Tag 1 - Ein suboptimales Kennenlernen

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Schon als Magnus auf den Klingelknopf der Sporthalle drückte, hatte er ein außerordentlich schlechtes Gefühl bei der Sache. Während ihm die Regentropfen kalt den Nacken runterliefen, er sich seine Finger regelrecht abfror und keiner an die Tür ging, verschlechterte sich seine Laune noch mehr. Da war er doch gerade noch vom ZOB hier hergehetzt, hatte dabei mindestens ein ganzes Schwimmbad in den Schuhen, war des öfteren beinahe auf dem nassen Stein ausgerutscht und das ganze ohne Schirm oder regenfeste Jacke. Was für ein Anfang Dezember. Da war ihm der Schnee von ein paar Tagen zuvor fast noch lieber und das obwohl er Kälte nicht abkonnte. Aber wer mochte schon Platzregen? Das erbärmliche an der Sache war nur, dass er morgens schlicht verschlafen hatte. Da ging er seit einigen Jahren nicht mehr zur Schule und dennoch holte ihn das Verschlafen wieder ein. Zu Schulzeiten hatte er so oft verschlafen, dass sich ein Lehrer schließlich erbarmte und ihm einen Wecker schenkte, mit dem er nun nicht mehr verschlafen sollte. Mit mangeldem Erfolg. Doch jetzt war es wieder geschehen. Das Ergebnis; kein Regenschirm, kein Frühstück und ein verpasster Bus.

In Gedanken beschimpfte er wieder und wieder seine ... Kollegen? Freunde? Teammitglieder? Auf jeden Fall die Schuldigen für dieses Debakel. Für das Eingeständnis, dass es alleine seine Schuld war, war ihm sein Stolz zu groß. Aber es war schon irgendwie deren Schuld. Immer musste er das machen! Hatte er doch selbst gesagt, wie sehr er es hasste es tun zu müssen. Klar, unbeliebt war er nicht in der Fangemeinde, aber deswegen zu sagen, er müsse jetzt alles machen, ging ihm gehörig auf die Nerven.
Wäre da nicht dieses Schmuddelwetter und die Tatsache, dass es für einen 'guten Zweck' war, wäre er jetzt wahrscheinlich auf der Stelle umgedreht. Aber die Chance auf Wärme und eine trockene Umgebung, in Kombination mit den Konsequenzen einer solchen Tat, ließen ihn doch geduldig warten.

Der einzige Grund warum er hier war, war der, dass sein Basketball-Verein etwas in Geldnot geraten war und nun irgendwo her Geld brauchte. Er wusste nicht ob er die Person, die letzendlich einen guten Vorschlag machte, jetzt schätzte oder am liebsten auf den Mond schießen würde. Das wechselte recht schnell nach Laune, doch gerade war es eindeutig zweiteres. Es war eigentlich ziemlich schlau, dass man eine Lotterie für Schulen veranstaltete, bei der die Gewinnerschule für eine Woche einen Basketballspieler des Vereins im Sportunterricht bekam. Die Schulen bezahlten es zwar nichtmal wirklich, sondern der Elternrat, in dem ja auch des Öfteren wohlhabendere Eltern waren. Viele Schulen des Kreises nahmen daran Teil und legten zum Teil auch einiges an Geld hin. So eine Chance wollte sich niemand entgehen lassen.

Nur, dass er immer der war, der dann am Ende mit den kleinen Kindern eine Woche umgehen musste. Er konnte mit Kindern einfach nichts anfangen. Als Vater wäre er sicherlich gänzlich ungeeignet. Warum er gerade jetzt daran dachte war ihm ein Rätsel vom Feinsten. Doch um darüber nachzusinnen blieb ihm keine Zeit, da genau in diesem Moment die Glastür aufgedrückt wurde. Schnell eilte er in den Raum, froh nicht mehr im Regen stehen zu müssen.
Er befand sich in einem kleinen Zwischenraum, mit zwei weiteren Türen. Die eine schien nochmal in einen Nebenkammer zu führen, in dem sich jedoch eine Treppe langschlängelte, die ziemlich sicher zu den Umkleiden führte. Die andere Tür führte in einen undefinierbaren Flur. Die Aufschrift neben der Tür besagte: Lehrerumkleiden.

Schließlich fiel seinen Blick auf seinen 'Retter'. Offensichtlich eine Lehrerin in ihren Zwanzigern. Ihre hellbraunen Haare hingen ihr schon etwas unordentlich aus dem Zopf. Ihre Kleidung bestand aus den typischen Sportlehrerklamotten; einem entspannten Shirt, einer Sporthose und Turnschuhen. Eine durchschnittliche Sportlehrerin wie aus dem Buch also. Dennoch blieb sein Blick eine Sekunde zu lange auf ihr kleben.

"Sie sind zu spät Herr Eisenschmied", stellte sie trocken fest, "Ich dachte schon Sie kommen nicht. Also Beeilung!"

Verdutzt über diese Kälte in der Stimme war er kurz erstarrt, was der Frau noch weniger gefallen zu schien. Ehe er sich noch mehr Unmut ihrerseits auf sich zog, setzte er sich dann doch in Bewegung.

5 Days - One ChanceWhere stories live. Discover now