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Nein

Nein!

Das Blut dröhnt durch meinen Körper, meine Gedanken verschluckend. Keuchend rappele ich mich ein weiteres Mal auf, ein weiteres Mal protestieren meine Muskeln und Knochen. Doch meine Angst und Verzweiflung treiben mich an.

Nein!

Ich spüre wie mir schwindelig wird, der Blutverlust macht mir zu schaffen, doch ich bringe meinen Körper an seine Grenzen. Ich konzentriere mich jetzt nur noch auf meinen Bruder, auch wenn das mir schwer fällt, mit dem Geruch des Blutes, Schweißes und der Angst in meiner Nase.

Urplötzlich hält der Kampf inne, alle Werwölfe und Vampire horchen auf. Ich spüre es ebenfalls, eine neu keimende Macht, doch sie wird schwächer. Ich beschleunige meine humpelnden Schritte, trotz meiner schmerzenden Pfoten. Denn der Geruch meines Bruders wird stärker.

Als ich schließlich um die Ecke biege, erfahre ich den Grund meiner Aufregung. Alex liegt leblos am Rande eines Schlachtfeldes. Fellfetzen und Blutspritzer sind überall verteilt und inmitten dieser Zerstörung kauert Aidan mit Mitch in seiner Wolfsform.

Meine Augen weiten sich und ich renne los, meinen Körpers Protestrufe ignorierend. Während ich auf die beiden zu renne, fallen mir die anderen Mitglieder meines Rudels auf, die ebenfalls langsam ankommen. Ich spüre wie meine Wolfsform langsam in meine menschliche Form wechselt.

Endlich knie ich mich neben Mitch. Erstarrt schaue ich auf seinen verwundeten und blutigen Körper, sein weißes Fell ist nun in ein tiefes Rot getränkt. Doch ich sehe dass er atmet, wenn auch nur schwach.

Ein leiser Schluchzer bahnt sich durch meine Kehle, und bevor ich ihn unterdrücken kann ist er schon draußen. Aidan fährt mit seinen Händen vorsichtig über Mitchs Fell, wie um ihn in einen sanften Schlaf zu hüllen, wie um ihm Geborgenheit zu schenken.

Ich schaue ihn an, sehe den Schmerz und die Müdigkeit in seinen Augen. Doch was überwiegt ist die Liebe für seinen Gefährten. Mein Herzschlag beruhigt sich ein wenig, ich weiß dass Aidan für Mitch da ist, er wird ihn nicht ohne einen Kampf aufgeben.

Langsam löse ich mich aus meinem betäubten Zustand, ich sehe wie Vampire sowie Rudelmitglieder langsam und zögernd näher kommen.

Reia wirft mir einen schmerzerfüllten Blick zu als sie zu ihrem toten Bruder rennt und ein Stich des Mitleids und der Wut fährt durch mich. Wie um mich zu beruhigen fährt mein Blick zu Drake.

Mitch hat ihn übel hergerichtet, er sieht fast noch schlimmer aus, doch er lebt noch. Er ist aber zum Glück unfähig, sich zu bewegen, ich denke er ist auch bewusstlos. Ich seufze und wende meinen Blick ab, er hat keine Aufmerksamkeit mehr verdient.

Ich stehe mit Aidan zusammen auf, der Mitch in seinen Armen trägt. Ein so riesiger Wolf so zerbrechlich in den Armen eines einzelnen Mannes. Bei dem Anblick schnürt sich meine Kehle wieder zu.

Er wirft mir einen bittenden Blick zu und ich folge ihm an seiner Seite aus dem Gang hinaus in die Haupthalle, in der die Hauptkämpfe stattgefunden haben.

Vampire und Werwölfe starren sich nach wie vor feindselig und unsicher an, doch in dem Moment als Aidan mit Mitch in seinen Armen auftaucht, liegt die Aufmerksamkeit auf uns.

„Der Kampf ist beendet. Dieser Krieg ist sinnlos und hat schon viel zu viele Leben gekostet. Ich beende ihn hiermit offiziell"

Aidans mächtige Stimme hallt durch das stille Schloss. Ich sehe wie viele Schultern sich entspannen und manche fallen erschöpft auf die Knie. Langsam erhebt sich Gemurmel.

