08 | Sweet Talk

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Livia's Sicht


«Wie alt bist du?», fragte ich irgendwann nach, nachdem es wieder einige Zeit lang still um uns herum geworden war. Mit dieser Frage wollte ich mich von unserem vorherigen Gesagten ablenken, auch wenn ich schon jetzt wusste, dass es wohl nicht die optimalste Idee war und doch interessierte es mich brennend. «Fünfundzwanzig, aber ich vermute nicht, dass du das wissen wolltest.», lachte sie leise los und kopfschüttelnd versicherte ich ihr, dass diese Zahl im Moment für mich irrelevant war. Diese Tatsache wusste ich bereits, denn ich wollte ihr richtiges Alter wissen. «Ich bin achthundertfünfundsiebzig Jahre alt, wobei Damien nochmals fast vierhundert Jahre älter als ich ist.», ließ Holly die Bombe schließlich hochgehen, wobei ich meine Augen weit aufriss, ihre Hände losließ und gleichzeitig ein paar Schritte nach hinten taumelte. Verdammt, sie war wie alt? Diese Zahl sprengte meine komplette Vorstellungskraft, denn wie zum Teufel war dies nur möglich? «Das...das ist doch völlig unmöglich. Wie ist es möglich, dass ihr dann Geschwister seid? Wie ist es möglich, dass ihr überhaupt solange lebt?», fragte ich schockiert nach und konnte das ganze nach wie vor kaum fassen.

Damien und sie hatten einen Altersunterschied von knapp vierhundert Jahren? Aber wie sollte das biologisch gesehen möglich sein? Wie konnte das ganze überhaupt der Realität entsprechen? Es klang so merkwürdig und bei dieser Offenbarung begannen meine Ohren qualvoll zu rauschen, wobei mein Kopf zu explodieren drohte. Doch wie konnte ich es nicht glauben, wenn sie hier vor mir stand und mir dies sagte? Die Katze war aus dem Sack, ich wusste über Werwölfe Bescheid und gerade deshalb wusste ich, dass Holly mich nun in keinster Weise mehr anlog. «Unsere lange Lebenspanne ist unserem Wesen zu verdanken. Wenn wir uns oft genug verwandeln, dann altern wir nicht mehr. Wenn man es genau nimmt, dann können wir uns ein Alter aussuchen, in welchem wir sozusagen feststecken wollen. Ich habe mich entschieden das fünfundzwanzig dieses Alter sein soll, Damien hingegen hat mit fünfunddreißig aufgehört sich zu verändern.», sprach sie weiter, wobei ihre Augen mich eindringlich musterten.

Scheinbar schien sie wissen zu wollen wie es mir damit erging und wie so oft seit den letzten Stunden hatte ich keine wirkliche Antwort darauf. Ich nahm an, dass mein Verstand es einfach so hinnahm, ebenso wie all die anderen Offenbarungen von zuvor. Deshalb durchzudrehen kam nicht in Frage, denn ich wollte meinen Verstand nicht verlieren und vielleicht lag es auch einfach an jener Tatsache, dass ich in mir selbst Werwolf-DNA trug, wenngleich diese noch nie durchgeblitzt war und ich ebenso erst vor einigen Stunden davon erfahren hatte. «Dieser Prozess beginnt mit unserem achtzehnten Geburtstag und mit jedem Tag den wir uns nicht wandeln, werden wir äußerlich gesehen älter. Wenn wir das Alter erreicht haben in welchem wir sein wollen, müssen wir uns wieder tagtäglich verwandeln.», fügte sie hinzu und zuckte dabei unbekümmert mit ihren Schultern. Dies erklärte nun wie sie so alt werden konnten und dennoch so jung aussahen. Kurz dachte ich darüber nach was sie alles erlebt haben musste, welche Kriege sie gesehen und in welchen Epochen sie gelebt hatte.

Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, so konnte ich es mir nicht einmal annähernd vorstellen. Es schien einfach zu unreal zu sein und auch wenn ich nachhaken wollte, so tat ich es für diesen Moment nicht. Ich würde genug Zeit haben um diese Dinge herauszufinden, doch für den Augenblick war es wichtig alles andere in Erfahrung zu bringen. «Du kannst dich also in einen Wolf verwandeln?», fragte ich sie schlussendlich das offensichtliche, weil es so sein musste. «Ich kann es dir später zeigen, wenn du willst.», zwinkerte sie mir vergnügt entgegen, wobei ich abwertend meine Hände hob und hektisch den Kopf schüttelte. «Ich...ich denke nicht, dass ich dazu bereit bin.» Verständnisvoll nickte sie und erklärte mir nebenbei, dass sie zwar ähnlich den Wölfen des Tierreiches aussahen und dennoch um ein vielfaches größer waren. Ein Mensch würde problemlos auf ihnen Platz finden und nun hatte ich einen Wolf vor Augen, welcher so groß sein musste wie ein Pferd. Egal wie neugierig ich war, ich hatte das Gefühl das es besser wäre ein paar Tage zu warten, ehe ich das zu sehen bekam.

Ruthless AlphaWhere stories live. Discover now