Kapitel 1

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Manchmal liegt das, was wir suchen direkt vor uns.

POV. Reeva

Nachdem meine Kindheitsfreundin Romina Dalton an Weihnachten ihren Lebensretter aka meinen Bruder Tim geküsst hatte, war alles anders. Die beiden waren wie Symbionten, die sich aus Überlebensgründen nicht mehr voneinander trennen konnten.

Ich ließ mich von den beiden sogar dazu überreden, direkt am zweiten Weihnachtsfeiertag wegen Tims Spiel nach Vancouver zu fliegen, obwohl ich herzlich wenig Lust darauf hatte, auf der Fahrt zum Flughafen stundenlang im Stau zu stehen, oder mit dem Wagen in irgendwelchen Schneemassen zu versinken. Letztendlich hatten wir es gerade so zum letzten Boarding-Aufruf geschafft. Das wiederum führte jedoch dazu, dass Tony und ich unsere Energydrinks auf die Schnelle loswerden mussten, um problemlos durch die Sicherheitskontrolle zu kommen.

In Vancouver selbst wurde es ziemlich hektisch. Tim und die anderen Jungs mussten rasch zu irgendeiner Teambesprechung mit ihrem Coach fahren, weshalb sie sich beim Verlassen des Flughafens direkt das erstbeste Taxi gekrallt hatten. Wegen der übergroßen Sporttaschen konnten Romy und ich nicht mitfahren, was im Umkehrschluss bedeutete, dass diese Idioten uns einfach so unserem Schicksal überlassen hatten.

Tim war das schlechte Gewissen buchstäblich anzusehen, zumal der Abschied von Romy so lange gedauert hatte, dass das Taxi beinahe ohne ihn weitergefahren wäre. Ich hätte schwören können, dass ich für den Bruchteil einer Sekunde sein kleines Herz hatte brechen hören. Dabei handelte es sich lediglich um Lios Hockeyschläger, der blöderweise nicht mehr in den Kofferraum des Wagens gepasst hatte und beim Einsteigen gegen die Innenseite der Fensterscheibe geprallt war. Daraufhin erntete er ein genervtes Räuspern seitens des Taxifahrers. Es wäre keineswegs verwunderlich gewesen, wenn dieser den Jungs eine Art Gefahrenzuschlag für potentiell zerschlagene Fensterscheiben und übel miefende Sporttaschen berechnet hätte.

Kurz nachdem wir unsere Hotelzimmer bezogen hatten, klopfte Romy auch schon an meine Tür. Wie eine Irregewordene von der Steuerfahndung stürmte sie mein Zimmer, schnappte sich meine Jacke vom Kleiderständer und warf sie mir zu.

»Was zur Hölle tust du da?!«, grölte sie. »Zieh dich an, wir sind spät dran!«

»Jetzt mach doch nicht so einen Stress, Romy! Bis zum Anpfiff ist noch genügen Zeit. Und im Gegensatz zu den Straßen vor unserem Haus, sind die Wege in Vancouver geräumt. Das bedeutet, dass wir keine fünfzehn Minuten vom Hotel aus zur Arena brauchen!«

Doch Romy ließ sich nicht von mir besänftigen, eher im Gegenteil. Sie hakte sich bei mir ein und zerrte mich samt Jacke nach draußen, sodass ich beinahe die Hotelzimmerkarte vergessen hätte.

***

»Gott, ich bin sowas von aufgeregt!« Während Romy zappelnd auf dem Platz neben mir saß und verzweifelt Ausschau nach Tim hielt, konnte ich mir ein lautes Gähnen nicht verkneifen. Schließlich war ich seit dem Grundschulalter ständig bei irgendwelchen Eishockeyspielen. Und es war immer das gleiche - Irgendwelche Kerle, die breiter aussahen, als sie waren und sich gegenseitig die Fresse polierten, während sie einem winzigen Puck auf einer Eisfläche hinterherjagten. »Das ist sowas von spannend! Ich war noch nie zuvor auf einem Eishockey-Spiel!«

Nicht, dass ich die Begeisterung für diesen Sport nicht teilen würde, aber die Weihnachtsfeiertage mit meiner Besten Freundin, die für gewöhnlich tausende Kilometer von mir entfernt wohnt und mich nur alle Schaltjahre besucht, hatte ich mir eindeutig anders vorgestellt.

»Deine Eishockey-Jungfräulichkeit solltest du vielleicht nicht so laut herumposaunen.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und warf ihr einen vielsagenden Blick zu. »Schließlich bist du eine waschechte Kanadierin! Es ist eine Schande, dass du bisher nicht bei einem einzigen Spiel warst.«

Between Mistletoes and FireworksWhere stories live. Discover now