„Ich werde meinen Gefährten nach Hause bringen, meine Krieger werden zurück nach Cerad Castle gehen. Wie ihr Rudel voranschreitet, ist mir egal, doch wir sind keine Feinde mehr"

Aidan macht seine letzten Ankündigungen als mir auffällt, was er gerade gesagt hat.

Mitch nach Hause bringen?

Meint er unser Zuhause?

Hoffnung und Erleichterung keimen in mir auf, ich habe mich zwar bei ihm wohlgefühlt, doch mein eigenes Zimmer und Bett sind einfach noch mal besser.

Aidan beendet seine kurze Rede. Er atmet erschöpft durch und schaut mich dann an.

„Ich würde ihn gerne zu euch bringen, in Gesellschaft seines Rudels wird er schneller heilen."

Ich nicke, er hat Recht.

Sekunden später nehme ich einen betörenden, doch zutiefst gehassten Geruch wahr.

Jack

Ich spüre wie er sich zu uns gesellt, doch einen großen Abstand zu mir hält und ich senke meinen Blick stur auf den Boden während mein Wolf winselt.

Ich will Jack nicht nahe kommen, ich will keinen Gefährten, ich will nicht abhängig von jemandem sein, ich will mich in den verlieben, in den ich will, und nicht in irgendeinen dahergelaufenen Vampir!

Natürlich weiß ich schon lange, dass ich eines Tages meinem Seelengefährten begegnen werde, doch den Gedanken habe ich immer verdrängt. Dann kann Jack und ich konnte es nicht mehr verdrängen.

Dann halte ich mich eben von ihm fern.

Ich höre das Gespräch was Jack mit Aidan führt mit, es geht darum, dass Drake ins Verlies Cerad Castles geschafft wird. Wieder blende ich die Stimmen aus. 

Aidan murmelt meinen Namen und ich schaue wieder auf, Jack ist mittlerweile gegangen, doch sein Geruch verdreht mir immer noch mein Gehirn.

„Wollen wir los?" fragt Aidan leise. Ich spüre wie erschöpft er ist. Ich nicke, es wird ein langer Heimweg werden, doch dann sind wir endlich wieder Zuhause.

Passend zu unserer Stimmung, schüttet es unerbittlich. Wir beginnen unseren langen Heimweg, ich wieder in meiner Wolfsform, da ich so länger durchhalten kann. 

Durch den starken Regen wäscht sich das Blut aus Mitchs Fell, es wird wieder so weiß wie vorher. Ich wende meinen Blick kaum von ihm ab. 

Nachdem ich zum fünften Mal ausgerutscht bin und mein Fell triefend nass ist und Aidan fast zusammenklappt, was für einen Vampir ein sehr kritischer Zustand ist, kommen wir endlich bei uns an. Ich verwandele mich zurück, öffne unsere Tür und der vertraute Geruch unseres Heims weht mir um die Nase. 

Fast hätte ich mich auf den Teppich im Wohnzimmer geworfen um in dem Geruch zu baden, doch ich reiße mich zusammen. Ich folge Aidan in Mitchs Zimmer, er hat ihn bereits auf das Bett gelegt und begutachtet die zahlreichen Wunden. 

Ich knie mich neben das Bett

"Am besten du ruhst dich aus" schlage ich vor, doch ich ahne schon, dass er diesen Vorschlag ablehnen wird. Wie erwartet schüttelt er den Kopf, doch er liefert mir eine Erklärung.

"Ich muss Blut trinken, wenn ich mich wieder erholen will, doch da ich von meinem Gefährten getrunken habe, ist nun jedes andere Blut ungenießbar für mich." Er seufzt

"Deswegen ist es egal ob ich mich hinlege oder nicht, ich kann sowieso nicht schlafen, und ohne Blut von Mitch erhole ich mich nicht und da er in diesem Zustand ist, steht außer Frage, ob ich von ihm trinke."

 Ich nicke und schaue dann wieder zu meinem Bruder. Hoffentlich wird alles wieder gut. 

It's High Voltage (Boy x Boy)Where stories live. Discover now