Kapitel 36

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Ich musste vier Tage im Krankenhaus bleiben. In dieser Zeit kam spätestens jede halbe Stunde jemand rein, um zu sehen, ob es mir gut ging. Oder die anderen kamen mich besuchen. Einmal musste Wyldfyre förmlich rausgeschmissen werden, weil es schon so spät war, sie sich aber weigerte zu gehen. Wieder im eigenen Bett zu liegen und im Kloster wohnen zu können, ist eine andere Art von Freiheit. Im Krankenhaus gab es nun einmal nichts zu tun. Ich muss zwar immer noch aufpassen und darf zum Beispiel noch nicht trainieren, aber damit komme ich klar.

Was Shayan angeht... Ich bin mir nicht sicher, wie stolz ich auf meine Aktion bin. Auch wenn es wahrscheinlich keine andere Lösung gehabt hätte, ist der Gedanke daran, jemanden umgebracht zu haben, beunruhigend. Vor allem, weil ich genau weiss, dass er tot ist. Bei dem Mädchen, das ihm mal geholfen hat, kann ich mir nicht sicher sein. Und selbst wenn die Wahrscheinlichkeit, dass sie tot ist, sehr hoch ist, ist die Chance, dass sie lebt größer als bei Shayan.

„Hey", Wyldfyre kommt lächelnd in mein Zimmer. „Und, hast du etwas vorbereitet?" Fragt sie. Ach das. Um mir zu danken haben sich ein paar leite wie der Polizeichef und der ehemalige Bürgermeister sich zusammengetan, um den Sieg zu feiern. Ich habe überlegt, ob ich eine Rede vorbereiten sollte, aber ich glaube, ich würde den Text sowieso komplett ändern, sobald ich anfange zu sprechen. Wozu also? „Nicht wirklich. Ich tue einfach das, was ich am besten kann." Sage ich. Wyldfyre lässt sich neben mich fallen. „Und das wäre?" „Etwas ungeplantes, leicht dummes und unverantwortliches... aber etwas, was klappt." Grinse ich. „Solange du lebst." Erwidert Wyldfyre schulterzuckend. Seit ich wach bin, nervt sie mich mit solchen Sprüchen. Okay, da bin ich selbst schuld und werde das wohl akzeptieren müssen. „Ist eigentlich irgendetwas passiert?" Fragt Wyldfyre zögernd. „Also... du warst kurz tot, war da etwas... ich weiss nicht." Ich nicke langsam. „Ich weiss was du meinst." Erwidere ich.

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Dunkelheit. Jap, genau das sehe ich. „Was zum...", ich fühle mich, als würde ich aufwachen, aber trotzdem weiss ich im Unterbewusstsein, dass ich nicht erwacht bin. Ich bin nicht auf dem Haus neben Shayan, sondern umgeben von völliger Dunkelheit. Als würde jemand einen Lichtschalter anknipsen, geht plötzlich das Licht an und beleuchtet eine Stelle vor mir. Einen rosaroten Kristall. Ich gehe langsam auf den Edelstein zu. Ich bleibe einen Schritt vor der spiegelnden Oberfläche stehen und schaue in die Spiegelung meiner Augen. Das giftgrün meiner Augen, meine Lippen und die Form meines Gesichts verändern sich nicht, aber meine Haare und Kleider. Als würde jemand von der anderen Seite aus in die Nähe des halb durchsichtigen Kristalls kommen. „Harumi?" Frage ich leise. Meine Stimme ist kaum ein schwaches Flüstern. Meine Schwester sieht mich mit einem leichten Lächeln an. Das ist sie. Oder träume ich doch? Harumi scheint etwas zu sagen, wobei sie sich leicht nach links dreht, aber ich höre nichts. Dann tritt noch jemand in mein Sichtfeld. Der Mann sieht sehr alt aus und hat überall Fakten im Gesicht. Einige sind ein Zeichen, dass er wohl viel gelacht hat, während andere zeigen, dass er nicht immer nur glücklich war. Er symbolisiert mit einer eleganter Handbewegung, zu ihm zu gehen. Aber wie? Ich lege meine Hand zögern auf das Schmuckstück vor mir... und steige durch das Gestein hindurch. Ich trete auf Harumi zu, doch sie weicht zurück. „Rumi?" Frage ich geknickt. „Wenn du mich berührst, wird es dir gleich ergehen wie mir." Sagt Harumi. Ihre Stimme klingt so lebhaft und einfühlsam wie sie es früher auch immer tat. „Wie-", der Mann neben meiner kleinen Schwester unterbricht mich. „Jade, du hast jetzt die Wahl", seine Stimme klingt genau so alt wie er aussieht. Brüchig und bebend, aber trotzdem weise und mit klarer Aussprache. „...entweder wirst du deine Schwester und deine Eltern wiedersehen, aber dafür mit deinem Leben bezahlen, oder du wirst zurück zu den Ninja kehren." Der Ton in seiner Stimme zeigt mir deutlich, in was für einer Situation ich gerade bin. Wie soll ich antworten, wenn jetzt bloß noch mehr Fragen in meinem Kopf herumschwirren? „M...Meine Ektern?" Wiederhole ich. Der Mann nickt leicht. „Ich kann dir nicht alles beantworten", sagt er, als würde er Gedanken lesen. „Nur sagen, wie dein Leben oder dein Tod aussehen wird." Harumis Blick haftet an meinem und ich spüre, wie ich anfange zu zittern. „Du kannst als Heldin, die ihr Leben für Ninjago geopfert hat in die Geschichte eingehen, oder aber bei deiner Freundin und den anderen Ninja bleiben, umweiterhin die Stadt zu beschützen." Was ist, wenn ich jetzt sterbe? Nein, das kann ich den anderen nicht antun. Irgendwann werde ich sterben, aber nicht jetzt. „Jade, wenn du dir nicht zu einhundert Prozent sicher bist, bitte komm nicht mit uns." Meldet Harumi sich. „Du musst bereit sein, um deinen Tod zu akzeptieren und damit zu leben, dass du Wyldfyre zum Beispiel nie wieder sehen wirst." Erklingt eine Stimme in meinem Kopf. Rumis Stimme. „Sonst wirst du wahnsinnig...", warnt sie. Danke, denke ich und sehe den alten Mann neben ihr entschlossen an. „Ich glaube, ich möchte noch ein bisschen die Zeit geniessen, die ich zur Verfügung habe." Antworte ich auf seine Frage ob Tod oder Leben. Ich darf die anderen nicht alleine lassen. Harumi wirft mir ein warmes Lächeln zu. „Werde ich mich hier ran erinnern?" Harumi blickt stumm zum Mann, so wie sie es vorhin bei mir gemacht hat. „Okay...", er lächelt sanft, „...du wirst dich dran erinnern, Ja." Erklärt er und zeigt hinter mich. Der Kristall ist verschwunden, stattdessen ist in etwa zehn Metern Entfernung ein strahlend weißes Leuchten. Das Licht, das auf der anderen Seite einer Tür brennt und dessen Lichtstrahlen sich einen Weg hierher bahnen? Ich werfe Harumi ein stummes Tschüss zu. „Hab dich lieb, pass auf dich auf." Höre ich ihre Stimme in meinem Kopf widerhallen. Entschlossen trete ich in das blendende Licht. Dann wird das Licht für mich ausgeknipst und es wird wieder dunkel.

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Wyldfyre sieht mich verwirrt an, als ich ihr erzähle, was passiert ist. „Verstehe", meint sie, auch wenn sie es offenbar nicht versteht. Ich tue es doch auch nicht. Hat jeder diese Entscheidung? Gibt es mehr Leute wie mich mit der Erinnerung? Hat Harumi sich für den Tod entschieden, weil sie bereut war, abzuschliessen? Wenn ja... Manche würden es nicht verstehen, weil sie sich dafür entschieden hat, obwohl sie Zeit gehabt hätte. Aber... sie hat so viel durchgemacht und erlebt... Manche Leute haben in ihrem Leben eben mehr erlebt, als andere Leute es je tun werden. Ich verstehe sie. Ich hoffe, sie ist jetzt glücklich. 

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1098 Wörter

Leute, erstens mal, ich mag das Kapitel iwie

Zweitens mal,

Danke für 1K reads <333

Jade || Roman ✓Where stories live. Discover now