Kapitel 21

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Kapitel 21

2001 - Rudolfsheim, Fünfhaus

Dicke, schwarze Wolken standen über Wiens Fünfzehnten Bezirk. Regen prasselte in Strömen vom Himmel und wurde von Blitzen und lauten Donnern begleitet.

Der fünfzehnjährige Raphael rettete sich so schnell er konnte ins Gebäude. Wasser tropfte von seiner Kleidung. „Scheisse..", fluchte er genervt und strich sich die nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Er war komplett durchnässt.

Seufzend lief er die Treppe hoch, bis er an seinem Stockwerk ankam. Er schlenderte durch den Flur zur Wohnung und blieb fragend stehen, als er jemanden vor seiner Wohnungstür sitzen sah. Er runzelte die Stirn. „Jasmin?", kam es von ihm, als er sie von der Seite erkannte.

Ihre Beine hatte sie an die Brust gezogen und den Kopf an die Haustür gelehnt. Raphael hörte sie schniefen und ging auf sie zu. „Ey", sagte er und blieb vor ihr stehen, schaute zu ihr runter. Ihre lockigen Haare waren nass, ihre Kleidung ebenfalls. Den Kopf hatte sie in die entgegengesetzte Richtung gedreht.

„Warum lungerst du vor meiner Wohnung rum?", fragte er witzelnd und lachte. Doch sehr schnell merkte er, dass die Stimmung eine andere war. Raphael musterte sie genauer und hielt inne. „Hey", sagte er, klang diesmal ernster.

Er kniete sich zu ihr runter, legte seine Hand um ihr Kinn und drehte ihr Gesicht zu ihm. Erschrocken weiteten sich seine Augen. „Lass das", nörgelte sie und bewegte ihren Kopf aus seinem Griff.

„Willst du mich verarschen?", entgegnete er erschüttert, ließ sich auf die Knie fallen. Jasmin reagierte nicht, sondern schaute nur weg, hatte ihren Kiefer angespannt. „Schau mich an", sagte Raphael ernst und drehte Jasmins Gesicht zu sich, doch sie drückte ihn von sich weg. „Hör auf!", protestierte sie, doch Raphael könnte es nicht egaler sein.

„Schau mich an, Jasmin", befahl er erneut, diesmal etwas lauter und packte ihr Gesicht, zog es zu sich und hielt es fest, sodass sie nicht wegschauen konnte. Raphael spürte, wie sein Herz für einen Moment aussetzte. Ihr rechtes Auge war blau und angeschwollen und sie hatte eine relativ große Platzwunde an der Lippe. Es tropfte sogar ein bisschen Blut aus der Wunde.

„Guck nicht so blöd. Als hättest du'n Geist gesehen", motzte sie vorlaut und schaute weg. „Wer war das?", fragte er direkt und schaute sie ernst an. „Niemand", murmelte sie und schniefte eingeschnappt. „Wer war das, Jasmin", wiederholte Raf dringlich und legte seine Hände auf ihre Schultern.

Er verstand nicht, warum sie sich so damit rumschlug. Klar gab es Leute hier, mit denen die beiden nicht klar kamen. Dann prügelten oder beleidigten sie sich und gingen wieder ihren Weg. Aber das Jasmin sowas alleine tat? Es beunruhigte ihn.

„War das Adnan und seine Piç-Bande? Ich schwöre es dir, wenn sie das waren, dann-..". „Sie waren es nicht", unterbrach sie ihn dann seufzend und schaute ihn an. Erst jetzt fiel ihr auf, dass auch er komplett nass war. Scheinbar hatte der Regen ihn erreicht, bevor er den Bezirk erreichen konnte. Raf schüttelte verwirrt den Kopf. „Wer dann?".

Sie schaute betroffen runter und atmete hörbar aus. „Es war Darko..", murmelte sie leise und schaute dann vorsichtig zu Raf. Sie erkannte, wie sein Blick sich verfinsterte und seine Augen dunkel wurden. Manchmal bekam selbst Jasmin bei dem Anblick Angst.

Raphael kannte Darko. Er und seine Jungs hatten vor einigen Wochen erst Stress mit Raphael und Zlatan angefangen. Sie hatten sich geprügelt und es hatte einige andere Jungs gebraucht, die sie voneinander wegziehen mussten.

Darko und seine Truppe hatten ohne Grund angefangen Zlatan herauszufordern und mit ihm zu streiten. Schnell wurde Raphael darin involviert. Denn wenn jemand Stress mit seinem besten Freund anfing, dann hatte dieser Jemand auch automatisch Stress mit Raphael. Er verstand nur nicht, was Jasmin damit zutun hatte. „Wieso?", fragt er verständnislos und runzelte die Stirn. Sie zuckte mit den Schultern.

Hinter schwarzen Raben I RAF CamoraWhere stories live. Discover now