Kapitel 21

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Mühsam kämme ich meine durchnässten Haare, die ich eben gewaschen habe. Früher habe ich mir immer richtig lange Haare gewünscht. Jetzt, wo meine Haare so lange sind, dass ich mich manchmal schon versehentlich draufhätte (was extrem schmerzt, weil ich nur knapp drauf sitzen „kann" und es sich dann anfühlt als würde jemand an meinen Haaren ziehen. Zudem dauerte es immer eine Million Jahre, bis sie endlich trocken wurden.

Genervt betrachte ich meine Haare. Kurzerhand gehe ich aus dem Bad in Wyldfyres Zimmer. „Komm mal mit", meine ich und packe wie am Handgelenk. „Okay", lacht Wyldfyre. Ich ziehe sie ins Badezimmer. „Und jetzt?" Fragt sie. Ich krame aus einer der Schubladen eine Schere hervor. „Du schneidest mir die Haare." Sage ich entschlossenen. Wyldfyre zieht ihre Augenbrauen hoch. „Du siehst doch, wie meine Haare aussehen. Deine solltest du mir definitiv nicht anvertrauen." Meint sie zögernd. „Ich finde deine Haare cool." Gebe ich zurück. „Ja, okay, aber zu dir... Ich weiss nicht, deine Haare sind schön, so zerzaust wie meine, wären sie es vielleicht nicht. Willst du nicht lieber zu einem richtigen Friseur?" Fragt sie. Na ja, in einer gewissen Weise hat sie schon recht. Ihre Frisur würde einfach nicht zu mir passen. „Ich meine, klar, für ein Mädchen, welches mit ihrem Drachen aufgewachsen ist, ist die Frisur ganz nice, aber für dich?" „Ich glaube, bei mir kriegst du es eher hin, gerade zu schneiden. Die eigenen Haare würde ich mir nie schneiden." Sage ich und nehme einen Lineal aus der Schublade. (Wahrscheinlich schneiden die anderen Mädels sich selbst oder sich gegenseitig die Haare, da es nicht aussieht wie die normalen Maßstäbe, die man zum Beispiel in der Schule benutzt.) „Bist du sicher? Ich meine, vielleicht solltest du die anderen Mädels fragen." Wyldfyre scheint sich zu fragen, ob ich krank bin oder so, da sie mich ansieht, als wäre ich nicht ganz dicht. Wobei das vielleicht nicht mal falsch ist. „Nein, mach jetzt." Sage ich, immer noch entschlossen.

„Alles klar", seufzt Wyldfyre und kämmt meine Haare. „Und wie lange?" Fragt sie. „Etwas kürzer als Schulterlange." Beschließe ich. „So kurz?" Fragt Wyldfyre überrascht. „Ich dachte, ich soll dir die Spitzen schneiden oder sowas." Murmelt sie. „Na ja, danach kann ich ja schauen, ob sie gut so sind oder ob ich sie noch kürzer will." Winke ich ab. „Noch kürzer?! Sag mal, geht es dir gut? Etwas kürzer als Schulterlange mache ich, aber kürzer kannst du vergessen." Meint sie. „Okay", lache ich dann nur.

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Um es spannender zu machen, hat Wyldfyre den Spiegel abgedeckt. Ich bin zwar ganz schlecht darin zu schätzen, welche Zeit es ist, aber es kann noch nicht so lange her sein, da meine Haare immer noch nass sind. „So, ich bin fertig, Mulan", lacht Wyldfyre. Ich lache. „So sehe ich aus?" Frage ich lachend. „Ein bisschen. Nur halt mit Pony und grünen Augen. Und wenn du mich fragst, bist du hübscher", sagt Wyldfyre und macht den Föhn an.

Etwa fünf Minuten später kämmt Wyldfyre meine Haare nochmal, bevor sie dann die Badetücher vor dem Spiegel runternimmt. „Oha", sage ich positiv überrascht, als ich mein Spiegelbild sehe. Wyldfyre hat meine Haare perfekt gerade geschnitten - nicht der Grund für meine Überraschung - und um ehrlich zu sein, finde ich, dass mir die kurzen Haare sogar ganz gut stehen. Sie sind genauso Spiegelglatt wie auch sonst immer. „Ich mag es!" Meine ich. „Ich hab mein Bestes gegeben." Lacht Wyldfyre. „Danke, danke", grinse ich.

Plötzlich geht die Tür auf und Harumi tritt ins Bad. „Hey Leute-", sie bricht abrupt ab. Sie sieht sich meine Haare an und nickt dann anerkennend. „Damn, das sieht gut aus." „Ist Wyldfyres Werk", erkläre ich. Harumi nimmt ein kleines Täschchen aus einem der Regale. „Lob an dich, Wyldfyre. Übrigens Jade, steht dir", meint sie, während sie das Zimmer verlässt. „Ein Grund mehr für Wyldfyre auf dich zu crushen", flötet sie und schließt die Tür. Wyldfyre und ich sehen uns peinlich berührt an. „Das...", murmle ich. „Entweder hat sie 'ne gute Menschenkenntnis oder wir sind einfach lost." Meint Wyldfyre mit einem gefälschten Hüsteln. „Definitiv zweiteres." Sage ich.

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Alle Bewohner des Klosters sitzen in einem großen Kreis. Was genau wir tun? Wahrheit oder Pflicht spielen und darauf warten, dass die grauen Regen- und Gewitterwolken sich endlich verziehen. Seit ein paar Tagen wird das Wetter immer schlechter und es wird kälter. Der Herbst ist im Anmarsch. Also haben wir beschlossen, Wahrheit oder Pflicht zu spielen. Wir haben davor eine Menge Zettel mit fragen geschrieben und ziehen nun immer eine Karte, statt so zu spielen wie sonst immer. Teilweise kommen auch recht deepe Fragen dran. Uns war in den letzten Tagen fast durchgehend langweilig gewesen, also mussten wir mal was tun.

„Ich nehme Jade." Sagt Harumi und zieht eine Karte. „Ehm", meint sie, während sie die Karte liest, da sie wahrscheinlich die Schrift nicht gut lesen kann. „Traurigste Erinnerung oder Traurigstes Erlebnis." Fargt sie. Ich überlege kurz. „Das erste mal", ich breche ab. „Als ich mich zum ersten Mal wegen Shayan umbringen wollte." Sage ich dann. Die anderen schauen mich größtenteils verwirrt an und Harumi starrt mich mit weit aufgerissenen Augen an. „Shain?!" Fragt sie rufend. „Nein, nicht Shain, Shayan. Er war mein bester Freund bis er-" Ich unterbreche mich erneut. Wieso ist mir das noch nicht aufgefallen?! „Harumi... wie sah dieser Shain aus?" Harumi schreibt zu begreifen, wieso ich das Frage. „Du denkst...", sie sieht mich nachdenklich an. „...nun ja, er hatte dunkelbraune Haare, die beinahe schwarz waren. Je nachdem, wie die Sonne drauf schien, waren sie heller, aber manchmal sahen sie beinahe rabenschwarz aus. Seine Augen sind ebenfalls braun und sehr dunkel. Man erkennt den Übergang zu seiner Pupille kaum. Er ist recht dünn, aber trotzdem war er recht stark. Zumindest stärker als ich." Erinnert sie sich zurück. „Hatte er eine Brille?" Frage ich. Shayan hatte immer eine Brille an, wenn er las. Da die Brillengläser rund waren, nannte ich ihn manchmal Harry Potter. „Ja, aber er trug sie selten." Meint Harumi. „Mit runden Brillengläsern?" Frage ich zurück. Harumi nickt. „Ich glaube Shayan hat sich vor dir als Shain betitelt..." Murmle ich. „...das ergibt sogar Sinn! Er hat doch gesagt, dass der andere Typ seinen echten Namen nicht sagen soll, weil ich sie ja sonst "hinter Gitter oder Schlimmeres" bringe." Realisiere ich. „Ja, das ist wirklich nur logisch." Sagt Zane.

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1048 Wörter

Jade || Roman ✓Место, где живут истории. Откройте их для себя