Kapitel 13

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Vor einem großen Einfamilienhaus mit gepflegtem Vorgarten bleibe ich stehen. Ich kann nicht fassen, dass ich hier bin. Mein Blick fällt auf die sauberen Buchstaben des Papierfetzens in meiner Hand, dann auf die Hausnummer. Bevor ich einen Rückzieher mache, öffne ich das Metalltor, auch wenn ich nicht weiß, ob das wirklich das Richtige ist. Doch es fühlt sich merkwürdigerweise so an.

Schon auf dem Weg ist mir aufgefallen, dass ich mich in einer etwas gehobeneren Gegend befinde. In München müssen die Immobilien ähnliche Preise wie in Hamburg haben, wenn nicht sogar noch höhere – unverschämtes Wucherniveau. Gut, bei seinem Auto hätte ich eigentlich ahnen müssen, dass er nicht ganz arm ist. Aber muss es gleich so übertrieben sein?

Es ist bereits dunkel, trotzdem ist die Auffahrt beleuchtet, sodass ich sehen kann, wo ich hintrete. Auch drinnen brennt noch Licht, was mich ein bisschen erleichtert. Es wäre super unangenehm gewesen, wenn er schon geschlafen hätte. Mein Gewissen schreit mich an, dass ich gerade dabei bin, etwas unglaublich Dummes zu tun. Hätte ich Harry doch nur nie kennengelernt. Ich wünschte, er wäre niemals bei unserem Vortrag erschienen. Doch nun stürze ich mich geradewegs ins Verderben, während Eleanor wahrscheinlich zu Hause auf unserer Couch sitzt und nichtsahnend fernsieht.

Wieso bin ich also hier? Mein Verstand versucht ein letztes Mal, mich davon zu überzeugen, dass ich verschwinden soll. Doch anstatt auf ihn zu hören, reibe ich mir übers Gesicht und klopfe dann zweimal an der Haustür. »Oh Gott ...« Obwohl ich einen Mantel anhabe, fange ich ein bisschen an zu zittern. Plötzlich überkommt mich das Gefühl, dass ich mich komplett lächerlich mache. Er muss denken, ich habe es dringend nötig. Wenn das jemand rausbekommt, könnte mich das meinen Ruf kosten.

Am besten wäre es, wenn ich abhaue.

Ich mache einen Schritt zurück, doch im nächsten Moment wird die Tür geöffnet. Wider meiner Erwartung ist es nicht Harry, sondern eine Frau mit langen dunklen Haaren, die mich erwartungsvoll anschaut. »Hallo?« Meine Augen huschen aufs Klingelschild. Dort steht allerdings der richtige Name, weshalb ich mich rasch räuspere.

»Guten Abend. Ich wollte eigentlich zu Harry.« Oh mein Gott, noch nie habe ich mich so unsicher angehört.

Ihr eben noch skeptischer Blick verwandelt sich in ein Lächeln. Sie mustert mich kurz, nickt dann aber nach rechts. »Er hat eine Einliegerwohnung. Wenn Sie dort um die Ecke gehen, führt eine Treppe ins Souterrain«, erklärt sie mir. Dann fällt der Groschen. Das muss seine Mutter sein. Die Grübchen und die grünen Augen sind die gleichen, die auch Harry hat.

»Ah, okay. Vielen Dank, Frau Styles.« Ich bedanke mich und laufe in die beschriebene Richtung. Harrys Mutter wartet tatsächlich, bis ich mein Ziel erreicht habe, wo ich schließlich auf die Klingel drücke.

Es dauert kurz. Als jedoch das Licht im Flur angeknipst wird, glaube ich, dass mir mein Herz aus der Brust springt.

Eine Sekunde später geht die Tür auf und Harry erscheint in meinem Sichtfeld. Seine Haare sind offen, aber ein wenig zerzaust. Was mich jedoch viel mehr in den Bann zieht, sind seine nackten Beine. Er trägt nur einen Pullover sowie Boxershorts und im Augenwinkel erkenne ich, dass sein linker Oberschenkel tätowiert ist. Krampfhaft versuche ich meinen Fokus in seinem Gesicht zu lassen, das mich nun mit schief gelegtem Kopf amüsiert angrinst. »Servus.« Gott, dieses Servus killt mich irgendwann.

Ich hole tief Luft, will mich erklären, stelle dann aber fest, dass er gar keinen blöden Spruch gebracht hat. »Hi«, entkommt es mir daher nur.

»Was gibt's?«, fragt er mich freundlich, woraufhin ich seufze.

»Darf ich kurz reinkommen? Es ist kalt.« Als wäre es selbstverständlich zieht er die Tür weiter auf.

»Klar doch.« Harry geht einen Schritt beiseite, sodass ich seine Wohnung betreten kann. In einem schmalen Flur stehen wir uns gegenüber und schauen uns an.

Secrets Of The Heart - [Larry-AU]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt