46. sorry

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"Hey... Hallo?"

Verwirrt öffnete ich meine Augen.
Ich sah an mir herunter und erkannte einen menschlichen Körper.
Aber etwas schien komisch.
Mein Körper leuchtete, wie ein Geist.

"Hey. Wie geht's?" fragte mich eine mir seltsam vertraute Stimme und ich hob den Kopf.
Vor mir stand ein großer Mann mit schwarzen Haaren und leeren, toten Augen, mit denen er mich ansah.
"Heißt du... Miko?" murmelte er und ich nickte stumm.
"Du... Zayl?"
Darauf nickte auch er und nahm meine Hand.
Ich wusste, dass wir uns irgendwo her kannten. So musste es sein.
Ich wusste nicht, wer er war oder ob ich ihn wirklich bereits einmal gesehen hatte.
Ich wusste nicht einmal, wer... oder was ich selbst war.
Alles, was ich in mir fand, war das Herz eines Wolfes... die Seele eines Tigers und der Körper eines Menschen.

"Da... sie kommen." meinte Zayl plötzlich und deutete an mir vorbei, in die gähnende Schwärze, die uns zu allen Seiten umgab.
Dort kamen zwei Tigergestalten auf uns zu.
Ein schwarzer mit weißen Streifen und ein weißer mit schwarzen Streifen.
Aber sie kamen nicht alleine.
Eine Frau kam mit ihnen.

"Hallo? Wer bist du?" fragte ich neugierig, als die Tiger sich zu uns kuschelten, was wir verwirrt annahmen. Es fühlte sich seltsam vertraut und... normal an...
"Mein Name ist Alexandra Taikã. Ihr kennt mich nicht, aber ich habe schon oft mit euch geredet. Und ihr seid meine Nachfolger." erklärte uns sie bildhübsche Frau und ich hörte ihr aufmerksam zu.
Und da...
Jing und Jang... die Namen der Tiger...

Die beiden schmußten sich an uns und ich lächelte dem Wandler neben mir verschmitzt zu.
Aber da... kamen noch zwei Personen zu uns.
Zwei weitere Frauen.
Sie sahen aus, wie... Hexen. Genau wie Alexandra.

"Challo. Wir heißen Zlara und Denise. Ihr kennt uns nicht, aber wir chaben uns schon oft getroffen." meinte eine von ihnen, mit einem starken Akkzent und lächelte uns warm zu.
Aus irgendeinem Grund wussten wir, dass es alles stimmte, was sie sagten. Eine Bestätigung brauchten wir nicht.
Wir kannten sie... vielleicht nur flüchtig... vielleicht aus einem anderen Leben.

"Wollen wir nicht gehen? Wir haben nichts mehr zu tun. Jemand anderes wird sich für uns darum kümmern." meinte die Hexe namens Denise und ich sah Zayl fragend an.
Er strich durch Jangs Fell und nickte mir zu.
Wir gesellten uns also zu den drei Hexen, mit den Tigern je an unseren beiden Seiten.
Ich vereinte meine linke mit seiner rechten Hand und spürte, dass in meiner Handfläche etwas zog.
Als wäre da etwas...
Etwas, das gerade erst seine zweite Hälfte gefunden hatte.

-𝑲𝒊𝒏𝒊𝒂𝒔 𝑺𝒊𝒄𝒉𝒕:

"Ein Saustall... großartig, ihr beiden..." murmelte ich und musterte staunend den niedergerissenen Wald vor meinen Füßen.
Als ich die Explosion sah, wusste ich, dass es passiert war. Ihr Kampf war vorüber. Für immer.

Ich bückte mich stöhnend und hob eine verglimmerte Blume vom Boden.
Ihre Blüten waren verdorrt und von der Hitze ausgetrocknet, ihre Blätter und der Stängel waren von Eis überzogen und brüchig.
Ich rieb meine Finger darüber und sah seufzend auf.
Die beiden hatten es geschafft. Und als ihre Vorgängerin... sollte ich nun meinen Teil erledigen.

Ich ließ die Blume also fallen und stützte mich auf meinen geschwungenen Gehstock, bevor ich mich abwandte.
Ich hatte diesen Wald mit einem Zauber belegt, der ihn vor der Welt verstecken würde.
Niemand musste wissen, was hier passiert war. Niemand musste wissen, wer hier ruhte.
Wer hier niewieder weggehen würde, das sollte ein Geheimnis bleiben.
Aber jeder sollte wissen, was sie vollbracht hatten.
Und es lag an mir, diese Nachricht zu überbringen.

.
-𝑹𝒊𝒔𝒉𝒂𝒔 𝑺𝒊𝒄𝒉𝒕:

Miko und Zayl waren jetzt schon einige Tage weg.
Dafür, dass sie nur eine Nacht weg sein wollten war das komisch... hoffentlich ging es ihnen gut.

"Risha! Mach den Fehrnseher an! Jetzt!" ertönte auf einmal die Stimme meines geliebten und gereizten Ehemannes aus der Küche.
"Warum Schatz?" fragte ich zurück, als er mit Liam, Hatcher und Amoura zu uns kam.
Hatcher hielt Sophia und Koray in seinem Arm.
Die drei setzten sich mit verstörten und aufgeregten Mienen zu mir.
"Ist etwas passiert?" murmelte ich und griff nach der Fernbedienung, als plötzlich auch der Rest unseres Rudels und Zayls Familie in den Raum kamen.
Wie auf Komande verteilten sie sich im Raum und setzten sich auf die Ausweitungen unseres Möbelbesitzes, der aus Kisten, Holzblöcken und kleinen Felsen bestand.
"Mach den Fernseher an." meinte Veronica und ich schaltete ihn ein.

Ich ging durch die verschiedenen Sender, was ich gänzlich umsonst tat. Überall wurde das gleiche Programm ausgestrahlt.
Ein bekannter Nachrichtensender berichtete etwas anscheinend sehr wichtiges.

"Seit ein paar Tagen gibt es nicht einen einzigen, neu gemeldeten Fall eines durchgedrehten Wandlers und keinen Schneefall mehr. Die Temperaturen steigen wieder auf die Normalumstände im Juni und der Schnee beginnt, in vielen Regionen bereits zu schmelzen. Gleichzeitig verschwand in der heutigen Nacht ein ganzer Wald spurlos vom Erdboden. Zuerst glaubte man, die Position des Waldes wurde falsch durchgegeben, aber es stimmt. Der Wilderwald neben einer kleinen Stadt im Ort ist einfach verschwunden, als wäre er weggezaubert worden."
Wir alle hörten dem Bericht des Reporters angespannt zu und realisierten nacheinander, dass Miko und Zayl ihr Ziel erreicht zu haben schienen.
"Sie... haben es geschafft!" meinte Hatcher voller Freude in seiner Stimme und bald steckte er auch all die anderen an.

Nach der Reihe schossen Hände in die Höhe, lauter Jubel erfüllte die Luft und wir riefen uns gegenseitig zu, es sei vorbei.
"Sie haben's wirklich geschafft! Die Schlachterei ist vorbei!" jubelte auch Kay, in dessen Augen ich den Schmerz über den Tod seines Bruders genau erkennen konnte.

Wir jubelten und feierten noch eine ganze Weile.
Irgendwann wurden die meißten dann müde.
"Jetzt brauchen wir nur noch auf ihre Rückkehr zu warten." lächelte ich Nayl führsorglich zu und beobachtete, wie sein Blick suchend durch das Lager, bis in die Tiefen des Waldes schweifte.
Er suchte nach seinem Onkel, Miko.

"Leute...? Da ist irgendwer!" ertönte plötzlich Monas Stimme und sämmtliche unserer Mitglieder folgten ihrer Stimme, aus dem Haus.
Und sie hatte recht.
Am Rand unseres Lagers stand eine Frau mit einem Gehstock.
Sie hatte lange, wellige und graue Haare, trug ein Hexenkleid und ein freundliches Lächeln.
Sie war bestimmt eine Hexe.
Genau, wie Zlara und Denise.

"Hallo? Wer sind Sie?" fragte ich und kam leicht humpelnd etwas zu ihr hervor.
"Oh, hallo Risha." "Ähm... kennen wir uns?" murmelte ich verwirrt, da ich mir sicher war, sie noch nie gesehen zu haben.
"Nein... aber wer ich bin, ist nicht wichtig. Ich werde euch eine Menge erzählen müssen aber mit dir fange ich an, Mutter der zwei Frühchen." erkkärte sie mir, ruhig wie ein Blatt im sanften Morgenwind.
"Ok..." flüsterte ich fasziniert und kam zu ihr.
Sie streckte mir ihre Hand entgegen und nahm meine eigene sanft in ihre.
Hinter mir spürte ich die Blicke all der anderen in meinem Rücken. Darunter auch Nayl und Autum.

"Es tut mir leid, dir das zu sagen... aber Zlara und sowohl auch Denise sind gestern Abend ums leben gekommen..."
Als sie das sagte, starrte ich sie geschockt an.
Die beiden Hexen waren tot?
Zlara? Aber sie...
Sie hätte...

"Sie hätte..." "Sie wollte, dass du weißt, wie sehr sie deine Kinder aufwachsen sehen wollte. Sie wird über euch wachen, das verspreche ich dir. Genau wie Denise und..."
Da stoppte die alte Dame und hielt inne.
Wir wussten alle, welche Namen auf ihrer Zunge lagen.
Welche Namen sie nicht aussprechen würde.

"Es tut mir leid."

𝑺𝒏𝒐𝒘𝒇𝒂𝒍𝒍 𝒎𝒊𝒅 𝒔𝒖𝒎𝒎𝒆𝒓 |𝑩𝑳Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt