das Schuldbewusstsein in seinen Augen sehen. Sie nickte und lächelte ihn sanft an. "Ist schon okay. Mach einfach nächste Woche in paar mal den Abwasch und dann verzeih ich dir." Er lachte erleichert und lächelte sie dankbar an. Er wollte gerade die Tür schließen, hielt aber nochmal inne. "Achso, du hast heute bestimmt noch nicht auf dein Handy geschaut oder? Es gibt noch ein paar andere Leute die gerne mit dir sprechen würden. Und deine Eltern machen sich auch Sorgen." Damit verließ er den Raum und ließ Isabell in dem stillen Raum zurück. Stimmt, ihr Handy hatte sie seit gestern Abend nicht angerührt. Als sie das kleine schwarze Gerät entsperrte kam ihr eine Flut von Nachrichten entgegen. Celine und Maja hatten ihr mehrere panische Nachfragen ob es ihr gut geht geschickt, Larissa und Emma hatten mehrmals versucht sie anzurufen. Auch ihre Eltern waren in der verpasste-Anrufe Liste. Isabell entschied sich, zunächst ihren Eltern Entwarnung zu geben. Nach einer halben Stunde mit ihrer Mutter und ihrem Vater am Telefon fühlte sie sich gleich besser. Gleichzeitig machte sich Heimweh in ihr breit. Sie versuchte den Gedanken an Zuhause zu verdrängen und sich mit den anderen Nachrichten abzulenken. Um nicht allen einzeln antworten zu müssen, schrieb Isabell in die gemeinsame Gruppe.

Die Chaoten

Du: Hey, mir geht's gut, braucht euch keine Sorgen zu machen

Nur zwei Minuten später bekam sie eine Reaktion.

Larissa: Gottseidank!

Emma: Können wir uns heute treffen? Wir würden gerne mit dir reden

Maja: Oder auch morgen oder übermorgen, je nachdem wie es dir geht

Du: Morgen passt.

Isabell sah nachdenklich auf den Bildschirm. War Larissa noch sauer? Oder eine der anderen? Was würde sie im Gespräch morgen erwarten? Gedankenverloren scrollte sie durch Whatsapp. Als ihre Augen auf den Namen den Namen 'Julian' stießen, zuckte sie innerlich kurz zusammen. Sein Chat war durch die ganzen anderen Nachrichten ziemlich runtergerutscht. Er hat mir nicht geschrieben. Dann erinnerte sie sich jedoch daran, ihm gesagt zu haben dass sie etwas Abstand brauch. Stimmt, sie brauchte Abstand. Sie brauchte eine Pause. Die Heimweh- Gefühle vom vorherigen Telefonat kamen wieder auf. Ja, sie musste raus aus Dortmund.

A/N: Heyyy friends, ich hoffe bei euch ist alles fresh. Konnte aus dem Urlaub nichts posten, deswegen jetzt erst. Einen schönen sonnigen Tag wünsche ich euch :)

Torschuss in's Herz || Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt